Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 01.08.2019; Aktenzeichen 2-23 O 399/17) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 01.08.2019 verkündete Urteil des Einzelrichters der 23. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 10.480,89 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.01.2017 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung und die Anschlussberufung werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Zwangsvollstreckung des Vollstreckungsgläubigers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zur Vollstreckung gebrachten Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche nach Widerruf eines Lebensversicherungsvertrages bzw. Schadensersatzansprüche wegen Aufklärungspflichtverletzung geltend.
Bei der Klägerin handelte es sich um einen Investmentfonds, der seinen Geschäftsbetrieb ohne Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht betrieb und deshalb abgewickelt wird. Bis Ende 2014 firmierte sie als A AG & Co.KG mit der persönlich haftenden Gesellschafterin B AG. Danach firmierte sie zu der jetzigen Firma um. Herr C führte durchgehend die Geschäfte der Klägerin. Er vermittelte seit 1991 Lebensversicherungen und wurde am 31.12.2012 in das Versicherungsvermittlerregister als Versicherungsmakler mit Erlaubnis nach § 34d Abs. 1 GewO eingetragen. Die Beklagte ist ein in Land1 ansässiger Lebensversicherer.
Herr C trat im Herbst 2013 an die Beklagte heran, wobei die Einzelheiten hierzu zwischen den Parteien streitig sind. Herr D, ein Mitarbeiter der Beklagten, übersandte der Klägerin per E-Mail am 23.07.2013 folgende Antragsunterlagen (Anlage B 3, Bl. 155 der Akte):
- eine Zusammenfassung der ausgehändigten Unterlagen,
- den Antrag auf Abschluss einer fondsgebundenen Lebensversicherung mit Einmalprämie nach Tarif E,
- das Produktionsinformationsblatt für diese Lebensversicherung,
- das Informationsblatt gemäß VVG-InfoV,
- die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für eine fondsgebundene Lebensversicherung mit Einmalprämie nach Tarif E Unisex,
- die Gebührenvereinbarung,
- das Formular "Anlagestrategie, Risikohinweis und Erklärung des Versicherungsnehmers zum Beratungsgespräch" mit entsprechenden Risikohinweisen,
- das Datenverarbeitungsblatt.
Herr C füllte die Formulare eigenhändig aus. Als Versicherungsnehmerin war die Klägerin vorgesehen, versicherte Personen waren Herr C und seine Frau. Die Versicherungsleistung sollte bei Tod der letztversterbenden Person fällig werden. Als Versicherungsbeginn war der 01.10.2013 angegeben, wobei sich hier in dem Formular folgender Hinweis findet: "stets per Monatsersten, frühestens der nächste Monatserste nach Prämienzahlung". Der Einmalbeitrag sollte 500.000,00 EUR betragen. Unmittelbar über den Unterschriften findet sich in einer Umrahmung die fettgedruckte Überschrift "Widerrufsrecht". Es schließt sich folgender Text an:
"Gemäß § 8 VVG steht mir ein gesetzliches Widerrufsrecht vom Vertrag zu. Ich kann innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Abschluss des Vertrages, d.h. nach Zusendung der Police vom Vertrag zurücktreten. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung der Rücktrittserklärung an den Versicherer. Die Frist beginnt zu laufen, wenn der Versicherer den Versicherungsnehmer über sein Widerrufsrecht belehrt und der Versicherungsnehmer die Belehrung durch Unterschrift bestätigt hat. Unterbleibt die Belehrung, so erlischt das Widerrufsrecht einen Monat nach Zahlung der ersten Prämie".
In dem Formular "Anlagestrategie, Risikohinweise und Erklärung des Versicherungsnehmers zum Beratungsgespräch" kreuzte Herr C an "Vermögensverwaltung mit Fonds". Unter Risikoneigung kreuzte er die höchste von sechs Varianten "hoch" an. Weiter ist handschriftlich hinzugefügt "VV durch X" und angekreuzt "eigene Auswahl von Fonds und Zertifikaten". Auf Seite 3 des Formulars befinden sich verschiedene Risikohinweise. Auf Seite 4 kreuzte er die Risikoklasse 4 an, wobei dort erläutert wird: "Risikobewusste Veranlagung; sehr hohe Ertragserwartung und Risikobereitschaft; Totalverlust möglich, z.B. Edelmetallfonds, FX-Anlagestrategien". Unter Punkt 4 findet sich eine Bestätigung, dass über verschiedene Punkte und Risiken aufgeklärt wurde. Hier kreuzte Herr C sämtliche Punkte an.
Ferner unterzeichnete Herr C ein Datenverarbeitungsblatt, in dem der Text unmittelbar vor der Unterschrift lautet: "Mit Ihrer Unterschrift bestätigen Sie, dass ... Außerdem stimmen Sie mit Ihrer Unterschrift zu, dass der Versicherungsschutz ggf. vor Ablauf der ...