Entscheidungsstichwort (Thema)
Verkehrsunfall: Grundsätze der Schmerzensgeldbemessung (hier: taggenaue Berechnung)
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Urteil vom 03.07.2020; Aktenzeichen 27 O 146/18) |
Tenor
Ein Rechtsmittel ist nicht bekannt geworden.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 3.7.2020, Az. 27 O 146/18, abgeändert.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger über den vom Landgericht zugesprochenen Betrag hinaus ein weiteres Schmerzensgeld in Höhe von 50.000,- EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.11.2018, die Beklagten zu 2) und 3) auch für die Zeit vom 3.11.2018 bis 16.11.2018, zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrags leistet.
Der Gegenstandswert für die Berufungsinstanz wird auf 50.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Schmerzensgeldansprüche aus einem Verkehrsunfall vom XX.XX.2015. Der Kläger war in seiner Eigenschaft als Rettungsassistent zu einer Unfallstelle auf der BAB X gerufen worden. Nach Erreichen der Einsatzstelle sicherte das Team der Rettungsassistenten diese mit Blaulicht sowie dem Einschalten der Warnblinkanlage ab. Die später eintreffenden Einsatzkräfte der Freiwilligen Feuerwehr nahmen eine weitere Absicherung durch ein speziell konzipiertes Fahrzeug vor, welches über zusätzliche beleuchtete Warneinrichtungen verfügte.
Der Beklagte zu 1 fuhr mit seinem Lkw samt Sattelauflieger, deren Halterin die Beklagte zu 2 und die bei der Beklagten zu 3 pflichtversichert waren, nahezu ungebremst in die Einsatzstelle ein und auf das Feuerwehrfahrzeug auf. Es schleuderte dieses in den rechts von der Autobahn liegenden Wald. Der Lkw der Beklagten kollidierte zudem mit dem Rettungswagen, in dem sich der Kläger befand. Auch dieses Rettungsfahrzeug wurde in das rechts neben der Autobahn gelegene Gelände geschleudert, teilweise aufgerissen und begrub den Kläger auf der linken Seite des Fahrzeugs unter sich. Der Kläger wurde in die Klinik1 Stadt1 verbracht und dort operativ behandelt.
Der Kläger erlitt durch den Unfall ein hohe vordere Pfeilerfraktur und hintere Hemiquerfraktur des OS acebulus sowie eine symphysennahe vordere Beckenringfraktur rechts. Die Beklagte zu 3 zahlte in der Folgezeit einen frei verrechenbaren Vorschuss in Höhe von insgesamt 24.000 EUR.
Nachdem der Kläger die Beklagten mit am 11.7.2018 eingereichter Klage zur Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes und Feststellung der Schadensersatzpflicht gerichtlich in Anspruch genommen hatte, haben die Beklagten unter dem 21.1.2019 erklärt, dass die Zahlungen auf den behaupteten Schmerzensgeldanspruch des Klägers zu verrechnen seien.
Der Kläger hatte zunächst angemessenes Schmerzensgeld mit Angabe eines Mindestbetrages von 50.000 EUR gefordert, dies mit Schriftsatz vom 28 8. 2018 (Bl. 47 der Akte) insofern modifiziert, als dass kein Mindestbetrag angegeben wurde, ein angemessenes Schmerzensgeld allerdings in einer Größenordnung von 80.000 EUR angesiedelt werden sollte.
Der Kläger hat durch den Unfall erhebliche Dauerschäden davongetragen, wobei in der Stellungnahme der Klinik1 Stadt1 der A vom 5.11.2018 eine Gesamt MdE von 50 % in Bezug auf die Rente auf unbestimmte Zeit angenommen wurde. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Verletzungen des Klägers und der weiteren gesundheitlichen Entwicklung sowie dem Sach- und Streitstand erster Instanz im Übrigen und der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Einholung von zwei Gutachten auf dem unfallchirurgischen und dem psychiatrisch-psychotherapeutischen Gebiet. Es hat durch das angefochtene Urteil die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger weitere 26.000 EUR Schmerzensgeld zu zahlen, nachdem der Kläger den Rechtsstreit in Höhe von 24.000 EUR in der Hauptsache für erledigt erklärt hatte.
Es hat insoweit die Feststellung der Erledigung ausgesprochen und im Übrigen auch festgestellt, dass die Beklagten für weitergehende materielle und immaterielle Schäden aus dem Verkehrsunfall vom XX.XX.2015 hafteten.
Das Landgericht hat zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger gegen die Beklagten in vollem Umfang Anspruch auf Ersatz des ihm durch den Unfall erlittenen Schadens und entsprechenden Schmerzensgeldes habe.
Die Folgen des Unfalls für den Kläger seien schwerwiegend. Dieser sei ein Jahr nach dem Unfall nicht arbeitsfähig gewesen und habe eine Umschulung vornehmen müssen. Dem Kläger sei eine Bewegungseinschränkung des linken Hüftgelenks und eine fixierte Außenrotationsfeststellung verblieben, die Muskulatur des linken Beines sei deutlich v...