Leitsatz (amtlich)

1. An die Beseitigung der Wiederholungsgefahr für die Verwendung unzulässiger Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind strenge Anforderungen zu stellen.

2. Nimmt ein Klauselverwender nach Abmahnung eine sog. Drittunterwerfung vor, ist eine Beseitigung der Wiederholungsgefahr jedenfalls dann zu verneinen, wenn ein sachlicher Grund für eine solche Drittunterwerfung nicht erkennbar ist und mit der Drittunterwerfung eine Intensitätsabschwächung in der Verfolgung etwaiger Verstöße gegen die Unterwerfungserklärung verbunden ist.

3. Aufbrauchfristen für wirksame Allgemeine Geschäftsbedingungen sind grundsätzlich rechtlich nicht zulässig.

4. Die Durchführung des Treuhändervertrages gem. § 172 Abs. 2 VVG beseitigt als solche noch nicht die Wiederholungsgefahr. (UklaG 1, 3; VVG 172)

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 27.06.2002; Aktenzeichen 2/2 O 117/01)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 27.6.2002 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Wegen des tatsächlichen und rechtlichen Vorbringens in 1. Instanz wird auf das angefochtene Urteil des LG Frankfurt am Main vom 27.6.2002 verwiesen.

Mit ihrer Berufung wendet sich die Beklagte nicht gegen die festgestellte rechtliche Unzulässigkeit der beanstandeten Klauseln – deren Verstoß gegen das Transparenzgebot gemäß der Rspr. des BGH in den Urteilen vom 9.5.2001 (BGH, Urt. v. 9.5.2001 – IV ZR 138/99, MDR 2001, 1057 = BGHReport 2001, 546 = NJW 2001, 2012 ff.; Urt. v. 9.5.2001 – IV ZR 121/00, MDR 2001, 1055 = BGHReport 2001, 542 = NJW 2001, 2014 ff.) ist nicht im Streit – sondern ausschließlich gegen die Auffassung, die Wiederholungsgefahr sei durch die von der Beklagten gegenüber der „Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V.” in Bad Homburg abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht ausgeräumt worden.

Dazu trägt sie im Wesentlichen vor:

Es habe ihr frei gestanden, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung statt ggü. dem sie abmahnenden Kläger ggü. der „Zentrale” abzugeben.

Sie habe diesen Weg gewählt, um nicht nach den genannten Urteilen des BGH einer Abmahnung durch eine Vielzahl von Verbänden und Mitbewerbern ausgesetzt zu sein. Die „Zentrale”, die über jeden Kollusionsverdacht erhaben sei, sei auch in der Lage, die strafbewehrte Unterlassungserklärung ihr ggü. ggf. durchzusetzen. Sie verfolge seit Jahrzehnten AGB-rechtlich unzulässige Versicherungsbedingungen mit Anträgen auf Klausel- und Verwendungsverbote (Zeugnis S.).

Auch die zeitliche Einschränkung schade nicht, da im Wettbewerbs- und AGBRecht die Einräumung von Aufbrauchfristen üblich und angemessen sei; es sei keineswegs ohne Weiteres ausgeschlossen, dass der Verletzte und Unterlassungsschuldner für das Wirksamwerden der Unterwerfungserklärung einen Anfangstermin angebe.

Sie behauptet, sie habe ein Aufklärungsschreiben über die Änderung der Versicherungsbedingungen im August an alle Versicherungsnehmer versandt (Zeugnis St.). Die Klage sei teilweise – nämlich bezüglich des Neugeschäfts – bereits bei Anhängigwerden am 1.8.2001 und i.Ü. – bezüglich des Bestands an Versicherungsverträgen – bereits kurze Zeit nach Rechtshängigkeit (30.8.2001) erledigt gewesen. Sie habe das Treuhänderverfahren gem. § 172 Abs. 2 VVG zur Ersetzung der vom BGH als intransparent angesehenen Klauseln gewählt, um möglichst schnell eine Änderung der AVB herbeizuführen. Im Übrigen vertritt sie die Auffassung, sie hätte eine Unterlassungserklärung ggü. der „Zentrale” überhaupt nicht abzugeben brauchen, da schon nach ihrem eigenen Verhalten dokumentiert sei, dass die Wiederholungsgefahr entfallen sei.

Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des Urteils des LG Frankfurt am Main vom 27.6.2002 – 2/02 O 117/01 – die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er hält der Beklagten entgegen, diese habe der „Zentrale” die strafbewehrte Unterlassungserklärung „aufgedrängt”. Die „Zentrale” habe sie nicht abgemahnt, und es seien auch keine Abmahnungen Dritter zu befürchten gewesen. Die „Zentrale” sei nach ihrer Satzung ein Wettbewerbsverband i.S.d. § 13 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AGBG (= § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UKlaG) und nicht – wie er – ein Verbraucherschutzverein i.S.d § 13 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AGBG (= § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UKlaG). Die Verfolgung von AGB-Verstößen gehöre nicht zu den Tätigkeitsgebieten der „Zentrale”, und insoweit habe sie weder ausreichende Fachkunde noch ausreichende Kontrollmöglichkeiten; sie erhalte keine Kenntnis von den Verstößen. Eine Aufbrauchfrist sei dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen fremd; soweit die Rspr. solche akze...

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