Entscheidungsstichwort (Thema)
Begründung einer Haushaltsgemeinschaft durch Unterhaltspflichtigen mit neuem leistungsfähigen Partner. Kein Grund für Reduzierung des Selbstbehalts
Leitsatz (amtlich)
Nach der Neufassung der Unterhaltsgrundsätze mit Wirkung zum 1.7.2005 ist die Begründung einer Haushaltsgemeinschaft mit einem neuen leistungsfähigen Partner durch den Unterhaltspflichtigen allein kein Grund für eine Reduzierung des Selbstbehalts (Ziff. 21.5.3 der Unterhaltsgrundsätze i.d.F. zum 1.7.2005). Siehe auch BGH v. 29.10.2003 - XII ZR 115/01, BGHReport 2004, 19 = MDR 2004, 942 = NJW 2003, 3770 [3771] = FamRZ 2004, 24).
Normenkette
BGB §§ 1581, 1603
Verfahrensgang
AG Biedenkopf (Urteil vom 17.12.2004; Aktenzeichen 30 F 552/02 UE/UK) |
Tenor
Das am 17.12.2004 verkündete Teilanerkenntnis- und Schlussurteil des AG - FamG - Biedenkopf wird abgeändert:
Der Beklagte bleibt verurteilt, an den Kläger zu 2) zu Händen der Klägerin zu 1) einen Unterhaltsrückstand für die Zeit vom 1.7.2001 bis 31.8.2002 i.H.v. 806,26 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 26.8.2004 zu zahlen. Der Beklagte bleibt weiter verurteilt, an den Kläger zu 2) zu Händen der Klägerin zu 1) einen Unterhaltsrückstand für die Zeit vom 1.7.2003 bis 29.2.2004 i.H.v. 120 EUR zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Hinsichtlich der erstinstanzlichen Kosten bewendet es bei der Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu 2) zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen Bezug genommen wird, hat das AG den Beklagten zur Zahlung von rückständigem Kindesunterhalt an den Kläger zu 2) verurteilt, nämlich zum einen für den Zeitraum vom 1.7.2001 bis 31.8.2002 i.H.v. 2.408,88 EUR nebst Zinsen sowie für den Zeitraum vom 1.7.2003 bis 29.2.2004 i.H.v. 120 EUR. Letzteres ist aufgrund eines Anerkenntnisses des Beklagten erfolgt und nicht Gegenstand der Berufung. Die ursprünglich auch für die Klägerin zu 1) erhobene Stufenklage auf Unterhalt (gem. § 1615l Abs. 2 BGB) ist nach Auskunftserteilung ohne Bezifferung der Leistungsstufe zurückgenommen worden.
Mit seiner Berufung erstrebt der Beklagte Herabsetzung des ausgeurteilten Kindesunterhalts für die Zeit von Juli 2001 bis August 2002 auf noch 806,26 EUR, da er nur in diesem Umfang in diesem Zeitraum leistungsfähig gewesen sei. Er nimmt die Feststellung des AG über sein bereinigtes Nettoeinkommen in diesem Zeitraum i.H.v. monatlich 857,59 EUR hin, beanstandet jedoch, dass das AG seinen Selbstbehalt von tabellarisch monatlich 840 EUR um 20 % auf 672 EUR monatlich wegen der ersparten Haushaltskosten durch das Zusammenleben mit seiner neuen Partnerin gekürzt habe. Zum einen bestehe diese Partnerschaft erst seit Februar 2002 und damit nur für einen Teil des streitgegenständlichen Zeitraums. Zum anderen sei auch für diesen Zeitraum eine Herabsetzung seines Selbstbehalts nicht gerechtfertigt, da eine solche Haushaltsersparnis tatsächlich nicht eingetreten sei.
Der Beklagte beantragt, wie erkannt.
Der Kläger zu 2) beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er bestreitet aufgrund der Erörterung im Verhandlungstermin den vom Beklagten behaupteten Beginn seiner Wirtschaftsgemeinschaft mit der neuen Partnerin nicht mehr, verteidigt jedoch für die Folgezeit die vom AG vorgenommene Herabsetzung des Selbstbehalts.
Die Berufung hat in vollem Umfang Erfolg.
Für einen Teil des streitigen Unterhaltszeitraums, nämlich für die Zeit bis Januar 2002, liegen, wie im Laufe des Berufungsverfahrens unstreitig gestellt, bereits die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Herabsetzung des Selbstbehalts des Beklagten nicht vor.
Für den Anschlusszeitraum ist die vom AG vorgenommene Kürzung aus Rechtsgründen nicht gerechtfertigt. Die Frage, ob und ggf. in welchem Umfang der dem Unterhaltspflichtigen zustehende Selbstbehalt wegen der Ersparnisse infolge gemeinsamer Haushaltsführung mit einem neuen Partner herabzusetzen ist, wird von der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet. Der BGH hat verschiedentlich (u.a. in der vom AG zitierten Entscheidung: BGH v. 29.10.2003 - XII ZR 115/01, BGHReport 2004, 19 = MDR 2004, 942 = NJW 2003, 3770 [3771] = FamRZ 2004, 24) einen dahingehenden Abzug des Tatrichters gebilligt, jedoch nicht vorgeschrieben. Diese Frage ist demnach dem Tatrichter vorbehalten, dem auch im Übrigen die Bestimmung der Selbstbehalte, Unterhaltsquoten und Bedarfstabellen überlassen ist.
Auch in der Spruchpraxis der Familiensenate des OLG ist dies bislang nicht einheitlich gehandhabt worden, weshalb auch die Unterhaltsgrundsätze des OLG, in denen die bisherige Rechtsprechung in Ausfüllung der gesetzgeberischen Generalklauseln zusammengefasst ist, hierzu keine Aussage enthalten haben.
Nunmehr enthält die Neufassung mit Wirkung zum 1.7.2005 aufgrund dahingehender erzielter Übereinstimmung der Mitglieder der Familiensenate des OLG den Grundsatz, dass die Begründung einer Haushaltsgemeinschaft mit ...