Leitsatz (amtlich)
1. Zur Abgrenzung von Ansprüchen aus dem ProdHaftG und Delikt.
2. Zum Vorliegen eines Konstruktionsfehlers (hier: an einem Fensterflügel).
Normenkette
BGB § 823; ProdHaftG §§ 1, 16
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 02.08.2005; Aktenzeichen 2-23 O 35/05) |
Nachgehend
Gründe
I. Die Klägerin verfolgt mit der Klage gegen die Beklagten die Feststellung von deren Verpflichtung zur Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz aus einem Unfallgeschehen vom 15.8.1996.
Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Teilurteils des LG Frankfurt/M. vom 2.8.2005 Bezug genommen.
Das LG hat mit der genannten Entscheidung die gegen die Beklagten zu 1), 3) und 4) gerichteten Klagen abgewiesen.
Zur Begründung hat das LG ausgeführt, dass die Feststellungsklage zulässig sei, weil zur Zeit der Klageeinreichung im August 1999 der Klägerin die Erhebung einer Leistungsklage wegen der noch nicht abgeschlossenen Schadensentwicklung nicht zumutbar gewesen sei. Trotz der zwischenzeitlich verstrichenen Verfahrensdauer sei die Schadensentwicklung nach wie vor noch nicht abgeschlossen.
Die Beklagte zu 3) hafte weder nach dem Produkthaftungsgesetz (nachfolgend abgekürzt: ProdHaftG) noch aus unerlaubter Handlung gem. § 823 Abs. 1 BGB. Das ProdHaftG sei nicht anwendbar, weil der Drehkippbeschlag bereits im Januar 1989 - und damit vor dem Inkrafttreten des ProdHaftG am 1.1.1990 - in Verkehr gebracht worden sei. Eine Haftung der Beklagten zu 3) aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten scheitere am fehlenden Nachweis der Herstellung eines fehlerhaften Produktes. Insbesondere sei nicht erwiesen, dass ein fehlerhaft konstruiertes Scharnier Ursache für das am 15.8.1996 herabfallende Fenster gewesen sei. Einen Anscheinsbeweis für eine konstruktiv unzureichende "Herausfallsicherheit" des Fensters bestehe nicht, weil sich nicht feststellen lasse, dass auch in anderen Arbeitsräumen bei konstruktiv identischen Fenstern die Scharnierschraube sich allmählich herausgedreht habe. Auch das eingeholte Sachverständigengutachten habe keinen Nachweis für einen Konstruktionsfehler des Scharniers erbracht. Der beauftragte Sachverständige Dr.-Ing. SV1 von der Staatlichen Materialprüfungsanstalt ... (nachfolgend: MPA.) habe im Zwischenbericht vom 10.10.2002 keine Hinweise auf Anomalien des Beschlagbolzens erkannt. Weitere vom Sachverständigen zur Ursachenklärung für notwendig erachtete Untersuchungen seien unterblieben, weil die vom Sachverständigen angeforderten erforderlichen baugleichen Fensterrahmen und -flügel nicht zur Verfügung gestellt worden seien. Der Antrag der Klägerin, den Ausbau eines baugleichen Fensters im selben Anwesen anzuordnen, sei - ungeachtet einer etwaigen Verspätung - untauglich, weil sich die Fensterkonstruktion heute nicht mehr in dem Zustand wie zum Unfallzeitpunkt befinde. Die damalige Ursache des Versagens der Konstruktion lasse sich heute nicht mehr ermitteln.
Die Beklagte zu 3) hafte ebenfalls nicht wegen Verletzung von Instruktionspflichten, weil sie mit ihrem der Beklagten zu 2) zur Verfügung gestellten technischen Gesamtkatalog H.K700 und den "Richtlinien zur Produkthaftung", in dem ausdrücklich auf die Notwendigkeit der Produktwartung hingewiesen werde, ihren Hinweispflichten genügt habe. Weitergehende Hinweise seien nicht veranlasst gewesen, habe die Beklagte zu 3) doch auch angesichts des erteilten RAL-Gütezeichens keinerlei Anhaltspunkte dafür gehabt, dass es durch ihr Produkt zu Personen- und Sachschäden kommen könnte.
Eine Haftung des Beklagten zu 1) nach den Grundsätzen der "Manager-Produkt-Haftung" scheitere daran, dass dieser betriebsintern für die Fehlerfreiheit der Scharniere nicht verantwortlich gewesen sei.
Die Klägerin habe auch gegen die Beklagte zu 4) als Vermieterin keinen Schadensersatzanspruch. Ein Anspruch aus § 538 BGB a.F. scheitere am fehlenden Nachweis, dass die Fensterkonstruktion bereits bei Vertragsabschluss mangelhaft gewesen sei und die Entstehung des Mangels von der Beklagten zu 4) zu vertreten sei. Die Beklagte zu 4) habe nach den Bekundungen des Hausmeisters, des Zeugen Z1, ihren Überwachungspflichten genügt. Eine besondere Überprüfung der Fensterbeschläge sei nicht veranlasst gewesen, weil sie vor dem Unfall keinerlei Hinweise auf Schwächen der Fensterkonstruktion gehabt habe. Der Klägerin habe den Nachweis, dass dem Hausmeister bereits vor dem hier zugrunde liegenden Unfall ähnlich gelagerte Fälle bekannt gewesen seien, nicht geführt. Außerdem sei die Haftung der Beklagten zu 4) in § 6 Ziff. 2 des Mietvertrages wirksam auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt worden.
Eine Haftung der Beklagten zu 4) nach 836 BGB entfalle, weil zum einen die Klägerin nicht nachgewiesen habe, dass das Fenster als Folge fehlerhafter Errichtung oder mangelhafter Unterhaltung herausgefallen sei und zum anderen die Beklagte zu 4) den Entlastungsbeweis nach § 83...