Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonderkündigungsrecht nach Zuschlag in der Zwangsversteigerung
Leitsatz (amtlich)
An den Begriff des "ersten zulässigen Termins" sind keine überspannten Anforderungen zu stellen. Er ergibt sich nach den Umständen des Einzelfalles. Gekündigt werden kann auch noch für einen später zulässigen Termin, wenn bei Beobachtung der erforderlichen Sorgfalt die Kündigung zum frühen Zeitpunkt nicht möglich war.
Normenkette
ZVG § 57a
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 21.11.2008; Aktenzeichen 2-10 O 121/08) |
Gründe
I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Ausübung eines Sonderkündigungsrechts nach Zuschlag in der Zwangsversteigerung durch die Beklagte.
Die Klägerin mietete unter ihrer vorherigen Firma B GmbH & Co. KG mit Vertrag vom 15.10.2005 von der Firma C A-Straße GmbH & Co. KG Räumlichkeiten der Liegenschaft A-Straße 1 (Erdgeschoss bis 2. Obergeschoss) und A-Straße 1a (Kellergeschoss bis 2. Obergeschoss) mit einer Fläche von ca. 4.616 qm an. Der Vertrag war bis zum 31.12.2015 befristet. Die Mieterin erhielt die Räumlichkeiten zur gewerblichen Nutzung und zwar zur Eigennutzung oder Weitervermietung als Büro-, Service- und Lagerbetrieb (§ 1 Ziff. 4 des Mietvertrages).
Seit 26.2.2007 firmierte die Mieterin unter der Bezeichnung der Klägerin. Die Eintragung der Firmenänderung der Klägerin erfolgte am 23.3.2007 bei dem Handelsregister Bad Homburg.
Die Beklagte erhielt im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens vor dem AG Bad Homburg (Az. - 6 K 89/06) mit Beschluss vom 22.10.2007 den Zuschlag für die Liegenschaft A-Straße 1 und 1a.
Die Klägerin verlegte ihren Firmensitz nach Stadt2 und befindet sich jedenfalls seit Ende 2007 in ihren neuen Geschäftsräumen D-Straße, Stadt2. Im November 2007 sandte die Beklagte an die Klägerin unter deren alter Firmenbezeichnung und an ihre alte Adresse, E-Straße in Stadt1 einen Brief per einfacher Post und ein Einschreiben mit Rückschein. Der auf normalem Postweg zugesandte Brief kam am 15.11.2007 mit dem Vermerk "Empfänger unbekannt" zurück. Den Rückschein erhielt die Beklagte am 23.11.2007. Er ist von einer Person namens "X" unterschieben und enthält den Vermerk, dass das Einschreiben am 19.11.2007 zugestellt werden konnte. Im November 2007 befand sich unter der alten Firmenadresse der Klägerin in Stadt1 kein Klingelschild oder Briefkasten mit dem ursprünglichen Firmennamen der Klägerin (B GmbH und Co KG) mehr. Am 18.11.2007 holte die Beklagte eine Gewerbeauskunft bei der Stadt1 ein. Die schriftliche Auskunft der Stadt vom 17.12.2007 enthielt sowohl die neue Firma der Klägerin, als auch neben der bereits bekannten Firmenadresse in Stadt1 eine künftige Adresse in Stadt2.
Am 2.1.2008 schickte die Beklagte jeweils einen einfachen Brief und ein Einschreiben mit Rückschein an die alte Adresse der Klägerin in Stadt1 und an die neue Adresse in Stadt2. Sowohl die Briefe als auch die Rückscheine kamen mit dem Vermerk "Empfänger unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln" zurück.
Nach erteiltem Zuschlag hob das AG Bad Homburg v. d. Höhe die Zwangsverwaltung über die Liegenschaft A-Straße 1 und 1a mit Beschluss vom 7.1.2008 auf. Diese endete zum 30.1.2008. Der Zwangsverwalter forderte die Mieterin unter der Bezeichnung B GmbH & Co. KG mit Schreiben vom 30.1.2008 auf, sich künftig an die Beklagte unter der Anschrift c/o Y GmbH -... in Stadt3 zu wenden.
Mit Schreiben vom 1.2.2008 übersandte der Bevollmächtigte der Klägerin einen Scheck in Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete für den Monat Februar 2008 an die Beklagte.
Auf das Schreiben der Klägerseite vom 1.2.2008 meldete sich der Bevollmächtigte der Beklagten unter dem 15.2.2008 und erklärte unter Bezugnahme auf die Kopie eines Einschreibens mit Einschreiben-Rückschein vom 12.11.2007, dass er für die Beklagte das Sonderkündigungsrecht nach § 57a ZVG zum 30.6.2008 ausgeübt habe.
Daraufhin forderte die Klägerin mit anwaltlichem Schriftsatz vom 18.2.2008 unter Fristsetzung bis zum 23.2.2008 auf, gegenüber ihren Mietern zu widerrufen, dass der Generalmietvertrag gekündigt worden sei und dies ggü. der Klägerin zu bestätigen.
Unter dem 20.2.2008 wies der Bevollmächtigte der Klägerin den Beklagtenbevollmächtigten darauf hin, dass die im Kündigungsschreiben vom 12.11.2007 aufgeführte Firmenbezeichnung der Klägerin, sowie deren angegebene Adresse fehlerhaft seien und das Kündigungsschreiben daher nicht zugegangen sei. Als eine Reaktion der Beklagte nicht erfolgte, beantragte die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 28.2.2008 bei dem LG Frankfurt/M. den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Mit Beschluss vom 6.3.2008 (Az. 2/10 O 93/08 - Bl. 36/37 d.A.) untersagte das LG der Beklagten antragsgemäß, wörtlich oder sinngemäß zu behaupten, dass der bestehende Generalmietvertrag durch Kündigung vom 30.6.2008 beendet werde.
Mit Schreiben vom 11.3.2008 erklärte die Beklagte durch ihren Bevollmächtigten lediglich vorsorglich unter Beifügung einer Original-Vollmacht die Kündigung des Mietverhältnisses zum 30.9....