Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterbrechung und Aufnahme des Prozesses bei auf § 1 UKlaG gestützten Unterlassungsansprüchen gegen den Insolvenzschuldner
Leitsatz (amtlich)
1. Nach § 240 Abs. 1 ZPO wird ein Rechtsstreit wegen Unterlassungsansprüchen nach §§ 1, 4 UKlaG unterbrochen. Zu den die Insolvenzmasse betreffenden Ansprüchen zählen gegen die Insolvenzschuldnerin gerichtete Unterlassungsansprüche wegen der Verwendung von nach §§ 307 bis 309 BGB unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach §§ 1, 4 UKlaG. Dies gilt auch bei Anordnung der Eigenverwaltung nach § 270 InsO.
2. Das Verfahren wegen auf §§ 1, 4 UKlaG gestützte Ansprüche kann vom Kläger als Passivprozess nach § 86 Abs. 1 Nr. 3 InsO (analog) aufgenommen werden. Die Norm findet auch auf Unterlassungsansprüche nach dem UKlaG wegen der Verwendung von nach §§ 307 bis 309 BGB unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingungen analoge Anwendung.
Normenkette
BGB § 306; InsO §§ 86, 117, 270; UKlaG §§ 1, 4; ZPO §§ 240, 250
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen ZwU 21.4.2020, 2-24 O 111/19) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Auf die Berufung des Klägers wird das Zwischenurteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21. April 2020, Az.: 2-24 O 111/19, aufgehoben. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten nicht mehr unterbrochen ist.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf EUR 4.000,- festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten im Berufungsverfahren darüber, ob der Rechtsstreit durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten am 1. Dezember 2020 nach § 240 ZPO unterbrochen und das insoweit ergangene Zwischenurteil des LG Frankfurt zu Recht ergangen ist.
Der Kläger, ein Verbraucherschutzverband i.S. des § 4 UKlaG, nimmt die Beklagte nach vorausgegangener und erfolglos gebliebener Abmahnung mit der Beklagten am 9. September 2019 zugestellten Klage in der Hauptsache auf Unterlassung der Verwendung bestimmter Klauseln in ihren AGB in Flugbeförderungsverträgen in Anspruch. Wegen des Inhaltes der beanstandeten Klauseln nimmt der Senat auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug.
Am 1. Dezember 2019 wurde über das Vermögen der Beklagten das Insolvenzverfahren eröffnet und es wurde nach § 270 InsO die Eigenverwaltung angeordnet. In der Klageerwiderung vom 10. Dezember 2019 teilte dies der Beklagtenvertreter mit und wies darauf hin, dass die Ansicht vertreten werde, dass das Verfahren nach § 240 ZPO unterbrochen sei. Der Verfahrensbevollmächtigte der Beklagten führte in diesem Schriftsatz noch weiter zur Sache aus und machte u.a. geltend, dass die Verwendung der beanstandeten Klauseln in den AGB zulässig sei, weil weder Intransparenz i.S. des § 308 Nr. 4 BGB bestehe noch mangels zumutbarer Möglichkeit der Kenntnisnahme der Verbraucher von den AGB, auf die verwiesen werde, gegen § 305 Abs. 2 BGB verstoßen werde.
Am 6. Januar 2020 wies das Gericht darauf hin, dass es von einer Unterbrechung des Verfahrens ausgehe. Dieser Ansicht schloss sich die Beklagte mit Schriftsatz vom 14. Januar 2020 an. Der Kläger vertrat in seinen Schriftsätzen vom 8. Januar (Bl. 64 ff. GA) und vom 10. Januar 2020 (B. 71 ff. GA) die Ansicht, bei Anordnung der Eigenverwaltung trete keine Unterbrechung des Verfahrens nach § 240 ZPO ein, dies auch deshalb, weil bei der Fortsetzung der Geschäftstätigkeit der Schuldnerin im Rahmen der Eigenverwaltung der Flugbetrieb fortgesetzt werde und deshalb auch die Untersagung der Weiterverwendung der Klauseln prozessual möglich sein müsse.
Das Landgericht hat - bei Säumnis der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung am 21. April 2020 - durch Zwischenurteil nach § 303 ZPO die Unterbrechung des Verfahrens nach § 240 ZPO festgestellt. Es hat ausgeführt, die Anordnung der Eigenverwaltung nach § 270 ff. InsO stehe der Unterbrechung des Verfahrens aufgrund der Insolvenz nicht entgegen. Auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung (Bl. 91 und 92 GA) nimmt der Senat wegen der Einzelheiten Bezug.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, die er am 2. Juni 2020 eingelegt und mit dem Beklagtenvertreter am 5. August 2020 zugestellten Schriftsatz vom 30. Juli 2020 begründet hat. Er ist weiter der Ansicht, das Verfahren sei wegen der Besonderheiten des abstrakten Klauselverbandsverfahrens nach § 1 UKlaG und der Anordnung der Eigenverwaltung nicht unterbrochen. Sie meint, bei Anordnung der Eigenverwaltung nach § 270 ZPO trete kein Wechsel der Prozeßführungsbefugnis ein, diese liege weiter bei der Schuldnerin. Es bestehe auch ein Bedürfnis an einer Sachentscheidung, weil die Klauseln in noch unverjährter Zeit benutzt worden und bei Verstoß der beanstandeten Klauseln gegen die §§ 305 bis 309 BGB diese nichtig seien und nicht mehr verwendet werden dürften. Die danach unwirksamen Klauseln fiel...