Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung für unlautere Werbung durch einen Suchmaschinenbetreiber zugunsten des eigenen Unternehmens
Leitsatz (amtlich)
Ein Unternehmen, das in seinem eigenen Internetauftritt irreführend mit einer nicht bestehenden Herstellergarantie geworben hat, ist gehalten, auch beim Betreiber einer Suchmaschine auf die Entfernung des Eintrags auf aus dem Cache hinzuwirken. Unterlässt das Unternehmen dies und wird die Werbung infolgedessen durch den Suchmaschinenbetreiber wiederholt, haftet das Unternehmen dafür unter dem Gesichtspunkt der Ingerenz.
Normenkette
UWG § 5
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 16.04.2019; Aktenzeichen 3-6 O 100/18) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
1. Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil der 6. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt a.M. vom 16.04.2019, 3-06 O 100/18 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor wie folgt lautet:
Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, untersagt,
Stühle mit einer Herstellergarantie zu bewerben, ohne dass tatsächlich eine Herstellergarantie gewährt wird, wenn die geschieht wie in Anlage LHR 1 wiedergegeben.
2. Die Kosten Eilverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
3. Das Urteil ist rechtskräftig.
Gründe
I. Das Landgericht hat durch Urteil vom 16.04.2019 auf das gem. § 540 I ZPO Bezug genommen wird, eine am 02.01.2019 erlassene Beschlussverfügung aufrechterhalten, wonach der Antragsgegnerin untersagt war, auf der Internetseite www.(...).de Stühle mit Herstellergarantie anzubieten, es sei denn, die Herstellergarantie erfüllt die Voraussetzungen des § 479 BGB, wenn dies geschieht wie in Anlage LHR 1 wiedergegeben.
Auf Hinweis des Senats hat die Antragstellerin ihren Verfügungsantrag in diesem Umfang zurückgenommen und ihr bisheriges Hilfsvorbringen (Verstoß gegen § 5 UWG) zum Gegenstand des Antrags gemacht.
Auf eine weitere Darstellung des Sachverhalts wird gem. §§ 540 II i.V.m. 313a ZPO verzichtet.
II. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg, nachdem die Antragstellerin ihren Verfügungsantrag teilweise zurückgenommen hat. Hinsichtlich des noch anhängigen Verfügungsantrages mangelt es weder an einem Verfügungsantrag noch an einem Verfügungsgrund.
1.) Soweit die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung einen modifizierten Antrag gestellt hat, ist hierin keine Klageänderung zu sehen. Die Antragstellerin hat schon in ihrer Antragsschrift ihren Verfügungsantrag nicht nur auf ihren vertraglichen Unterlassungsanspruch gestützt, sondern auch auf § 5a UWG unter dem Gesichtspunkt, der Verkehr werde über das Bestehen einer gesetzlichen Garantie in die Irre geführt. Sie hat es aber unterlassen, diesen - in erster Instanz nur hilfsweise - geltend gemachten weiteren Streitgegenstand auch in einer entsprechenden - hilfsweisen - Antragsformulierung abzubilden. Dies hat sie auf einen Hinweis des Senats (§ 139 I 2 ZPO) in der Verhandlung vor dem Senat zulässigerweise nachgeholt.
Aufgrund dessen fehlt es auch nicht an der notwendigen Dringlichkeit. Der Hilfsanspruch war bereits im Verfügungsantrag enthalten; er ist damit nicht erst im Berufungsverfahren geltend gemacht worden.
2.) Die Bewerbung von Stühlen durch die Antragsgegnerin mit einer tatsächlich nicht vorhandenen Herstellergarantie in einem Google-Snippet stellt eine Irreführung über die Rechte des Verbrauchers nach § 5 I 2 Nr. 7 UWG dar, für die die Antragsgegnerin auch verantwortlich ist.
a) § 5 I 2 Nr. 7 UWG untersagt die Irreführung hinsichtlich der Rechte von Verbrauchern, wobei der Begriff der "Rechte des Verbrauchers" eine weite Bedeutung hat und hiermit, wie sich aus dem Wortlaut der Vorschrift ("einschließlich") ergibt, nicht lediglich Gewährleistungsrechte, sondern sämtliche Rechte des Verbrauchers gemeint sind. Daher stellt auch die Werbung mit einer Herstellergarantie in dem streitgegenständlichen Snippet (Anlage LHR 1), die tatsächlich nicht existiert, eine Irreführung über Verbraucherrechte dar.
b) Für diese Irreführung ist die Antragsgegnerin auch verantwortlich, da sie durch ihr vorangegangenes rechtswidriges Tun eine Garantenpflicht innehatte, aufgrund derer sie bei Google auf eine unverzügliche Entfernung der inkriminierten Seite aus dem Index und dem Cache hätte bewirken müssen, was auch das streitgegenständliche Snippet verhindert hätte.
(1) Zwar haftet als Täter grundsätzlich nur, wer eine eigene Handlung vornimmt. Indes kann das Unterlassen dann einem positiven Tun gleichstehen, wenn eine Erfolgsabwendungspflicht besteht. Diese kann sich grundsätzlich aus Gesetz, Vertrag oder vorausgegangenem gefahrerhöhendem Tun (Ingerenz) ergeben (BGH GRUR 2014, 883, Rnr. 16 - Geschäftsführerhaftung; BGH GRUR 2001, 82, 83 - Neu in Bielefeld I). Zwar kann nicht jedes gefahrerhöhende Tun für sich genommen zu wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflichte...