Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorwegnahme der Entscheidung
Leitsatz (amtlich)
Eine bindende Vorwegnahme der Entscheidung liegt auch vor, wenn dem Umlegungsbeteiligten einzelne Grundstücke zugeteilt werden und zugleich festgelegt wird, dass weitere Zuteilungen aus bestimmten anderen Grundstücken im Umlegungsgebiet erfolgen sollen.
Normenkette
BauGBG §§ 76, 217
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Entscheidung vom 29.04.2016; Aktenzeichen 91 O 6/14) |
Tenor
Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 29. April 2016 - 91 O 6/14 - abgeändert und der Antrag auf gerichtliche Entscheidung der Antragstellerinnen vom 30. Mai 2014 gegen den Umlegungsplan der Antragsgegnerin vom 19. Dezember 2013 i.d.F. der Widerspruchsbescheide vom 14. April 2014 abgewiesen.
Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Antragstellerinnen dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit des am 19. Dezember 2013 aufgestellten, am 7. Januar 2014 im Amtsblatt der Antragsgegnerin bekannt gemachten und am 14. Januar 2014 den Bevollmächtigten der Antragstellerinnen zugestellten Umlegungsplans in dem Baulandumlegungsverfahren Nr. ... - Gewerbegebiet Stadtteil1. Zwischen den Beteiligten ist u.a. streitig, ob die in dem Beschluss über die Vorwegnahme der Entscheidung gemäß § 76 BauGB vom 29. September 1997 enthaltenen Regelungen, die mit "Sonstige rechtliche Auswirkungen" überschrieben sind, Teil der Vorwegnahmeentscheidung geworden und bindend für das Umlegungsverfahren sind.
Die Antragstellerin zu 1) ist Eigentümerin der Grundstücke in der Gemarkung Stadtteil1, Flur 1, Flurstück 1 und 2 und Miteigentümerin des Grundstücks in der Gemarkung Stadtteil1, Flur 1, Flurstück 3. Die Antragstellerin zu 2) ist Eigentümerin der Grundstücke in der Gemarkung Stadtteil1, Flur 2, Flurstücke 4, 5, 6, 7, Flur 3, Flurstück 8, Flur 1, Flurstück 9 und 10, Flurstück 11 und Miteigentümerin der Grundstücke in der Gemarkung Stadtteil1, Flur 4, Flurstücke 12 und 13.
Die Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. ... "Gewerbegebiet Stadtteil1", der am 20. Januar 1981 ortsüblich bekannt gemacht wurde. Eine Änderung des Bebauungsplans, die die zulässige Art der baulichen Nutzung betraf, ist am 12. Juli 2005 ortsüblich bekannt gemacht worden.
Die Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin ordnete mit Beschluss vom 12. Mai 1977 die Einleitung der Baulandumlegung in dem Verfahren Nr. 60 Gewerbegebiet A-Straße unter Auflistung der betroffenen Grundstücke an. Ein Umlegungsbeschluss des Magistrats der Antragsgegnerin vom 30. Juli 1981 wurde in den Mitteilungen der Stadt1 Nr. ... vom 18. August 1981 ortsüblich bekannt gemacht. Eine Neubekanntmachung dieses Beschlusses erfolgte am 1. März 1983.
Die Umlegungsstelle der Antragsgegnerin beschloss am 29. September 1997 die XXX. Vorwegnahme der Entscheidung in dem Baulandumlegungsverfahren Nr. ... - Gewerbegebiet A-Straße -. Wesentlicher Inhalt der Vorwegnahme der Entscheidung war, dass die Antragstellerin zu 1) die neu gebildeten Grundstücke Flurstücke 14 und 8 und die Antragstellerin zu 2) das neu gebildete Grundstück 15 erhielt. Eine weitere Gesellschaft, die B (B) erhielt das neu gebildete Grundstück 16. Die Antragstellerinnen sowie die B verloren jeweils im Gegenzug das Eigentum an Grundstücken, die zuvor in ihrem Eigentum standen. Auf dem mit dem Vorwegnahmebeschluss zugeteilten Grundstück Flur 2, Flurstück 14 wurde ein Hotel, auf dem Grundstück Flur 2, Flurstück 17 (vormals 8 und 15) ein Gebäude der C AG errichtet. In den Beschluss über die Vorwegnahme der Entscheidung sind auf dessen Seiten 18 und 19 die "Sonstigen rechtlichen Auswirkungen" aufgenommen worden. Nach diesen verpflichteten sich die Antragstellerinnen, "einen Anteil der rot umrandeten Flächen (siehe Plananlage II) im Rahmen eines künftigen Vorwegnahmebeschlusses bzw. (Teil)Umlegungsplans unter Berücksichtigung der entsprechenden Ausgleichszahlungen nach den jeweils anzuhaltenden Verkehrswerten" zu übernehmen.
Die Unanfechtbarkeit des Beschlusses über die Vorwegnahme der Entscheidung zum 11. Februar 1998 wurde am 24. Februar 1998 ortsüblich bekannt gemacht.
Die rot umrandete Fläche der Plananlage II umfasst südlich der Wegeparzelle Flur 2, Flurstück 1 befindliche Grundstücke, die durch bauplanungsrechtlich gesicherte Überleitungsrechte gekennzeichnet sind. Der Bebauungsplan Nr. ... "Gewerbegebiet Stadtteil1" sieht in dem Bereich einen "34 m Schutzraum gemäß VDE-Vorschrift, Bauhöhe ≪15, 0 m Flachdach begehbar" vor. Des Weiteren befindet sich dort die Eintragung "D 220/110 KV-Leitung".
Im Jahr 2013 wurde beim Regierungspräsidium Stadt2 ein Planfeststellungsverfahren nach § 43 Ene...