Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Frage der Haftung einer Hebamme bei geburtshilflicher Tätigkeit im Krankenhaus
Normenkette
HebBO § 2
Verfahrensgang
LG Limburg a.d. Lahn (Urteil vom 25.07.2014; Aktenzeichen 2 O 359/10) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 25.7.2014 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Limburg (Az.: 2 O 359/10) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Das am 25.7.2014 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Limburg und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zu 2 vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin macht Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche wegen einer vorgeblich fehlerhaften Behandlung im Rahmen ihrer Geburt am ... 2007 geltend. Diese Ansprüche hat sie im ersten Rechtszug gegen die als Belegarzt bzw. Beleghebamme tätigen Beklagten zu 1 und zu 2 sowie gegen die Trägerin des in Stadt1 betriebenen Kreiskrankenhauses - die vormalige Beklagte zu 3 - gerichtet.
Am ... 2007 suchten die Eltern der Klägerin nach dem Einsetzen der Wehen bei der Kindesmutter um 9:20 Uhr die geburtshilfliche Belegabteilung des vormaligen Beklagten zu 1 im Krankenhaus Stadt1 auf. Hier betreute sie die Beklagte zu 2 zunächst allein. Diese verfügte über eine Berufserfahrung von etwa 30 Jahren, nicht aber über eine Berufshaftpflichtversicherung.
Auf Empfehlung der Beklagten zu 2 begab sich die Mutter der Klägerin zunächst in die Seitenlage und erhielt ab 11:35 Uhr zunächst 10 Tropfen pro Minute Oxytocin. Um 11:45 Uhr erschien der herbeigerufene Beklagte zu 1, erhöhte - entgegen der Hinweise der deswegen schwere Schäden fürchtenden Beklagten zu 2 - kurz darauf die Oxytocingabe auf 120 Tropfen pro Minute und veranlasste die Mutter, sich in die Rückenlage zu begeben. Nachdem ihr Kopf geboren worden war, drehte sich die Klägerin noch einmal im Geburtskanal. Dabei verhakte sich die Schulter der Klägerin, so dass diese erst mit Hilfe eines vom dem Beklagten zu 1 angeordneten Mc-Roberts-Manövers geboren werden konnte.
Obwohl die Beklagte zu 2 die Eltern der Klägerin informierte, dass eine weitere Beobachtung in dem Krankenhaus angebracht sei, verließen diese das Krankenhaus auf eigenen Wunsch, nachdem ihnen nahegelegt worden war, binnen 24 Stunden einen Kinderarzt aufzusuchen.
Die von der Beklagten zu 2 zu ihrer Tätigkeit erstellte Dokumentation (Anlage B II/1, Bl. 64 f. d.A.) enthält neben einer zeitlichen Beschreibung des Geburtsverlaufs nur einen Hinweis auf eine schwere Schulterentwicklung. Der Beklagte zu 1 hat sie zu nicht näher bekannten Änderungen der Krankenunterlagen aufgefordert, die er dann selbst ausgeführt hat. Die Dokumentation des Beklagten zu 1 enthält Angaben zu der Vornahme des Mc-Roberts-Manöver.
Der am Folgetag aufgesuchte Kinderarzt und sodann das städtische Klinikum Stadt2 attestierten eine bei der Klägerin linksseitig aufgetretene Plexusparese. In einem im Auftrag der gesetzlichen Krankenkasse der Eltern der Klägerin erstellten Gutachten des MDK A vom 31.3.2009 nahm der Gutachter B eine nicht leitliniengerechte Behandlung der unvermeidbar aufgetretenen Schulterdystokie an. Die nachgeburtlich aufgetretene Lähmung der Klägerin sei durch von der Beklagten zu 2 unsachgemäß aufgewandte Zugkräfte erklärbar (Anlage K 1, Bl. 19 ff. d.A.). Die Beklagte zu 2 beendete wegen Ablauf und Entwicklung des vorliegenden Geburtsschadens ihre Berufstätigkeit.
Am 10.6.2009 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten zu 1 eröffnet. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 10.8.2011 (BI. 170. d.A.) die gegen den Beklagten zu 1 gerichtete Klage zurückgenommen, der daraufhin Kostenantrag gestellt hat. Die gegen die Beklagte zu 3 gerichtete Klage hat sie nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem LG mit bereits vorab erteilter Zustimmung der Beklagten zu 3 wieder zurückgenommen.
Die Klägerin hat erstinstanzlich behauptet, die Beklagte zu 2 habe nach dem Austreten ihres Kopfes noch mehrfach daran gezogen. Sie habe trotz mehrfacher Aufforderung des Beklagten zu 1, das zu unterlassen, ihre weiter gehende Handlung fortgesetzt, bis dieser sie beiseite gestoßen habe. Das habe bei ihr zu der aufgetretenen Lähmung geführt. Ihre Haut sei nach der Geburt bläulich-grau verfärbt gewesen.
Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,
1. die Beklagte zu 2 zu verurteilen, an sie zu zahlen:
EUR 57.580,20 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit, ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch EUR 60.000,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit,
EUR 5.283,00 vierteljährlich im Voraus, beginnend ab dem 1.8.2010 bis zum ...