Entscheidungsstichwort (Thema)
Ersatz des entgangenen Gewinns erfordert Darlegung der Kalkulationsgrundlagen
Leitsatz (amtlich)
1. Entscheidet sich der Geschädigte für eine Schadensberechnung nach dem entgangenen Gewinn, ist er gehalten, die Kalkulation für seine Ware unter Darlegung der Erlöse und der produktbezogenen Kosten zu offenbaren. Es ist nicht ausreichend, ein Parteigutachten vorzulegen, das einen entgangenen Gewinn behauptet, ohne die Kalkulationsgrundlagen darzulegen.
2. Die Kausalität zwischen Verletzungshandlung und entgangenem Gewinn ist nicht schlüssig dargelegt, wenn der Verletzer die deutsche Tochtergesellschaft der ausländischen Herstellerin ist und die Waren ausschließlich ins Ausland weitergeliefert worden sind.
Normenkette
BGB § 252; StVZO § 22a Abs. 1 Nr. 6; UWG §§ 3a, 9; ZPO § 287
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 10.07.2020; Aktenzeichen 3-10 O 78/18) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 10. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main vom 10.7.2020,
3-10 O 78/18 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Parteien streiten im Wege der Stufenklage über Auskunfts- und Schadensersatzansprüche wegen eines Verstoßes gegen § 3a UWG i.V.m. § 22a Abs. 1 Nr. 6 StVZO.
Die Klägerin stellt u.a. Sattelkupplungen für LKW her, für die sie gem. § 22a Abs. 1 Nr. 6 StVZO über eine Bauartgenehmigung des Kraftfahrtbundesamtes verfügt. Die Beklagte - die über keine entsprechende Genehmigung verfügte - bot für die Kupplungen der Klägerin Ersatzteile an. In einem Rechtsstreit vor dem Landgericht Frankfurt am Main wurde die Beklagte mit Urteil vom 27.11.2013 - nach Berufungsrücknahme rechtskräftig - zur Unterlassung des Vertriebs derartiger Ersatzteile ohne Genehmigung verurteilt. Die Beklagte wurde zudem zur Auskunft darüber verurteilt, "in welchem Umfang" sie derartige Teil in den Verkehr gebracht oder verkauft hat. Gleichzeitig wurde insoweit die Schadensersatzpflicht der Beklagten festgestellt.
Die Klägerin erteilte Auskunft über den Umfang der Handlungen, schlüsselte diese jedoch zeitlich hinsichtlich der einzelnen Lieferungen nicht auf. Nach dieser Auskunft erfolgten Lieferungen nur an das deutsche Tochterunternehmen der Beklagten, das diese Ersatzteile ausnahmslos in das Ausland weiterlieferte.
Die Klägerin benötigt nach ihren Angaben die Einzelaufschlüsselung, um angesichts des volatilen Marktgeschehens im Auskunftszeitraum ihren Schadensersatz präzise berechnen zu können. Zur vorläufigen Einschätzung ließ sie durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft den Schaden aufgrund interner Gewinnmittelwerte berechnen, ohne allerdings im Gutachten die Berechnungsgrundlagen offenzulegen.
Das Landgericht hat zunächst durch Teilurteil vom 8.2.2019 die Beklagte zur näheren Auskunft über die Einzellieferungen verurteilt. Auf die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten hat die Klägerin vor dem Senat die Klage insoweit zurückgenommen, so dass eine detaillierte Auskunft durch die Beklagte nicht erteilt wurde.
Die Klägerin betreibt nunmehr auf Basis der bereits vor Klageerhebung erhaltenen (beschränkten) Informationen das Verfahren in der Zahlungsstufe weiter. Sie beziffert ihren entgangenen Gewinn weiterhin mit 3.265.215,48 EUR, von dem sie im Wege der Teilklage 20 % - also 653.043,10 EUR - geltend macht.
Das Landgericht hat durch Urteil vom 10.7.2020, auf das gem. § 540 Abs. 1 ZPO im Hinblick auf die tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Klägerin habe nicht schlüssig hinreichende Anknüpfungstatsachen vorgetragen, die eine Schätzung nach § 287 ZPO ermöglichten. Das vorgelegte Gutachten sei für eine Schadensschätzung untauglich, da die Berechnung auf den Durchschnittswerten für die Jahre 2005 - 2012 basiere. Hierbei bleibe unklar, ob sich dies zum Vorteil oder zum Nachteil der Beklagten auswirke. Dass sie über keine detaillierteren Informationen verfüge, sei der Klägerin selbst anzulasten, da sie ihren Auskunftsanspruch nicht entsprechend geltend gemacht habe. Die Klägerin sei daher verpflichtet, ihren Schaden lediglich auf Basis eines Mindestschadens zu berechnen, was indes nicht erfolgt sei.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihren erstinstanzlichen Klageantrag weiterverfolgt. Die Klägerin ist der Auffassung, das Landgericht habe die Anforderungen an ihren Vortrag überstrapaziert. Da jeder Schätzung die Ungenauigkeit immanent sei, sei die logische Konsequenz, dass die Schätzung entweder zulasten der Klägerin oder der Beklagten ausfallen könne. Die Heranziehung von Durchschnittswerte...