Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatzanspruch des Mitbewerbers bei Verstoß gegen eine Marktverhaltensvorschrift
Leitsatz (amtlich)
1. Der Umstand, dass § 3a UWG nicht den Schutz der Mitbewerber bezweckt, steht einem Schadensersatzanspruch eines Mitbewerbers nicht entgegen. Entscheidend ist insoweit, ob der Schaden, dessen Ersatz der Kläger fordert, nicht außerhalb des Schutzzwecks des § 9 UWG liegt. Daher kann ein Mitbewerber auch von demjenigen, der sich durch die Verletzung einer nicht seinem Schutz dienenden Marktverhaltensregelung einen Vorsprung im Wettbewerb verschafft hat, den ihm dadurch entstandenen Schaden ersetzt verlangen.
2. Zur Verhältnismäßigkeit des Auskunftsanspruchs sowie zur Einräumung eines Wirtschaftsprüfervorbehalts
Normenkette
ElektroG § 6 Abs. 2; UWG §§ 3a, 9
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 11.12.2019; Aktenzeichen 3-8 O 74/19) |
Tenor
I. Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird das Urteil der 8. Kammer für Handelssachen des Landgericht Frankfurt am Main vom 11.12.2019 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt,
a) der Klägerin Auskunft zu erteilen über Umfang und Dauer des Vertriebs von Whirlpools in Deutschland, die ohne ordnungsgemäß bei der nach dem Elektrogesetz zuständigen Stelle mit der für das jeweilige Elektro- und Elektronikgerät zugehörigen Marke und zugehörigen Geräteart registriert zu sein, von der Beklagten angeboten, verkauft und/oder in den Verkehr gebracht wurden, und zwar unter Angabe
- der Menge der angebotenen, verkauften und ausgelieferten Whirlpools, jeweils systematisch aufgeschlüsselt nach Modell und Stückzahl und zugleich gegliedert nach Kalenderquartal und Bundesland des Sitzes des jeweiligen Käufers;
- der hierin erzielten Umsätze einer geordneten Zusammenstellung unter Angabe Verkaufspreisen für das jeweilige Modell, gegliedert nach Kalenderquartal und Bundesland des Sitzes des jeweiligen Käufers;
- Namen und Anschrift der gewerblichen Abnehmer;
- Umfang und die Art der hierfür getätigten Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbemedium und zugleich gegliedert nach Kalenderquartal und räumliche Reichweite und bei Werbung im Internet unter Angabe der Zugriffszahlen;
wobei der Beklagten nach ihrer Wahl vorbehalten wird, die Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer nicht der Klägerin, sondern einem von ihr zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die Kosten seiner Einschaltung trägt und ihn zugleich ermächtigt, der Klägerin auf konkretes Befragen Auskunft darüber zu geben, ob ein bestimmt bezeichneter Name oder eine bestimmt bezeichnete Anschrift in der Rechnungslegung enthalten ist
b) an die Klägerin 2.085,95 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit dem 29.6.2019 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeglichen Schaden zu ersetzen, welcher der Klägerin aufgrund des Vertriebs der Beklagten von Whirlpools, die ohne ordnungsgemäß bei der nach ElektroG zuständigen Stelle mit der für das jeweilige Elektro- und Elektronikgerät zugehörigen Marke und zugehörigen Geräteart registriert zu sein, von der Beklagten seit dem 21.6.2017 angeboten, verkauft und /oder in den Verkehr gebracht wurden, entstanden ist oder noch entsteht.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Berufung und die weitergehende Anschlussberufung werden zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000,- EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I. Die Parteien streiten über Auskunfts-, Schadenersatzfeststellungs- und Abmahnkostenersatzansprüche in Zusammenhang mit einem Verstoß gegen das ElektroG. Beide Parteien sind Anbieter von Whirlpools, unter anderem auch über das Internet. Ihre Betriebssitze liegen etwa 12 km voneinander entfernt.
Nach den tatbestandlichen Feststellungen vertrieb die Beklagte ihre Whirlpools ohne die nach dem ElektroG notwendige Registrierung bei der Stiftung EAR. Ein Konkurrent der Parteien, die A GmbH erwirkte wegen der fehlenden Registrierung am 14.5.2019 eine einstweilige Verfügung (Bl. 27 und 28 d.A.), hinsichtlich derer die Beklagte eine Abschlusserklärung abgab.
Die Beklagte setzte nach Zustellung der einstweiligen Verfügung "den Betrieb" (so der Tatbestand des angefochtenen Urteils) ihrer Whirlpools fort, jedoch mit folgenden Zusätzen: "Dieses Angebot steht unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Registrierung der angebotenen Ware bei der Stiftung EAR..." bzw. "Lieferung erst nach erfolgreicher Registrierung bei der Stiftung EAR".
Hierauf mahnte die Klägerin die Beklagte wegen Verstoßes gegen § 6 Abs. 2 ElektroG ab. Die Beklagte gab eine Unterlassungserklärung ab, verweigerte jedoch die Erfüllung der Folgeansprüche.
Das Landgeric...