Leitsatz (amtlich)
Die Rechtssache wird dem BVerfG vorgelegt zur Entscheidung darüber, ob ein von einem Schuldnerstaat ausgerufener Staatsnotstand zur Verweigerung bestehender und fälliger Zahlungsverpflichtungen berechtigt und ob ein solcher Satz des Völkerrechts auch im Falle der klageweisen Geltendmachung von Forderungen aus Staatsanleihen durch private Gläubiger vor deutschen Gerichten nach Art. 25 GG bindend ist.
Normenkette
GG § 25; ZPO § 148
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-21 O 509/02) |
Gründe
I. Der Arrestkläger ist Inhaber von 10,25 % Inhaberteilschuldverschreibungen des beklagten Landes mit einem Nennwert von insgesamt 50.000 DM sowie von 11,75 % lnhaberteilschuldverschreibungen des Landes Argentinien von insgesamt 260.000 DM. Für den Inhalt der Anleihebedingungen wird auf Bl. 4 d.A. verwiesen, mit denen sich das Land der ausschließlichen Gerichtsbarkeit jedes deutschen Gerichts mit Sitz in Frankfurt/M. unterwirft (§ 11 Ziff. 2).
Außerdem verzichtet es unwiderruflich auf seine Immunität in Bezug auf seine Verpflichtung aus den Teilschuldverschreibungen (11 Ziff. 5 ALB).
Seit Jahren ist das Land mit wirtschaftlichen Problemen belastet, die es dazu veranlasst haben, am 12.12.2001 per Gesetz den nationalen Notstand "auf sozialem wirtschaftlichem, administrativem, finanziellem und währungspolitischem Gebiet" auszurufen. Mit Verordnung vom 6.2.2002 setzte das beklagte Land die Bedienung von Auslandsschulden aus, um im Wege von Verhandlungen eine Umschuldung zu erreichen. Die Zahlungen auf die von ihm gegebenen Anleihen wurden eingestellt; auf die streitgegenständlichen Wertpapiere sind bisher keinerlei Zahlungen erbracht worden.
Mit Einschreiben vom 7.8.2002 kündigte der Arrestkläger bei der A. Bank AG die vorgenannten Anleihen. Die ProzessbevolImächtigten des Landes Argentinien zeigten mit Schriftsatz vom 25.10.2002 dessen anwaltliche Vertretung vor dem LG Frankfurt/M. in der Hauptsache 2-21 O 93/02 an.
Durch Beschluss des erkennenden Senats (8 W 68/02) vom 28.10.2002 (Bl. 46-49 d.A.) ist der dingliche Arrest über das Vermögen des Landes wegen 25.564,59 EUR nebst 10,25 % Zinsen seit dem 6.2.2001 aus den lnhaberteilschuldverschreibungen mit der Wertpapierkennnummer ... sowie wegen weiterer 132.935,88 EUR nebst 11,75 % Zinsen seit dem 20.5.2001 aus den lnhaberteilschuldverschreibungen mit der Wertpapierkennnummer ... sowie wegen einer Kostenpauschale von 18.000 EUR angeordnet worden.
Völkerrechtliche Fragen werden dabei nicht angeschnitten. Die Zustellung des Arrestbeschlusses erfolgte am 30.10.2002.
Einen am 4.11.2002 gestellten Antrag des Arrestklägers beim Grundbuchamt des AG Bonn auf Eintragung einer Sicherungshypothek betreffend ein Grundstück des beklagten Landes hat das AG mit der Begründung zurückgewiesen, das Grundstück diene für diplomatische Zwecke Argentiniens. Über eine hiergegen erhobene Beschwerde ist noch nicht entschieden.
Mit Schreiben vom 4.11.2002 übersandte der Anwalt des Arrestklägers dem Vertreter des beklagten Landes den Beschluss vom 28.10.2002 zum Zwecke der Zustellung von Anwalt zu Anwalt. Der Empfänger bestätigte den Inhalt des Schreibens mit Brief vom 5.11.2002, sandte jedoch das Empfangsbekenntnis nicht zurück.
Gegen den Arrestbeschluss hat das beklagte Länd am 19.11.2002 Widerspruch erhoben. Es hält einen Arrestanspruch nicht für gegeben. Ansprüche aus den streitgegenständlichen lnhaberschuldverschreibungen seien aus Gründen des Völkerrechts sowie der Regeln des internationalen Privatrechts suspendiert. Wegen eingetretener Zahlungsunfähigkeit könne es sich auf einen völkerrechtlichen Notstand berufen. Die Zahlungsunfähigkeit könne nur durch geordnete Verhandlungen mit allen Gläubigern beseitigt werden. Bei einer Verurteilung müsse es sich auf breiter Front gegen Vollstreckungen wehren, womit eine Gesamtlösung mit allen Gläubigern nicht mehr möglich sei. Es liege ein völkerrechtlicher Notstand vor, der nach Art. 25 GG von jedem Gericht zu beachten sei.
Im Übrigen sei der Arrest nicht innerhalb der Monatsfrist des § 929 II ZPO vollzogen und nicht innerhalb der Wochenfrist des § 929 III ZPO zugestellt worden.
Mit dem angefochtenen Urteil vom 14.3.2003 hat sich das LG auf den lmmunitätsverzicht des beklagten Landes bezogen sowie darauf, dass den Forderungen aus den Anleihen kein hoheitliches Handeln zugrunde liege. Dem Arrestverfahren stehe auch nicht die Unklagbarkeit nach Artikel VIII 2 (b) S. 1 des IWF-Übereinkommens (BGBI.1978 II 13, 34 f., Bretton-Woods-Abkommen-IWF-Ü) entgegen. Danach seien Forderungen aus Devisenkontrakten unklagbar, nicht aber Zahlungen im Rahmen des internationalen Kapitalverkehrs. Die Inhaberschuldverschreibungen seien als traditionelle Anlagetitel dem Kapitalmarkt zuzurechnen.
Das Bestehen eines völkerrechtlichen Notstandes könne das beklagte Land nicht einwenden. Im Zusammenhang mit dem Bau eines Staudamms habe der IGH auf diesen Begriff Bezug genommen; es bleibe aber zweifelhaft, ob es sich dabei um eine allgemein anerkannte Regel des Völke...