Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 22.07.1999; Aktenzeichen 2/7 O 101/99)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 22. Juli 1999 – 2-07 O 101/99 – und das ihm zugrunde liegende Verfahren aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Berufungsverfahrens – an das Landgericht zurückverwiesen.

Beschwer DM 38.601,11.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

I. Die zulässige Berufung ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie des ihm zugrunde liegenden Verfahrens und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Das landgerichtliche Verfahren leidet an einem erheblichen Verfahrensfehler.

1. Eine Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften liegt zwar nicht bereits darin, dass das Landgericht der Klägerin in der mündlichen Verhandlung keinen Schriftsatznachlass (nur) zur Erwiderung auf die Klageerwiderung gewährt hat. Die Klageerwiderung ist innerhalb der dafür gesetzten Frist und unter Wahrung der Frist des § 132 Abs. 1 Satz 1 ZPO für vorbereitende Schriftsätze eingereicht worden.

2. Das Landgericht hat jedoch seine richterliche Aufklärungspflicht (§ 139 Abs. 1 ZPO) verletzt.

Nachdem sich aus der Klageschrift und der ihr beigefügten Korrespondenz der Parteien ergab, dass sich die Parteien vorgerichtlich lediglich über gerügte Mängel und deren Beseitigung gestritten hatten, lag es erkennbar nahe, dass der erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte der Klägerin der Auffassung war, deren Schlussrechnung werde formell nicht beanstandet werden, sodass er davon absehen könne, bei seiner Mandantin auf eine formell korrekte Schlussrechnung hinzuwirken und bei Gericht entsprechend vorzutragen. Dem entsprechend erschöpfte sich die Klageschrift im Wesentlichen mit Vortrag zu den streitigen Mängeln.

Da das Landgericht die Anforderungen an den Prozessvortrag nicht ohne Grund anders sah, wäre es gemäß den §§ 139 Abs. 1, 278 Abs. 3 ZPO verpflichtet gewesen, entweder die Klägerin bereits mit der Terminsladung auf die mangelnde Schlüssigkeit hinzuweisen oder aber ihr aufgrund eines erst in der mündlichen Verhandlung erfolgten Hinweises Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben (vgl. Zöller/Greger, ZPO, § 139 RN 2, § 278 RN 6-6 c, 8). Letzteres hätte zwingend zu einer Vertagung der mündlichen Verhandlung gemäß § 278 Abs. 4 ZPO geführt (BGH – 11.2.1999 – NJW 1999, 1867 [1868]).

Ein entsprechender Hinweis mit der Möglichkeit ergänzenden Vorbringens war nicht deshalb entbehrlich, weil die Beklagte in der Klageerwiderung ihrerseits teilweise die formelle Ordnungsmäßigkeit der Schlussrechnung gerügt hat. Die Frist zwischen dem Zugang der Klageerwiderung beim Prozessbevollmächtigten der Klägerin bis zum Termin der mündlichen Verhandlung war für einen ergänzenden Sachvortrag aufgrund eines Informationsgesprächs mit der Mandantin, der auch eine Neuerteilung der Schlussrechnung erforderlich gemacht hätte, der Sachlage entsprechend nicht mehr angemessen.

3. Darüber hinaus hat das Landgericht nicht erkannt, dass eine Klage auf Werklohn mangels Erteilung einer prüffähigen Schlussrechnung nur als zur Zeit unbegründet abgewiesen werden darf; denn der Auftragnehmer kann die Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Schlussrechnung noch herbeiführen und sodann erneut klagen (BGH – 11.2.1999 – NJW 1999, 1867). Das Landgericht hat die Klage jedoch endgültig abgewiesen, sodass der Klägerin nach Erteilung einer ordnungsgemäßen Schlussrechnung, falls das angefochtene Urteil rechtskräftig geworden wäre, eine erneute Klage wegen der Rechtskraftwirkung (§ 322 Abs. 1 ZPO) versagt geblieben wäre.

4. Diese schwerwiegenden Verfahrensfehler rechtfertigen gemäß § 539 ZPO die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht. Dies gilt umso mehr, als durch das angefochtene Urteil –wie sein Umfang zeigt – wesentlicher Streitstoff der Parteien unentschieden blieb.

5. In Bezug auf das weitere Verfahren gelten für die Klägerin die Hinweise in der Senatsverfügung vom 19. Oktober 1999 zu 4.2. fort.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Kostenentscheidung war dem Landgericht vorzubehalten.

Eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit war entbehrlich, da dieses Urteil keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat.

Die Beschwer war nach § 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO festzusetzen.

Für eine Zulassung der Revision (vgl. § 546 Abs. 1 Satz 2 ZPO) bestand kein Anlass.

 

Fundstellen

Haufe-Index 946873

OLGR Frankfurt 2000, 96

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