Entscheidungsstichwort (Thema)

Diesel-Skandal: Keine Haftung von VW für manipulierte Abgassteuerung bei Kauf eines gebrauchten Audi im November 2016 von Privatperson

 

Normenkette

BGB § 826

 

Verfahrensgang

LG Hanau (Urteil vom 11.04.2019; Aktenzeichen 4 O 1277/18)

 

Tenor

Ein Rechtsmittel ist nicht bekannt geworden.

Die Berufung der Klägerin gegen das am 11.04.2019 verkündete Urteil des Landgerichts Hanau (Az.: 4 O 1277/18) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Mit der Berufung wendet sich die Klägerin gegen die Abweisung ihrer Klage, mit der sie nach dem Kauf eines gebrauchten Pkws gegen die Beklagten als Pkw- und Motorherstellerin deliktische Ansprüche geltend gemacht hat.

Die Klägerin schloss am 05.11.2016 mit der Privatperson A einen Kaufvertrag über einen gebrauchten Audi A 1 Sportback TDI 1,6 l mit einem Kilometerstand von 24.100 km (EZ 10/2013) zum Kaufpreis von 15.750,00 EUR (Anlage K 1 = Bl. 66 d.A.).

Das Fahrzeug, dessen Herstellerin die Beklagte zu 2) ist, war mit einem Dieselmotor des Typs EA 189 ausgestattet. Die Motorsteuerung des Motors war ursprünglich so programmiert worden, dass im Falle des Durchlaufens des Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ), welcher Teil des Typgenehmigungsverfahrens ist, die Abgasrückführung in einen NOx-optimierten Betriebsmodus (Modus 1) versetzt wird, während sie außerhalb des NEFZ im Straßenverkehr im nicht NOx-optimierten Betriebsmodus (Modus 0) operiert. Im Modus 0 ist die Abgasrückführungsrate geringer.

Das Kraftfahrbundesamt (KBA) hatte mit Bescheid vom 15.10.2015 einen verpflichtenden Rückruf für sämtliche betroffene Fahrzeuge mit diesem Dieselmotor und zur Entfernung der Abschalteinrichtung angeordnet. Gleichzeitig hatte es in einer Presseerklärung öffentlich gemacht, dass es sich seiner Auffassung nach bei der verwendeten Software um eine unzulässige Abschalteinrichtung handele und der Beklagten auferlegt worden sei, geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit der betroffenen Fahrzeuge zu ergreifen.

Bereits am 22.09.2015 hatte die Beklagte zu 2) eine Ad-hoc-Mitteilung gemäß § 15 WpHG veröffentlicht, in der sie auf Unregelmäßigkeiten der verwendeten Software hingewiesen hatte. Ferner hatte die Beklagte zu 2) im Rahmen einer Presseerklärung vom selben Tag die Öffentlichkeit darüber informiert, dass bei Fahrzeugen mit dem Motor EA 189 eine auffällige Abweichung zwischen Prüfstandswerten und realem Fahrbetrieb festgestellt worden sei. Gleichzeitig waren von ihr die anderen Konzernhersteller - darunter die Beklagte zu 1) - sowie ihre Vertragshändler und Servicepartner über das Vorhandensein der Umschaltlogik in Fahrzeugen mit dem Motortyp EA 189 unterrichtet worden. Die Beklagte zu 1) informierte entsprechend ihre Vertriebspartner am 23.09.2015.

Am 02.10.2015 hatte sodann die Beklagte zu 1) die Öffentlichkeit durch eine Presseerklärung darüber informiert, dass es bei Fahrzeugen mit dem Motor EA 189 "Unregelmäßigkeiten mit der verwendeten Software" gebe und auf der Internetseite www.audi.de die Möglichkeit bestehe, anhand der Fahrgestellnummer zu prüfen, ob ein Fahrzeug betroffen sei. Diese Funktion stehe innerhalb der nächsten Woche zur Verfügung. Alternativ könne über jeden Audi-Händler oder die Kundenbetreuung in Erfahrung gebracht werden, ob ein Fahrzeug betroffen sei (Anlage B 1). Anschließend wurde die angekündigte Internetseite bereitgestellt. Hierüber wurde öffentlich berichtet. Am selben Tag teilte die Beklagte zu 2) ihren Partnerunternehmen mit, dass bei Gebrauchtwagenkäufen über das Vorhandensein der Umschaltlogik aufgeklärt werden müsse.

Am 15.10.2015 hatte die Beklagte zu 2) eine Pressemitteilung veröffentlicht, dass sie mit dem KBA einen Zeit- und Maßnahmenplan zur Beseitigung der Umschaltlogik beschlossen habe, wobei der Rückruf im Januar 2016 starten werde, worüber die Presse berichtete. Am 25.11.2015 hatte die Beklagte zu 2) mitgeteilt, dass sie das Update dem KBA vorgestellt habe und wie die Umschaltlogik beseitigt werde. Weitere Einzelheiten hatte sie in einer Pressemitteilung vom 16.12.2015 veröffentlicht. Der gesamte Abgasskandal war seit September 2015 Gegenstand einer ausführlichen und umfangreichen Medienberichterstattung.

Die Halter der betroffenen Fahrzeuge waren unabhängig davon, welcher Konzernhersteller Hersteller des Fahrzeugs war, auf Veranlassung der Beklagten zu 2) sowie der Beklagten zu 1) im Februar 2016 angeschrieben und über das Vorhandensein der Umschaltlogik informiert worden (Anlage BE 8 = Bl. Bl. 874 f. d.A.).

Mit Bestätigung vom 14.12.2016 hat das KBA die zur Beseitigung entwickelte Maßnahme (Software-Update nebst Einbau eines Strömungsgleichrichter...

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