Leitsatz (amtlich)
1. Zur Ingenieurhaftung wegen eines Planungsfehlers bei bindenden Vorgaben des Auftraggebers.
2. Zur Hinweispflicht des Sonderfachmanns.
Normenkette
BGB §§ 633, 635; HOAI § 73
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Aktenzeichen 14 O 755/04) |
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen behaupteter Planungs- und Bauleitungsfehler auf Schadensersatz, sowie auf Feststellung der Ersatzpflicht für zukünftige Schäden in Anspruch.
Die Klägerin errichtete Ende der 90er Jahre in O1 in unmittelbarer Nachbarschaft der A und teilweise auf deren Grundstück einen Gebäudekomplex zum Betrieb eines C-Filmtheaters.
Zu diesem Zweck schloss die Klägerin am 6.11.1997 mit dem Betreiber des Kinos, der M Filmtheater GmbH & Co. KG, einen Mietvertrag. Grundlage des Mietvertrages war die diesem beigefügte sog. "Mieterbaubeschreibung". In den allgemeinen Vorbemerkungen (Punkt 1.1) war bestimmt, dass alle Lichtspielhäuser der M-Gruppe bei der technischen Ausstattung der heizungs-, lüftungs- und sanitärtechnischen Anlagen mit dem gleichen System ausgerüstet werden sollten. Die Baubeschreibung sollte als "Leitfaden" dienen, von dem abgewichen werden konnte, wenn es "zweckmäßig" war. Es folgten sodann Regelungen zu den einzelnen technischen Anlagen (Punkt 2). Zur "Lüftungstechnik" wurde eine zentrale Klimaanlage vorgesehen (Punkt 2.1). Die "Kältetechnik" sah eine "Kälteerzeugung mit Rückkühlung" in Form einer "Absorptionskälteanlage" vor (Punkt 2.3.1). Für den Fall, dass eine Absorptionsanlage nicht einsetzbar war, bestimmte die Baubeschreibung, dass "aus Gründen der Wirtschaftlichkeit ... ein Kaltwassersatz mit dem Kältemittel Ammoniak ... zu installieren" sei.
Mit der "Planung der haustechnischen Gewerke Klima, Lüftung, Heizung und Sanitär" sollte die beklagte Ingenieurgesellschaft betraut werden. Diese gab am 16.12.1997 ein Angebot ab, dem eine Honorarsummenermittlung nach den Regeln der HOAI beigefügt war; die Grundlagenermittlung (Phase 1) war ausgenommen.
Nachdem die Beklagte am 6.8.1998 aus Anlass eines in den Räumen der Klägerin stattgefundenen Koordinationsgesprächs ihr Lüftungs- und Klimakonzept vorgestellt hatte, erteilte ihr die Klägerin am 13.8.1998 den Auftrag zur ingenieurtechnischen Planung gemäß dem vorgelegten Angebot; die zwischen der Klägerin und der Mieterin vereinbarte "Mieterbaubeschreibung" sollte für die Bauausführung bestimmend sein. Zum Abschluss eines förmlichen Ingenieurvertrags zwischen den Prozessparteien kam es nicht.
Die Bauarbeiten wurden mit der A abgestimmt. Von Seiten der A wurde im Beisein der Beklagten die Idee eingebracht, den dort erzeugten Dampf als Energiequelle für die Kühlung des Kinos zu nutzen. Die Mieterin M KG nahm die Idee auf.
Mit dem Anlagenbau wurde die Firma N & Z beauftragt. Diese legte ein Alternativangebot mit einem sog. Dunstturm vor. Am 6.5.1999 erteilte die Klägerin der Firma N & Z einen entsprechenden geänderten Auftrag.
Am 26.7.1999 beauftragte die Klägerin die Beklagte zusätzlich mit der Bauleitung aller Technikgewerke.
Am 1.11.1999/1.2.2000 schlossen die A und die M KG einen Wärmelieferungsvertrag über die Abnahme von Fernwärme in Form von Dampf; angefügt war eine Preisregelung, die eine Preisänderungsklausel enthielt.
Die M KG nahm den Kinobetrieb Anfang 2000 auf; die Klimaanlage wurde ohne vorherige Abnahme in Betrieb genommen. Die Fertigstellungsanzeige der Firma N & Z wurde der Klägerin erst am 11.10.2000 erteilt. Die förmliche Abnahme der "Kältetechnik" fand in Gegenwart der Beklagten am 2.11.2000 statt. Aus diesem Anlass wies die Firma N & Z unter Hinweis auf eine ordnungsgemäße Wartung und Instandhaltung in den Betrieb der Anlage ein; hierzu wurde ein Einweisungsprotokoll gefertigt. Am 24.4.2000 erteilte der Architekt der Klägerin für die Schlussrechnung der Firma N & Z vom 6.2.2001 die Zahlungsfreigabe.
Zu einem aus dem Parteivortrag nicht genau zu ersehenden Zeitpunkt kam es später zu einem Mieterwechsel. An die Stelle der M Filmtheater GmbH & Co. KG trat die Firma B GmbH & Co. KG in das Mietverhältnis ein. Diese rügte in der Folgezeit, so u.a. am 30.4.2002, einen erhöhten Energieverbrauch und wies die Klägerin darauf hin, dass der Kinobetrieb unwirtschaftlich betrieben werde und defizitär sei.
Am 13.6.2002 kam es daher zu einem Ortstermin, bei dem die haustechnische Anlage überprüft wurde. In ihrem Protokoll stellte die Beklagte - wie bereits am 29.3.2001 - erneut fest, dass die Kälteanlage nicht bedarfsgerecht betrieben und Mängel nicht zeitnah beseitigt worden seien; gleichzeitig unterbreitete sie Vorschläge zur Beseitigung der Unzulänglichkeiten.
Am 17.9.2002 erteilte die Klägerin dem Sachverständigen D den Auftrag, zu prüfen, ob das Gesamtkonzept der technischen Ausrüstung die Forderungen des Mietvertrages erfülle, und ob die technische Konzeption wirtschaftlich geplant worden sei.
Unter dem 4.6.2003 erstattete der Sachverständige D der Klägerin ein Privatgutachten, in dem es heißt, dass die Kältemaschine "völlig unwirtschaftlich" betrieben werde, weil zu hohe Koste...