Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollstreckungsgegenklage gegen deutsches Vollstreckbarerklärungsurteil im Anwendungsbereich der EU-Verordnungen
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 02.11.2018; Aktenzeichen 2-31 O 154/17) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 2.11.2018 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main, Az. 2-31 O 154/17 teilweise aufgehoben.
Die Klage ist zulässig, soweit die Klägerin geltend macht, dass die Beklagte durch die Auszahlung des hinterlegten Betrages in Höhe von 13.200.000,- EUR und infolge diverser Vollstreckungsmaßnahmen in Großbritannien, durch die sie bis zum 11.4.2016 insgesamt 1.657.949,46 EUR erlangt habe, ungerechtfertigt bereichert sei.
Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin teilweise verworfen und im Übrigen zurückgewiesen.
Die Sache wird, soweit die Klage zulässig ist, an das Gericht des ersten Rechtszuges zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zurückverwiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Vollstreckungsabwehr und darum, ob bereits im Wege der Zwangsvollstreckung erlangte Beträge wiedererstattet werden müssen.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft nach taiwanesischem Recht mit dortigem Sitz. Bei der Beklagten handelt es sich um eine Gesellschaft nach dem Recht der Republik Kongo und dortigem Sitz.
Die Klägerin wurde von dem belgischen Gericht Cour d'appel de Bruxelles am 16. November 2011 verurteilt, an die Beklagte einen Betrag in Höhe von 6.906.600 US-$ zzgl. noch unbestimmter Zinsen zu zahlen. Diese Zinsforderung wurde in der sog. "Master-Leslie-Entscheidung" vom 8. April 2016 durch ein englisches Gericht näher bestimmt. Die Beklagte erwirkte am 23. September 2016 einen Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main unter dem Az.: .../16 zur Vollstreckbarerklärung des belgischen Urteils. Die Klägerin hat sich ursprünglich mit der am 25.5.2017 erhobenen Vollstreckungsgegenklage gegen die Vollstreckbarerklärung insoweit gewandt, als die Klägerin an die Beklagte hieraus einen Betrag zahlen musste, der 10.692.240,44 US-$ übersteigt. Die Hauptforderung aus dem belgischen Urteil beträgt 6.906.600 US-$. Die Zinsforderung gemäß englischer "Master-Leslie-Entscheidung" vom 8. April 2016 beträgt 7.350.667,91 US-$. Des Weiteren beziffert die Klägerin die Zinsforderung vom 8. April 2016 bis zum 26. Juli 2017 auf 382.932,36 US-$, insgesamt 14.640.200,27 US-$.
Dieser Summe hat die Klägerin folgende Forderungen im Wege der Aufrechnung entgegengehalten: Verfahrenskosten in England bezüglich der Entscheidung "Mr. Justice Picken Order" über 58.399,20 US-$, Aufrechnung mit Verfahrenskosten in England betreffend "Master-Leslie-Entscheidung" über 472.137,91 US-$, zum anderen Aufrechnung mit Anwaltskosten für das Berufungsverfahren in England über 156.549,87 EUR. Außerdem hat die Klägerin die Ansicht geäußert, dass abzuziehen sei von der Klägerin zu zahlende taiwanesische Quellensteuer in Höhe von 20% auf die Zinsforderung von 7.733.600,27 US-$, was 1.546.720,05 US-$ entspricht. Von dem noch verbleibenden Betrag hat die Klägerin Zahlungen im Rahmen von Zwangsvollstreckungen in England von 1.657.949,96 EUR abgezogen, Verfahrenskosten und Zinsen aus dem belgischen Urteil von 17.057,65 EUR, Rechtsanwaltskosten der Beklagten für die Pfändung von 13.198,90 EUR und Verfahrenskosten für die Vollstreckbarerklärung von 1.308,56 EUR und Gerichts- sowie Anwaltskosten über 27.975,46 EUR, insgesamt 9.044.663,18 EUR.
Die Klägerin hat im November 2016 zur Vermeidung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen 13.200.000 EUR bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts Frankfurt am Main hinterlegt; dieser Betrag ist am 26. Juli 2017 an die Beklagte ausgezahlt worden.
Die Klägerin hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, durch diese Zahlung habe die Beklagte 4.155.336,82 EUR mehr erhalten, als ihr zustehe. Diesen Betrag habe die Beklagte an die Klägerin zu erstatten; außerdem sei die Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss des Landgerichts unzulässig und die Beklagte müsse die Vollstreckungstitel an sie herausgeben. Die Klägerin hat die Auffassung geäußert, das Landgericht Frankfurt am Main sei für die Entscheidung des Rechtsstreits zuständig. Bei ausländischen Urteilen seien die inländischen Gerichte zuständig, die das Vollstreckungsurteil erlassen haben. Die Zwangsvollstreckung in Deutschland finde nämlich aus der Vollstreckbarerklärung statt und nicht unmittelbar aus dem ausländischen Urteil.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die Ansicht vertreten, die Klägerin versuche eine Überprüfung der zu vollstreckenden Forderung zu erreichen. Die Prüfung des zu vollstreckenden materiellen Anspruchs habe jedoch nichts mit der Tätigkeit der Vollstreckungsorgane zu tun und falle daher gar nicht erst unter Art. 22 Abs. 5 EUGVVO a.F. bzw. Art. 24 Abs. 5 EUGVVO n.F. Der vom Europäischen Gesetzgeber verfolgte Zweck der Konzentration der Sachentscheidungskompetenz im Herkunftsstaat verbiete eine Vollstreckungsgeg...