Leitsatz
In einem Unterhaltsverfahren war der Beklagte auf Zahlung rückständigen Kindesunterhalts für den Zeitraum vom 1.7.2001 bis zum 31.8.2002 sowie für den Zeitraum vom 1.7.2003 bis zum 29.2.2004 in Anspruch genommen worden. Den Unterhaltsrückstand für den zuletzt aufgeführten Zeitraum erkannte er an. Der geltend gemachte Unterhaltsrückstand für den Zeitraum vom 1.7.2001 bis zum 31.8.2002 in Höhe von 2.408,88 EUR wurde vom AG unter Herabsetzung des Selbstbehalts des Beklagten im Hinblick auf seine neue Partnerschaft ausgeurteilt.
Sachverhalt
Das AG hat den Beklagten zur Zahlung rückständigen Kindesunterhalts in Höhe von 2.408,88 EUR nebst Zinsen für den Zeitraum vom 1.7.2001 bis zum 31.8.2002 verurteilt. Ferner erfolgte eine Verurteilung zur Zahlung rückständigen Kindesunterhalts für den Zeitraum vom 1.7.2003 bis zum 29.2.2004 in Höhe von 120,00 EUR. Letzteres erfolgte aufgrund eines Anerkenntnisses des Beklagten insoweit. Grundlage der Verurteilung zur Zahlung rückständigen Kindesunterhalts war die vom AG vorgenommene Herabsetzung des Selbstbehalts des Beklagten im Hinblick auf die von ihm eingegangene Haushaltsgemeinschaft mit einer neuen leistungsfähigen Partnerin.
Der Beklagte hat gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung eingelegt und erstrebt die Herabsetzung des ausgeurteilten Kindesunterhalts für die Zeit von Juli 2001 bis August 2002 auf noch 806,26 EUR mit der Begründung, er sei nur in diesem Umfang leistungsfähig gewesen. Der ausgeurteilte rückständige Kindesunterhalt für den Zeitraum vom 1.7.2003 bis zum 29.2.2004 war nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens.
Die Berufung des Beklagten hatte in vollem Umfang Erfolg.
Entscheidung
Für einen Teil des streitigen Unterhaltszeitraums liegen - wie im Laufe des Berufungsverfahrens unstreitig gestellt - bereits die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Herabsetzung des Selbstbehalts des Beklagten nicht vor. Für den Anschlusszeitraum ist die vom Amtsgericht vorgenommene Kürzung aus Rechtsgründen nicht gerechtfertigt. Die Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der dem Unterhaltspflichtigen zustehende Selbstbehalt wegen der Ersparnisse infolge gemeinsamer Haushaltsführung mit einem neuen Partner herabzusetzen ist, wird von der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet. Auch die Spruchpraxis der Familiensenate des OLG ist bislang uneinheitlich. Der BGH hat verschiedentlich eine Reduzierung des Selbsthalts durch den Tatrichter gebilligt, dies jedoch nicht vorgeschrieben.
Die Neufassung der Unterhaltsgrundsätze zum 1.7.2005 hat zur Folge, dass die Begründung einer Haushaltsgemeinschaft mit einer neuen leistungsfähigen Partnerin allein kein Grund für die Reduzierung des Selbstbehalts ist. Dies beruht auf der Erwägung, dass derartige wirtschaftliche Vorteile eine Folge der Gestaltung der privaten Lebensverhältnisse des Unterhaltsschuldners sind, vergleichbar der Verringerung von einzelnen Bedarfspositionen innerhalb eines Warenkorbs, der nur in seiner Summe den Selbstbehalt definiert, hinsichtlich der einzelnen Positionen jedoch nach dem Belieben des Schuldners verschoben und ausgetauscht werden kann. Reduziert etwa der Unterhaltsschuldner seinen Wohnbedarf durch Umzug in eine billigere Wohnung, ändert er seine Verbrauchsgewohnheiten. Dies gilt auch, wenn er z.B. auf kulturelle oder sonstige Bedürfnisse verzichtet, die in dem Warenkorb definiert sind. Auch in einem solchen Fall kommt diese Ersparnis den anderen Bedarfspositionen und nicht dem Unterhaltsgläubiger zugute. Nicht anders ist zu bewerten, wenn er sich mit einem neuen Partner zu einer Wohnbedarfsgemeinschaft zusammenschließt und dadurch hinsichtlich einzelner Bedarfspositionen Ersparnisse erzielt.
Diese Bewertung steht nicht in Widerspruch zu dem je nach Bestehen einer Haushaltsgemeinschaft differenzierten Bedarf des mit dem Pflichtigen zusammenlebenden Ehegatten (Ziff. 22 der Unterhaltsgrundsätze des OLG Frankfurt). Dort werden die mit dem Unterhaltsanspruch des Gläubigers konkurrierenden gleich- oder vorrangigen Unterhaltsansprüche des Ehegatten des Pflichtigen definiert. Dieser ist aufgrund seiner ebenfalls gegebenen Gläubigerstellung Bestandteil des jeweiligen Unterhaltssystems, was im Fall des neuen Partners des Unterhaltspflichtigen, der selbst in keinerlei Beziehung zu den Unterhaltsansprüchen steht, nicht der Fall ist.
Aus Gründen der Einheitlichkeit und Vorhersehbarkeit der Rechtsprechung hat sich das OLG diesen Erwägungen angeschlossen und kam zu dem Ergebnis, der Selbstbehalt des Unterhaltsschuldners sei - anders als vom AG vorgenommen - nicht zu kürzen.
Hinweis
Das OLG Frankfurt ist in seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass die Begründung einer Haushaltsgemeinschaft mit einem neuen leistungsfähigen Partner allein keinen Grund für die Reduzierung des Selbstbehalts darstellt. Die in dem Tenor des Urteils in Bezug genommene Entscheidung des BGH vom 29.10.2003 - XII ZR 115/01 = FamRZ 2004, 24 - betraf eine andere Konstellation insoweit, als der dort barunterhaltspflichtige Elternteil ...