Verfahrensgang
LG Kassel (Urteil vom 24.09.1996; Aktenzeichen 12 O 4368/95) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Kassel vom 24. September 1996 teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 135.526,55 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 24. März 1995 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 170.000,00 DM abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Beklagten wird nachgelassen, die von ihr zu leistende Sicherheit in Form einer unwiderruflichen, unbedingten und unbefristeten Bürgschaft eines als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Kreditinstitutes zu erbringen.
Die Beschwer der Beklagten beträgt 135.526,55 DM.
Tatbestand
Die Beklagte erteilte der Klägerin am 15.6.1994 den Auftrag zur Verkleidung ihres Verwaltungsgebäudes in … mit Natursteinplatten. Diesem Auftrag war eine Ausschreibung der Beklagten vorausgegangen, auf die die Klägerin ein Angebot abgegeben hatte. Am 9.6.1994 verhandelten die Parteien über das Angebot der Klägerin und unterschrieben am Schluß ein Verhandlungsprotokoll, in dem die ausgehandelten Einzelheiten des Vertrages handschriftlich eingetragen waren. Mit einem Vordruck dieses Protokolls, das für die auszuhandelnden Punkte (Preise, Termine) Raum für handschriftliche Eintragungen ließ, war die Beklagte in die Verhandlung gegangen. Auf Seite 3 des vorbereiteten Protokolls stand unter der Überschrift „Vertragsstrafe für Terminüberschreitung”:
„Eine Überschreitung des vereinbarten … unterliegt ab … einer Vertragsstrafe von … % je angefangene Woche, maximal …% jeweils vom Gesamtauftragswert. Die Geltendmachung der Vertragsstrafe behalten wir uns bis zur vereinbarten Schlußzahlung vor.”
In der Verhandlung wurden die Worte „Fertigstellungstermine”, das Datum 2.1.1995 und die Zahl 1 % bzw. 5 % handschriftlich eingesetzt.
Am 15.6.1994 erteilte die Beklagte der Klägerin den Auftrag zu den im Verhandlungsprotokoll vom 9.6.1994 festgelegten Bedingungen, später noch mehrere Nachtragsaufträge mit dem Zusatz „im übrigen gelten die Bedingungen des Hauptauftrages unverändert.” Die Klägerin beendete ihre Arbeiten erst in der 7. Kalenderwoche 1995. Die Beklagte behielt sich bei der Abnahme am 9.2.1995 die Vertragsstrafe vor und behielt von den von ihr akzeptierten Nettobetrag der Schlußrechnung in Höhe von 2.829.6.90,08 DM, über den kein Streit besteht, 5 % Vertragsstrafe, nämlich 141.484,50 DM ein. Die Klägerin widersprach dem Einbehalt der Vertragsstrafe und forderte die Beklagte mit Schreiben vom 15.3.1995 erfolglos auf, den noch offenen Betrag bis zum 23.3.1995 zu zahlen.
Sie hält das Vertragsstrafeversprechen für unwirksam.
Sie hat, insoweit unwidersprochen vorgetragen, die Vertragsstrafenregelung sei eine Klausel, die die Beklagte in sämtlichen Bauaufträgen, die sie vergebe, wortgleich verwende. In dem Schreibprogramm, mit dem die Beklagte Leistungen ausschreibe, sei diese Klausel gespeichert.
Bei der Besprechung am 9.6.1994 habe die Beklagte die Einbeziehung der vorformulierten Vertragsstrafebedingung in den Vertrag verlangt und eine Verhandlung über die Streichung des Vertragsstrafeversprechens oder dessen Inhalt ausdrücklich abgelehnt. Die Klägerin habe daher keine Möglichkeit gehabt, den Inhalt dieser Vertragsbedingung, soweit es um die Berücksichtigung eines Verschuldens für die Fristüberschreitung gegangen sei, zu beeinflussen (Beweis: Zeuge …).
Tatsächlich habe sie die Fristüberschreitung nicht zu vertreten, weil ihre Arbeiten sich durch unvorhergesehene Umstände, nämlich eine umfangreichere Betonsanierung als vorgesehen und die Verzögerung des Einbaus neuer Fenster, nicht mehr termingerecht hätten ausgeführt werden können. Die Fertigstellungsfrist sei deshalb auch bis Ende Januar 1995 verlängert worden.
Sie hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 141.484,49 DM nebst 9 % Zinsen seit dem 24.3.1995 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, die Parteien hätten wirksam eine verschuldensunabhängige Vertragsstrafe vereinbart und behauptet, die Vertragsstrafenklausel sei individuell ausgehandelt worden. In der Verhandlung am 9.6.1994, bei der der Verhandlungsführer der Klägerin die Interessen der Klägerin sehr nachdrücklich vertreten habe, seien die Fertigstellungstermine und anschließend die Frage besprochen worden, ob und ggf. welche Vertragsstrafe verwirkt werden solle. Über diesen. Punkt sei sehr eingehend verhandelt worden. Das Verhandlungsprotokoll Seite 3 oben, sei erst ausgefüllt worden, nachdem über die Fragen, ab wann, welche Einzelstrafe pro Woche und welche Höchststrafe Übereinstimmung erzielt worden sei. (Beweis Zeuge Noll).
Die Beklagte habe auch gewichtige Gründe gehabt, eine verschuldensunabhängige Vertragsstrafe zu vereinbaren, weil die Arbeiten eine erhebliche Belästigung der Anwo...