Leitsatz (amtlich)

Umfang der Verpflichtung zur Rechnungsprüfung nach Leistungsphase 8 gem. § 3 Abs. 4 HOAI 2009

 

Normenkette

BGB §§ 280, 634; HOAI § 3

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen Urt 13.10.2017, 2-26 O 108/14)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 13.10.2017 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.

Dem Beklagten werden die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Der Beklagte ist Bauingenieur. Die Parteien streiten über wechselseitige Ansprüche im Zusammenhang mit der Sanierung von zwei Balkonsträngen am zehnstöckigen Wohnhochhaus der Klägerin.

Mit Vertrag vom 14.01/10.02.2010 wurde der Beklagte mit der Betreuung von erforderlichen Sanierungsarbeiten an den Balkonsträngen des Objektes Straße1 in Stadt1 beauftragt (Anlage K3, Anlagenband). Dem Beklagten wurden die Leistungsphasen 1-9 gemäß HOAI übertragen. Der Beklagte führte unter dem 13.07.2010 eine Ausschreibung mit Leistungsverzeichnis durch, welche die Sanierung von insgesamt drei Balkonsträngen vorsah. Ausführungsbeginn sollte ausweislich der Ausschreibung am 23.08.2010, Ausführungsende am 12.11.2010 sein. Auf die Ausschreibung gab u.a. die Firma X1 (im Folgenden: Firma X) unter dem 29.07.2010 ein Angebot ab (Anlage K5, Anlagenband). Dieses Angebot wurde sodann nochmals nachverhandelt und der Auftragsumfang auf zwei Balkonstränge beschränkt. Die Firma X erstellte auf dieser Grundlage unter dem 11.10.2010 ein überarbeitetes Angebot (Anlage K6, Anlagenband), welches mit Bauvertrag vom 18.11.2010 durch die damalige Hausverwaltung der Klägerin, die Nebenintervenientin zu 1., beauftragt wurde (Anlage K6a, Anlagenband). Die Auftragssumme betrug hiernach 211.478,70 EUR netto bzw. 251.659,65 EUR brutto.

Der erste Balkonstrang wurde im Zeitraum vom 22.11.2010 bis 26.06.2011 saniert, der zweite Balkonstrang im Zeitraum vom 04.07.2011 bis 19.12.2011.

Im Zuge der Bauausführung stellte die Firma X Mehrstärken fest, weshalb sie unter dem 05.08.2011 ein Nachtragsangebot über 7.600,00 EUR netto (950,00 EUR pro Balkon) erstellte. Der Beklagte erachtete hier nur 50% des angebotenen Preises als angemessen (Anlage K13 im Anlagenband, vgl. handschriftlicher Vermerk des Beklagten).

Unter dem 20.12.2011 stellte die Firma X ihre Schlussrechnung, welche mit einem Rechnungsbetrag von 367.482,07 EUR brutto endete (Anlage K11, Anlagenband). Der Beklagte prüfte die Schlussrechnung und nahm verschiedene Kürzungen vor. Mit Prüfvermerk vom 30.01.2012 gab er sodann einen Zahlbetrag von 330.995,82 EUR brutto frei. Bezüglich des Inhaltes der Rechnungsprüfung wird auf die Anlage K11 (Anlagenband) Bezug genommen. Die damalige Hausverwaltung glich die Rechnung sodann in Höhe des freigegebenen Betrages aus.

Die Klägerin beauftragte vorgerichtlich den Sachverständigen Vorname1 A mit der Prüfung, ob die abgerechneten Bauleistungen insgesamt einen für die Balkonsanierung angemessenen Leistungsumfang hatten, ob diese zu einem ortsüblichen Preis geplant und abgerechnet worden seien sowie welche vermeidbaren oder nicht real angefallenen Mehrkosten ggf. abgerechnet worden seien. Der Sachverständige A erstattete unter dem 09.09.2013 ein entsprechendes Gutachten und stellte hierfür ein Honorar in Höhe von 6.863,33 EUR in Rechnung (BI. 177 d.A.).

Mit Schreiben vom 16.01.2014 (Anlage K16, Anlagenband) forderte die Klägerin den Beklagten zur Zahlung von 62.551,52 EUR bis zum 31.01.2014 auf.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Stadt3 vom XX.XX.2014 wurde über das Vermögen der Firma X das lnsolvenzverfahren eröffnet.

Unter dem 18.12.2014 stellte der Beklagte der Klägerin eine Abschlagsrechnung für erbrachte Ingenieurleistungen auf Grundlage von anrechenbaren Kosten in Höhe von 305.885,00 EUR über 15.178,05 EUR (BI. 102 if. d.A.).

Die Klägerin ist der Auffassung gewesen, der Beklagte habe im Rahmen seiner Rechnungsprüfung insgesamt 62.551,52 EUR fehlerhaft zur Zahlung freigegeben, welche durch die Klägerin nicht hätten gezahlt werden müssen. So seien für die Gerüststandzeit am ersten Balkonstrang 16 Wochen zu viel und für die Gerüststandzeit am zweiten Balkonstrang 12 Wochen zu viel abgerechnet worden (Pos. 02.02). Der Beklagte habe es unterlassen, die Firma X zur zügigen Arbeitsausführung anzuhalten, was zu der verlängerten Gerüststandzeit geführt habe. Bei den Vorhaltekosten für die Gerüsttreppe (Pos. 16.01) und den Vorhaltekosten für den Lastenaufzug (Pos. 16.02) handele es sich um eine Pauschale, nicht um zeitbezogene Vorhaltekosten. Den Nachtrag im Zusammenhang mit den Mehrstärken der Balkone habe der Beklagte über den beauftragten Preis hinaus freigegeben (Pos. 21.02).

Die Klägerin ist weiter der Auffassun...

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