Entscheidungsstichwort (Thema)
Lebensversicherung: Beschränkung des Rückzahlungsanspruchs bei wirksamem Widerruf nach § 9 I VVG
Normenkette
VVG §§ 9, 152
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 25.02.2016; Aktenzeichen 2-23 O 289/15) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 25.02.2016 verkündete Urteil des Einzelrichters der 23. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin macht Ansprüche auf Rückzahlung von restlichen geleisteten Versicherungsbeiträgen sowie daraus gezogener Nutzungen geltend, die sie für eine bei der Beklagten unterhaltene fondsgebundene Rentenversicherung gezahlt hat. Den ursprünglichen Hilfsantrag hinsichtlich der Auskunft über die Höhe des Mindestrückkaufwertes verfolgt sie in der Berufungsinstanz ausdrücklich nicht mehr weiter.
Die Klägerin schloss bei der Beklagten auf der Grundlage des Policenmodells die Versicherung mit vereinbartem Vertragsbeginn zum 01.04.2008 ab.
Während der Vertragszeit zahlte die Klägerin insgesamt Prämien in Höhe von 14.054,44 EUR.
Mit Schreiben vom 30.07.2012 erklärte die Klägerin den Widerspruch, außerdem kündigte sie hilfsweise den Vertrag. Die Beklagte akzeptierte die Kündigung mit Schreiben vom 28.08.2012 zum 23.08.2012 und zahlte den unter Berücksichtigung von negativen Kapitalerträgen in Höhe von 5.516,99 EUR errechneten Rückkaufswert in Höhe von 8.537,45 EUR aus.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin zunächst die Rückzahlung der Differenz der insgesamt gezahlten Prämien zu dem erstatteten Rückkaufswert begehrt sowie Herausgabe der gezogenen Nutzungen, die sie mit Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz berechnet, und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten. Außerdem hat sie hilfsweise Auskunft über die Höhe des Mindestrückkaufwertes beantragt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung der Klageabweisung hat es ausgeführt, dass die vorliegende Belehrung zwar nicht ordnungsgemäß erfolgt und der Widerspruch damit nicht verfristet sei. Da der Versicherungsschutz jedoch vor Ablauf der Widerrufsfrist begonnen habe, könne die Klägerin nach § 9 Abs. 1 VVG lediglich den Rückkaufswert verlangen, der ihr bereits ausgezahlt worden sei.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung. Sie ist der Auffassung, für die Anwendung von § 9 Abs. 1 VVG sei erforderlich, dass der Versicherungsschutz für die gesamte Dauer der Widerrufsfrist bestehe; wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf die Berufungsbegründung Bezug genommen.
Sie beantragt,
unter Aufhebung und Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte
zu verurteilen,
1. an sie 8.267,89 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.06.2015 zu zahlen;
2. an sie 808,13 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 01.09.2015 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält an ihrer Auffassung fest, dass die Klägerin lediglich einen Anspruch auf den Rückkaufswert habe, den sie bereits ausgezahlt habe.
II. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.
Sie ist jedoch unbegründet, da das angefochtene Urteil keine Rechtsverletzung zu Lasten der Klägerin aufweist und auch nicht neue, nach §§ 529 ff. ZPO zu Grunde zu legende Tatsachen eine abweichende Entscheidung zu Gunsten der Klägerin rechtfertigen.
Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten kein Anspruch auf weitere Zahlungen zu.
Zwar hat die Klägerin den Widerruf des Vertrages erfolgreich erklärt. Insbesondere war der Widerruf nicht verfristet, denn die Klägerin ist nicht ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt worden, weshalb die Frist nicht in Gang gesetzt wurde und sie den Widerruf jederzeit erklären konnte.
Die im Antrag vom 29.02.2008 enthaltene Belehrung genügt bereits nicht den von der Rechtsprechung aufgestellten optischen Anforderungen, denn sie ist in keiner Weise hinreichend hervorgehoben. Auch die im Übersendungsschreiben vom 28.03.2008 enthaltene Belehrung ist unzureichend. Es fehlt die nunmehr nach § 8 VVG erforderliche Belehrung über den Widerrufsadressaten (Prölss/Martin/Armbüster, VVG, 29. Auflage 2015, § 8 Rn. 21), was zwischen den Parteien auch unstreitig ist.
Allerdings kann die Klägerin dennoch nicht die Rückzahlung aller Prämien nebst daraus gezogener Nutzungen verlangen. Sie hat vielmehr nach §§ 9, 152 Abs. 2 S. 1 VVG lediglich einen Anspruch auf den Rückkaufswert, den sie vorliegend unstreitig bereits in zutreffend ermittelter Höhe erhalten hat.
Aufgrund des wirksam erklärten Rücktritts kann die Klägerin grundsätzlich nach §§ 355, 357 a BGB die Rückerstattung bereits gezahlter Prämien und Herausgabe der daraus gezogenen Nutzungen verlangen, sofern nicht die vorrangige Spezialregelung in § 9 Abs. 1 VVG eingreift. Nach der letztgenannten Vorschrift ist der Rückzahlungsan...