Entscheidungsstichwort (Thema)
Diesel-Skandal: Keine Ansprüche für im November 2011 gekauften Porsche Cayenne mit Motor EA898Gen2
Verfahrensgang
LG Limburg a.d. Lahn (Urteil vom 13.10.2021; Aktenzeichen 2 O 391/20) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Limburg a.d. Lahn vom 13.10.2021 - Az. 2 O 391/20 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Das angefochtene Urteil und das Berufungsurteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche wegen behaupteter unzulässiger Abschalteinrichtungen in einem Fahrzeug der Marke Porsche Cayenne geltend, das er mit Kaufvertrag vom 21.1.2011 von einem dritten Händler zu einem Kaufpreis von EUR 70.426,12 mit einem Kilometerstand von 20 km erworben hatte.
Das Fahrzeug ist mit einem 3.0 l V6-TDI Motor vom Typ EA898Gen2 der Schadstoffklasse EU5 ausgestattet, der von der Audi Hungaria Kft entwickelt und der der Beklagten angepasst wurde. Das Fahrzeug unterliegt keinem Rückruf durch das Kraftfahrtbundesamt (nachfolgend KBA).
Wegen des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die Klage abgewiesen.
Die Berufung des Klägers ist nur gegen die Beklagte zu 1 gerichtet, mit welcher er die gegen diese gerichteten Schadensersatzansprüche weiterverfolgt. Der Kläger rügt, dass das Landgericht die im Lichte der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu stellenden Substantiierungsanforderungen des Klägers überspannt und sein Recht auf rechtliches Gehör habe. Das Landgericht beschäftige sich nicht mit dem Vortrag des Klägers zu den Initialisierungsparametern der Aufheizstrategie, die derart funktioniere, dass sie nur beim gleichzeitigen Vorliegen einer Vielzahl von Schaltkriterien i.S. einer "UND-Verknüpfung" aktiv sei. Bei dieser Konstellation werde von einer faktischen Prüfstandserkennung gesprochen, die auf die Rahmenbedingungen des Prüfzyklus reagiere und (fast) nur dort die Emissionen mindere, so dass im Ergebnis genauso getäuscht werde wie durch die sog. "Umschaltlogik". habe zur Existenz der "Aufheizstrategie" bzw. "Warmlaufstrategie" im Klägerfahrzeug nach den Maßstäben der höchstrichterlichen Rechtsprechung hinreichend substantiiert vorgetragen (vgl. Schriftsätze vom 17.5.2021/GA 256 ff und vom 26.8.2021/GA 405 ff). Die Aufheizstrategie komme ebenfalls im Klägerfahrzeug mit EU5 3.0 l V6-VDI Motor bzw. dessen Motorsteuerung zu Anwendung. Ebenso übergehe das Landgericht, dass die Beklagte dem klägerischen Vortrag zur Verwendung der Aufheizstrategie im streitgegenständlichen Motor nicht substantiiert entgegengetreten sei. Des Weiteren lasse das Landgericht vollständig unberücksichtigt, dass unstreitig betreffend den streitgegenständlichen Motor 3.0 l V6-TDI Motor der Beklagten in der Variante EU 5 emissionsbezogene Rückrufe angeordnet worden seien (vgl. Schriftsatz vom 17.5.2021, Seite 3 und Anlage K 8/GA 264).
Das KBA stufe die Aufheizstrategie teils als zulässige, teils als unzulässige Abschalteinrichtung ein: Sei die Aufheizstrategie zur Einhaltung des Grenzwerts (bei EU5-Fahrzeugen von 180 mg. NOx/km) kausal erforderlich, erfolge ein Pflichtrückruf; sei diese nicht kausal zur Grenzwerteinhaltung erforderlich, werde die Aufheizstrategie nur im Rahmen eines sog. freiwilligen Softwareupdates entfernt. Das KBA subsumiere die Grenzwertkausalität unter die Ausnahmevorschrift des Art. 5 Abs. 2 lit. c) der VO (EG) 715/2007. Diese Sichtweise sei so eklatant falsch, dass die Beklagte hiermit bei Inverkehrbringen des Fahrzeuges nicht habe rechnen können. Es handele sich um ganz offensichtlich falsches Verwaltungshandeln Insoweit verweist die Berufung auf die erstinstanzlichen Ausführungen des Klägers mit Schriftsatz vom 30.9.2021 (GA 466 ff) einschließlich der dort vorgelegten Anlagen K 18 (GA 471) und K 19 (GA 472 ff).
Vorsatz und Sittenwidrigkeit der Verwendung der Aufheizstrategie ergebe sich nicht nur aus deren Wirkungsweise als faktische Prüfstanderkennung, sondern ohne Weiteres aus der Nichtangabe der Funktion im Rahmen des Typgenehmigungsverfahrens. Um eine Beurteilung von Vorsatz und Sittenwidrigkeit durchführen zu können hätte das Landgericht zunächst mit der Funktionsweise der Aufheizstrategie beschäftigten müssen.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 70.426,12 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs Porsche Cayenne Diese...