Verfahrensgang

LG Darmstadt (Urteil vom 03.04.2020; Aktenzeichen 27 O 221/19)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 03.04.2020 verkündete Urteil der 27. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt (Az.: 27 O 221/19) wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis 35.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Fahrzeugs der Marke VW Multivan Trendline 2.0 TDI BM Technology. Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor des Typs EA288 (EURO 6) ausgestattet. Die Beklagte ist Herstellerin des Motors.

Gemäß Kaufvertrag vom 27.04.2016 kaufte der Kläger beim ... das o. g. Fahrzeug als Neufahrzeug. Der Kaufpreis betrug 36.320,00 EUR.

Der Kläger begehrte zunächst Zahlung in Höhe von 36.320,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 4 % seit dem 27.04.2016 bis zum 03.07.2019 und in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.07.2019, Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs, und die Feststellung, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet. Ferner begehrte der Kläger die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.832,01 EUR nebst Zinsen.

Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat mit am 03.04.2020 verkündeten Urteil die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es könne dahingestellt bleiben, ob der Motor EA288 über eine oder mehrere Abschaltvorrichtungen verfüge.

Ein Anspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB scheide bereits deshalb aus, weil es an einer Bereicherungsabsicht der Beklagten bezogen auf einen stoffgleichen Vermögensschaden des Klägers fehle.

Eine Haftung der Beklagten könne auch nicht auf §§ 823 Abs. 2 i. V. m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV gestützt werden. Die Verletzung eines Schutzgesetzes sei nicht anzunehmen. Die Regelung in § 27 EG-FGV sei kein Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB.

Ein Anspruch aus § 826 BGB sei ebenfalls nicht gegeben, denn eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung liege nicht vor. Der Anspruch des Klägers falle nicht in den Schutzbereich der Norm. Im Übrigen fehle es an einem Schaden. Das Fahrzeug sei weiterhin betriebsfähig und verfüge über die erforderlichen Genehmigungen. Die Betriebserlaubnis sei wegen der vermeintlich unzulässigen Abschaltvorrichtung nicht nach § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 StVZO erloschen.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er seine Ansprüche weiterverfolgt. Hinsichtlich des Klageantrages zu 1. begehrt er die Zahlung in Höhe von 30.860,38 EUR und berücksichtigt dabei den Abzug einer Nutzungsentschädigung.

Zur Begründung führt der Kläger aus, der Einsatz des Thermofensters sei illegal, das Fahrzeug verfüge nicht über alle Genehmigungen. Er sei seiner Substantiierungspflicht bezüglich des Vorliegens einer unzulässigen Abschalteinrichtung und deren Verwerflichkeit vollumfänglich nachgekommen. Das Landgericht habe entscheidungserheblichen Tatsachenvortrag des Klägers zu einem etwaigen Minderwert der vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge pauschal verneint.

Die Beklagte habe gegen die guten Sitten verstoßen und dem Kläger vorsätzlich Schaden zugefügt. Die verwendete Abschalteinrichtung sei als verbotene Abschalteinrichtung i. S. d. Art. 5 Abs. 1 und 2 VO (EG) 715/2007 zu qualifizieren. Es drohe der Widerruf der Typgenehmigung. Der nach § 826 BGB ersatzfähige Schaden sei weit zu fassen, da er nicht an die Verletzung bestimmter Rechte oder Rechtsgüter anknüpfe. Wegen des Mangels, der zur Rechtswidrigkeit der EG-Typgenehmigung führe und damit die Zulassung des Fahrzeugs gefährde, sei gerade der intendierte Hauptzweck des Fahrzeugs, im öffentlichen Straßenverkehr nutzbar zu sein, bereits vor der tatsächlichen Stilllegung unmittelbar gefährdet. Der Schaden liege darin, dass der Käufer ein mangelhaftes Fahrzeug zum Preis eines mangelfreien erworben habe.

Es sei vorliegend davon auszugehen, dass die Installation der Abschalteinrichtung in der Motorsteuerungssoftware mit Wissen und Wollen eines oder mehrerer Mitglieder des Vorstands der Beklagten erfolgt und damit der Beklagten gemäß § 31 BGB zuzurechnen sei. Die Beklagte treffe hier eine sekundäre Beweislast.

Der Kläger hätte das Fahrzeug nie erworben, wenn Kenntnis darüber bestanden hätte, dass es keine bestehende Genehmigung habe oder nicht genehmigungsfähig sei.

Es sei auch von einer besonderen Verwerflichkeit a...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge