Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerruf eines verbundenen Verbraucherdarlehensvertrages (Finanzierung eines Fahrzeugkaufs)
Leitsatz (amtlich)
1. Die Anmeldung zum Gruppenversicherungsvertrag Kreditschutzbrief/Kreditschutzbrief Plus (KSB/KSB Plus) ist Gegenstand einer zwischen den Darlehensvertragsparteien geschlossenen Vereinbarung; es handelt sich um verbundene Verträge.
2. Der Beitritt - wie hier - zu dem Kreditschutzbrief Plus (KSB Plus) erfasst notwendigerweise auch den Beitritt zu dem Kreditschutzbrief KSB, so dass die die Erwähnung beider Schutzbriefe in den Gestaltungshinweisen den Beitritt zutreffend abbildet.
3. Die Ausübung des Widerrufsrechts ist jedenfalls rechtsmissbräuchlich, wenn anhand des Darlehensvertragsinhalts ohne Weiteres der Beitritt zu dem Kreditschutzbrief Plus (KSB Plus) eindeutig erkennbar ist.
Normenkette
BGB §§ 355, 358, 492 Abs. 2; EGBGB Art. 247 § 6
Verfahrensgang
LG Limburg a.d. Lahn (Urteil vom 09.09.2020; Aktenzeichen 1 O 380/19) |
Tenor
Die gegen das Urteil des Landgerichts Limburg vom 9. September 2020 gerichtet Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Klägerin zur Last.
Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin wendet sich mit der Berufung gegen die Abweisung ihrer Klage, mit der sie die Beklagte auf Rückabwicklung eines Fahrzeugfinanzierungsvertrags in Anspruch genommen hat.
Die Klägerin beantragte als Verbraucherin bei der Beklagten mit schriftlichem Darlehensantrag vom 24. September 2015 die Gewährung eines Darlehens i.H.v. 64.878,06 EUR zur Finanzierung des Teilkaufpreises eines neuen VW Touareg V6 TDI in Höhe von 61.092,75 EUR sowie des Beitrags für den Kreditschutzbrief Plus (KSB Plus) in Höhe von 3.785,31 EUR. Der Darlehensantrag enthielt auf Seite 5 die folgende Widerrufsinformation:
"Widerrufsrecht
Der Darlehensnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen widerrufen. Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z.B. Angabe zur Art des Darlehens, Angabe zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Laufzeit) erhalten hat. Der Darlehensnehmer hat alle Pflichtangaben erhalten, wenn sie in der für den Darlehensnehmer bestimmten Ausfertigung seines Antrags oder in der für den Darlehensnehmer bestimmten Ausfertigung der Vertragsurkunde oder in einer für den Darlehensnehmer bestimmten Abschrift seines Antrags oder der Vertragsurkunde enthalten sind und dem Darlehensnehmer eine solche Unterlage zur Verfügung gestellt worden ist. Über in den Vertragstext nicht aufgenommene Pflichtangaben kann der Darlehensnehmer nachträglich auf einem dauerhaften Datenträger informiert werden; die Widerrufsfrist beträgt dann einen Monat. Der Darlehensnehmer ist mit den nachgeholten Pflichtangaben nochmals auf den Beginn der Widerrufsfrist hinzuweisen. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs, wenn die Erklärung auf einem dauerhaften Datenträger (z.B. Brief, Telefax, E-Mail) erfolgt. Der Widerruf ist zu richten an:
Bank1 GmbH,
Straße1, Stadt1,
Telefax: ...; E-Mail: ...@.com
Besonderheiten bei weiteren Verträgen
- Widerruf der Darlehensnehmer diesen Darlehensvertrag, so ist er auch an den Fahrzeug-Kaufvertrag und an die Anmeldung zum KSB/KSB Plus nicht mehr gebunden.
- Steht dem Darlehensnehmer in Bezug auf den Fahrzeug-Kaufvertrag und/oder an die Anmeldung zum KSB/KSB Plus ein Widerrufsrecht zu, so ist er mit dem wirksamen Widerruf des Fahrzeug-Kaufvertrags und/oder der Anmeldung zum KSB/KSB Plus auch an den Darlehensvertrag nicht mehr gebunden. Für die Rechtsfolgen des Widerrufs sind die in dem Fahrzeug-Kaufvertrag und/oder der Anmeldung zum KSB/KSB Plus getroffenen Regelungen und die hierfür erteilte Widerrufsbelehrung maßgeblich.
Widerrufsfolgen
Soweit das Darlehen bereits ausbezahlt wurde, hat es der Darlehensnehmer spätestens innerhalb von 30 Tagen zurückzuzahlen und für den Zeitraum zwischen der Auszahlung und der Rückzahlung des Darlehens den vereinbarten Sollzins zu entrichten. Die Frist beginnt mit der Absendung der Widerrufserklärung. Für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung ist bei vollständiger Inanspruchnahme des Darlehens pro Tag ein Zinsbetrag i.H.v. 1,17 EUR zu zahlen. Dieser Betrag verringert sich entsprechend, wenn das Darlehen nur teilweise in Anspruch genommen wurde.
Besonderheiten bei weiteren Verträgen
- Steht dem Darlehensnehmer in Bezug auf den Fahrzeug-Kaufvertrag und/oder die Anmeldung zum KSB/KSB Plus ein Widerrufsrecht zu, sind im Fall des wirksamen Widerrufs des Fahrzeug-Kaufvertrags und/oder der Anmeldung zum KSB/KSB Plus Ansprüche des Darlehensgebers au...