Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorbereitung schwerer staatsgefährdenden Gewalttat und Verstöße gegen Kriegswaffenkontrollgesetz durch Berufssoldat
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Strafbarkeit eines Berufssoldaten der Bundeswehr wegen aus völkisch-nationalistischer, rassistischer und demokratie-feindlicher Gesinnung vorgenommener Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat und wegen Verstößen gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz, das Waffengesetz und das Sprengstoffgesetz
2. Zur Strafbarkeit eines Berufssoldaten der Bundeswehr wegen Betrugs durch die unwahre Behauptung gegenüber Behörden, aus Syrien zu stammen und von dort geflohen zu sein, und die Aufrechterhaltung dieser falschen Identität über einen Zeitraum von ungefähr 17 Monaten
Normenkette
StGB §§ 52-53, 89a Abs. 1, 2 Nr. 2, § 246 Abs. 1, § 263 Abs. 1; KrWaffG § 1 Abs. 1, § 22a Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a; WaffG § 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d; SprengG § 1 Abs. 2 Nr. 2 Fassung: 2017-06-30, Nr. 3 Fassung: 2017-06-30, § 27 Abs. 1 Fassung: 2017-06-30, § 40 Abs. 1 Nr. 3 Fassung: 2017-06-30; WaffG § 1 Abs. 2-4, § 2 Abs. 2, § 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b, Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a, b
Nachgehend
Tenor
Der Angeklagte ist schuldig der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat in Tateinheit mit vorsätzlicher unerlaubter Ausübung der tatsächlichen Gewalt über Kriegswaffen, vorsätzlichem unerlaubten Führen einer halbautomatischen Kurzwaffe, vorsätzlichem unerlaubten Besitz einer halbautomatischen Kurzwaffe, vorsätzlichem unerlaubten Besitz von Schusswaffen und Munition, vorsätzlichem unerlaubten Verbringen von Schusswaffen in den Geltungsbereich des Waffengesetzes, vorsätzlichem unerlaubten Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen und Unterschlagung in Tatmehrheit mit Betrug in zwei Fällen.
Er wird deswegen zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten
verurteilt.
Es wird festgestellt, dass drei Monate hiervon als vollstreckt gelten.
Der Angeklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Angewendete Vorschriften:
§§ 89a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, 246 Abs. 1, 263 Abs. 1 StGB; §§ 1 Abs. 1, 22a Abs. 1 Nr. 6 lit. a), Nr. 50 der Anlage zu § 1 Abs. 1 KrWaffG; §§ 1 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3, Abs. 4; 2 Abs. 2, 52 Abs. 1 Nr. 2 lit. b), Abs. 3 Nr. 2 lit. a) und b), Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nrn. 1.1, 2.2, 2.5 Unterabschnitt 3 Nr. 1.1, 1.2 und 1.4, Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 WaffG; § 52 Abs. 1 Nr. 2 lit. d) WaffG in der bis zum 5. Juli 2017 geltenden Fassung; §§ 1 Abs. 2 Nr. 2, 3 Abs. 1 Nr. 3, 27 Abs. 1, 40 Abs. 1 Nr. 3 SprengG in der bis zum 30. Juni 2017 geltenden Fassung, §§ 52, 53 StGB.
Gründe
Vorbemerkung:
Der Angeklagte ist Berufssoldat bei der Bundeswehr im Rang eines Oberleutnants. Er hat eine seit Jahren verfestigte völkisch-nationalistische, rassistische und demokratiefeindliche Gesinnung. Besondere Abneigung hat er gegenüber Menschen jüdischen Glaubens, denen er - verbunden mit verschwörungstheoretischen Gedanken - den Wunsch nach einer „Weltherrschaft des Zionismus“ unterstellt. Er meint, zur Erreichung dieses Ziels wirkten Medien und staatliche Institutionen zusammen. Dabei ist er der Überzeugung, der „Zionismus“ führe einen systematischen Rassenkrieg, in welchem Millionen von Migranten nach Deutschland verbracht würden, wodurch es zu einer „Vermischung der Rassen“ und letztlich zu einer „Auslöschung der deutschen Rasse“ käme. Verantwortlich für diese von ihm wahrgenommene vermeintliche „Zersetzung der deutschen Nation“ seien insbesondere hochrangige Politiker, Politikerinnen und Personen des öffentlichen Lebens, die zu flüchtlingsfreundlich eingestellt seien. Der Angeklagte fasste im Laufe des Jahres 2016 den festen Entschluss, einen Angriff auf das Leben einer dieser Politiker oder Personen des öffentlichen Lebens zu verüben, um einen politischen oder gesellschaftlichen Richtungswechsel in seinem Sinne herbeizuführen und so nach seiner Vorstellung zum „Erhalt der deutschen Nation“ beizutragen. Als mögliche Anschlagsopfer zog er die damalige Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages Claudia Roth, den damaligen Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz Heiko Maas sowie die Journalistin und Gründerin der Amadeu-Antonio-Stiftung Anetta Kahane in Betracht. Auf solche potentiellen Anschlagsopfer fokussierte sich der Angeklagte nur, weil sie das politische System der Bundesrepublik Deutschland als Amtsträger bzw. als Person des öffentlichen Lebens repräsentierten und für die von ihm verhasste Flüchtlingspolitik und die von ihm befürchtete „Umvolkung“ stehen. Eine persönliche Beziehung zu ihnen hatte er nicht.
Unterdessen verfügte der Angeklagte unerlaubt über vier Schusswaffen. Er war fest entschlossen, eine der vier Schusswaffen für den von ihm geplanten Anschlag zu verwenden. Daneben zog er in Erwägung im Rahmen der Durchführung des Anschlags auch einen oder mehrere der folgenden Gegenstände zu nutzen: So bewahrte er ab Januar 2015 bis zum 26. April 2017- zeitw...