Entscheidungsstichwort (Thema)
Speicherungen von Daten in Wirtschaftsauskunftei nach Forderungstilgung
Leitsatz (amtlich)
Die Notwendigkeit einer Speicherung von Daten in einer Wirtschaftsauskunftei entfällt nicht allein deswegen, weil die Forderung zwischenzeitlich getilgt worden ist und ein entsprechender Eintrag in das Schuldnerverzeichnis nach § 882e ZPO zu löschen wäre, wenn die Begleichung der Forderung nachgewiesen wird.
Normenkette
BDSG § 6; DSGVO Art. 6 Nr. 1, Art. 17 Nr. 1, Art. 21 Nr. 1; ZPO § 882e
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Urteil vom 28.07.2022; Aktenzeichen 3 O 118/22) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 28.07.2022 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Das angefochtene und das vorliegende Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt gegenüber der Beklagten die Löschung eines Eintrags aus dem von ihr geführten Register einer Wirtschaftsauskunftei sowie klageerweiternd in der Berufungsinstanz die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines Schmerzensgeldes.
Auf Antrag der X AG wurde gegen den Inhaber der Klägerin am 15.11.2021 ein Vollstreckungsbescheid über 1.059,99 EUR wegen rückständiger Beitragszahlungen für eine Krankheitskostenversicherung erlassen. Dies wurde der Antragsgegnerin gemeldet, die einen entsprechenden Eintrag in das von ihr geführte Register vornahm. Ferner wurde dort eingetragen, dass der Vorgang am 04.01.2022 seine Erledigung durch Zahlung der offenen Forderung gefunden habe. Eine Abfrage der Dateien über die Klägerin ist derzeit infolge einer Sperrung des Eintrags nicht möglich.
Die Klägerin hat geltend gemacht, sie habe aufgrund der nach § 28 Abs. 1 BDSG a.F., § 6 BDSG n.F. vorzunehmenden Interessenabwägung einen Anspruch auf Löschung des Eintrags, da ihr ansonsten ein erheblicher Schaden drohe, zumal die Forderung verhältnismäßig geringfügig sei und sie über Immobilienbesitz in Höhe von ca. 10 Mio. Euro verfüge. Wäre der Titel im Schuldnerverzeichnis eingetragen gewesen, hätte die Beklagte die Löschung des Eintrags nach den "Verhaltensregeln für die Prüf- und Löschfristen von personenbezogenen Daten durch die Deutschen Wirtschaftsauskunfteien vom 22.05.2018" sofort nach Zahlung vorgenommen. Sei der Titel jedoch - wie hier - nicht in das Schuldnerverzeichnis aufgenommen, erfolge die Löschung erst nach drei Jahren. Der Grund für diese Differenzierung sei nicht ersichtlich; sie stehe auch in unauflösbarem Widerspruch zu den Regelungen in § 9 InsO, § 3 InsOBekVO bezüglich der Restschuldbefreiung. In diesem Zusammenhang hat die Klägerin auf eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union durch das Verwaltungsgericht Wiesbaden hingewiesen. Eine Parallele ergebe sich insofern zu den Löschfristen für Eintragungen in das Schuldnerverzeichnis nach § 882e Abs. 3 ZPO.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen bei Meidung der Rechtsfolgen des § 890 ZPO den Schufa-Eintrag der X AG vom 01.11.2012 über die Klägerin aus ihren Registern zu löschen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat geltend gemacht, ein Anspruch auf Löschung aus § 17 DSGVO bestehe nicht, wie der Senat im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens zwischen den Parteien in seinem Beschluss vom 28.02.2022 im Verfahren ... bereits entschieden habe. Der Eintrag sei rechtmäßig erfolgt. Dem Vollstreckungsbescheid seien monatelange Bemühungen vorangegangen, eine Zahlung durch den Inhaber der Klägerin herbeizuführen. Erst nachdem dessen Konto gesperrt worden sei, sei es zu einem Ausgleich der Forderung gekommen. Dies belege eine erhebliche Unzuverlässigkeit. Sie, die Beklagte, habe auch eine Interessenabwägung durchgeführt. Der streitgegenständliche Eintrag, dessen Richtigkeit die Klägerin nicht in Frage stelle, sei für die Beurteilung der Bonität von Relevanz. Die Interessen der Klägerin müssten hier hinter die Interessen der Vertragspartner der Beklagten, der Beklagten selbst sowie der Allgemeinheit zurücktreten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht Wiesbaden hat die Klage mit Urteil vom 28.07.2022 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe weder aus Art. 17 Abs. 1a) DSGVO noch aus Art. 17 Abs. 1 c) bzw. Art. 17 Abs. 1b) DSGVO einen Anspruch auf Löschung des Eintrags. Die Daten seien durch die Beklagte nicht unrechtmäßig verarbeitet worden, da das Interesse der Beklagten im Sinne von § 6 Abs. 1f) DSGVO überwiege. Die Speicherung und Wei...