Entscheidungsstichwort (Thema)

Entzug der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis bei KGaA

 

Normenkette

HGB §§ 117, 127

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 03.04.2013; Aktenzeichen 3-5 O 120/12)

BGH (Aktenzeichen II ZR 144/14)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 23.4.2013 verkündete Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt/M. abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Leistung einer Sicherheit i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft auf Aktien mit Sitz in Stadt1.

Das Grundkapital beträgt 28.400.000,- EUR und ist eingeteilt in eine gleiche Anzahl auf den Namen lautender Kommanditaktien. Die Beklagte (zuvor firmierend als "X ... GmbH") ist die persönlich haftende Gesellschafterin (Komplementärin) der Klägerin.

Aufgrund eines Verlangen nach § 122 Abs. 1 AktG der Aktionärin X1 Aktiengesellschaft hinsichtlich der Tagesordnungspunkte 2 und 3 sowie eines Verlangens der Aktionärin A S. A. hinsichtlich der Tagesordnungspunkte 4 - 11 lud die Beklagte mit Veröffentlichung im elektronischen Bundesanzeiger am 13.7.2012 zu einer außerordentlichen Hauptversammlung der Klägerin auf den 10.9.2012, 11.00 Uhr ein. Tagesordnungspunkte (7 - 9) waren u.a. der Entzug des Vertrauens der Beklagten, der Entzug der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis der Beklagten sowie die Abberufung sämtlicher Geschäftsführer der Beklagten aus wichtigem Grund. Wegen der weiteren Einzelheiten der Tagesordnung wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, S. 3/4, Bezug genommen.

Am 10.9.2012 fanden sich in dem genannten Versammlungslokal ... -Hotel in Stadt1 Kommanditaktionäre mit ca. 21 Mio. Stimmen ein, u.a. auch der gesetzliche Vertreter der A S. A. sowie deren Prozessbevollmächtigte, Rechtsanwältin RA'in1. Die zur Durchführung der Hauptversammlung notwendige Ton- und Video-Übertragungstechnik war aufgebaut, ebenso ein Verpflegungsbuffet für die Aktionäre. Die Einlasskontrolle und Ausgabe der Stimmkarten wurde von dem Hauptversammlungs-Dienstleister ... vorgenommen. In einem "Back-Office" befanden sich der Notar N1 sowie weitere von der Klägerin bzw. der Beklagten hierzu beauftragte Personen.

Um 11.10 Uhr erschien einer der Geschäftsführer der Beklagten, Herr B, auf dem Podium und begrüsste die Anwesenden. In der Folge teilte Herr B mit, dass die Hauptversammlung aufgrund eines Beschlusses der Geschäftsführer der Beklagten abgesagt worden sei. Dies beruhe darauf, dass die Geschäftsführung um zwei neue Geschäftsführer erweitert worden sei, nachdem eine C ... AG die zuvor von der X1 AG gehaltenen Aktien an der D gekauft habe und die (zuvor ebenfalls von der X1 AG gehaltenen) Geschäftsanteile an der Beklagten an eine E ... GmbH übertragen worden seien.

Die Prozessbevollmächtigte der A S. A. ergriff daraufhin das Wort. Sie vertrat die Auffassung, dass die auf Verlangen ihrer Mandantin einberufene Hauptversammlung schon deshalb nicht abgesagt werden könne, weil Herr B als Geschäftsführer der Antragsgegnerin die Hauptversammlung bereits eröffnet habe. Sie beantragte, dass die Hauptversammlung satzungsgemäß einen Versammlungsleiter wähle. Daraufhin schaltete Herr B das Mikrofon auf dem Podium aus. Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin zu 1) schlug den anwesenden Rechtsanwalt RA2, der bereits im Vorfeld erklärt hatte, gegebenenfalls die Versammlungsleitung zu übernehmen, als Versammlungsleiter vor. Daraufhin fand eine "Wahl" von Herrn RA2 statt, deren Hergang im Einzelnen teilweise streitig ist. Jedenfalls nahm Herr RA2 "die Wahl an" und begab sich auf das Podium. Während dieser gesamten Vorgänge war das von der A S. A. gestellte Mitglied des Aufsichtsrats F anwesend. In der Folge verließ Herr B das Podium. Auf seine Weisung wurde die Übertragungstechnik abgebaut und das Buffet abgeräumt. Nachdem auch Herr F den Saal verlassen hatte, ließ Herr RA2 seine Wahl zum Versammlungsleiter durch Akklamation erneut bestätigen. Daraufhin unterbrach er die Hauptversammlung zunächst bis 12.00 Uhr. Verschiedene Aktionäre verließen (endgültig) den Sitzungssaal.

Nachdem die Übertragungstechnik wieder funktionsbereit gemacht und ein anderer Notar, N2, eingetroffen war, wurde die "Hauptversammlung" gegen 13.15 Uhr fortgesetzt. Es wurden einstimmig die vorgeschlagenen Beschlüsse zu TOP 4 - 11 gefasst. Die vorgeschlagene Beschlussfassung zu TOP 2 (Auflösung der Gesellschaft) wurde abgelehnt. Widersprüche zu Protokoll wurden nicht erklärt.

Unter dem 11.10.2012 verfasste Herr RA2 eine "Niederschrift über die außerordentliche Hauptversammlung der D GmbH & Co. KGaA am 10.9.2012", welche den ersten Teil der streitgegenständlichen Versammlu...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge