Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Indizien für eine Unfallmanipulation.
2. Kein Schadensersatz bei nicht aufgeklärten und in Abrede gestellten Vorschäden.
Normenkette
BGB § 823 Abs. 1; PflVG § 3 Nr. 1; StVG §§ 7, 18
Verfahrensgang
LG Hanau (Urteil vom 02.03.2006; Aktenzeichen 4 O 1084/03) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Hanau vom 2.3.2006 - 4 O 1084/03, abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtstreits hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalls in Anspruch, der sich am 23.12.2002 neben seinem Imbissstand in der Straße "..." in O1 ereignet haben soll.
Der Kläger hat behauptet, der Zeuge Z1 sei mit seinem damals bei der Beklagten versicherten Pkw nebst Anhänger aus Unachtsamkeit rückwärts gegen die rechte Seite seines neben dem Imbissstand abgestellten X gestoßen. Dabei sei ihm ein Schaden i.H.v. insgesamt 9.520,97 EUR entstanden.
Die Beklagte hat bestritten, dass es überhaupt in der angegebenen Örtlichkeit zum angegebenen Zeitpunkt zu dem behaupteten Kollisionsgeschehen gekommen sei. Falls doch, sei von einem gestellten Unfall auszugehen.
Wegen der Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils (Bl. 278-280 d.A.) Bezug genommen.
Das LG hat nach Beweiserhebung durch Vernehmung des Zeugen Z1 und Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens nebst Ergänzungen der Klage i.H.v. insgesamt 5.731,07 EUR nebst Zinsen stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, aufgrund der Beweisaufnahme davon ü-berzeugt zu sein, dass es am 23.12.2002 zu einem von dem Zeugen Z1 fahrlässig verursachten und nicht gestellten Verkehrsunfall gekommen sei, bei dem der Pkw des Klägers beschädigt worden sei.
Zwar könne die Beklagte Indizien nennen, die auf ein bewusst herbeigeführtes Schadensereignis deuteten; diese seien jedoch in ihrer Gesamtheit nicht in der Lage, einen Anscheinsbeweis für einen gestellten Unfall zu liefern. Die Überzeugung des Gerichts ergäbe sich zum einen aus der glaubhaften Aussage des - auch glaubwürdigen - Zeugen, der mit realitätstypischen, in sich schlüssigen und widerspruchsfreien Details eine typische Unfallkonstellation geschildert habe. Zum anderen habe der Sachverständige A eindeutig und überzeugend dargelegt, dass das klägerische Vorbringen und die Angaben des Zeugen technischerseits insoweit nachvollziehbar und plausibel seien, als die Schäden an der rechten hinteren Fahrzeugseite des X nach der B-Säule - im Gegensatz zu den Schäden an der rechten Tür des Fahrzeugs des Klägers - ohne Weiteres durch den Unfall verursacht worden sein könnten. Mit ihren Einwänden gegen das Gutachten vermöge die Beklagte nicht durchzudringen, so dass auch keine Veranlassung für eine neue Begutachten bestünde.
Hinsichtlich der Schadenshöhe hat das LG dem Kläger Kosten zur Instandsetzung der Unfallschäden i.H.v. 5.112,09 EUR, Kosten für das vorpro-zessual von dem Kläger eingeholte Gutachten i.H.v. 593,98 EUR sowie 25 EUR Kostenpauschale zugesprochen, die Erstattung von Mietwagenkosten und von pauschalen Kosten der Abmeldung und Neuzulassung jedoch abgelehnt.
Auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 281-284 d.A.) wird verwiesen.
Gegen dieses ihr am 13.3.2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 10.4.2006 Berufung eingelegt und diese mit einem am 8.5.2006 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Sie verfolgt das Ziel der vollständigen Klageabweisung und steht weiterhin auf dem Standpunkt, dass der Unfall tatsächlich nicht stattgefunden habe, zumindest aber ein manipuliertes Kollisionsgeschehen vorläge, was sich aus einer Reihe von näher dargelegten Indizien ergäbe. Auch sei die Aussage des Zeugen Z1 nicht glaubhaft.
Das LG habe zudem völlig außer Acht gelassen, dass der Kläger wahrheitswidrig Schäden behauptet hat, die auch nach Ansicht des Sachverständigen A nicht dem behaupteten Kollisionsgeschehen zuzuordnen seien. Im Übrigen könne aber dem Sachverständigen insoweit nicht zugestimmt werden, als er von einer 10 cm langen Schürfspur ausginge, die zu der lokalbegrenzten punktuellen Anstoßstelle im Bereich des Seitenteils hinführe; dabei handele es sich vielmehr um die Spiegelung der Unterkante der Windschutzscheibe eines anderen Fahrzeugs. Die Beklagte beantragt deshalb die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens. Schließlich rügt sie, dass das LG die Kosten für die Einholung des vorgerichtlichen Gutachtens zuerkannt habe und von einem Totalschaden ausgegangen sei.
Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er verteidigt das angefochtene Urteil.
Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze vom 8.5.2006 und 16.6.2006 Bezug genommen.
II. Die Berufung ist zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil hält einer Überprüfung nicht stand.
Der Kläger hat gegen die Beklagte aufgrund des Verkehrsunfalls ...