Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Entscheidung vom 19.06.1995; Aktenzeichen 9 O 298/91) |
Tenor
1.)
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der Einzelrichterin der 9. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 19. Juni 1995 abgeändert:
Unter Abweisung der Klage im übrigen werden die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger über den im Anerkenntnisurteil vom 3. April 1992 zuerkannten Betrag von 10.000,- DM hinaus ein weiteres Schmerzensgeld in Höhe von 10.000,- DM nebst 4 % Zinsen seit 28. August 1991 zu zahlen.
Es wird festgestellt, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, alle dem Kläger aus dem Unfall vom 6. Februar 1989 erwachsenen und zukünftig noch entstehenden Schäden unter Berücksichtigung eines vom Kläger zu tragenden Mitverschuldensanteils in Höhe von 1/3 zu ersetzen, soweit kein Forderungsübergang auf einen Sozialversicherungsträger stattgefunden hat.
Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
2.)
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger 72 % und die Beklagten 28 % zu tragen, von den Kosten der Berufungsinstanz haben der Kläger 46 % und die Beklagten 54 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beschwer der Beklagten beträgt 13.333,34 DM, diejenige des Klägers 11.166,66 DM.
Gründe
Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Die Berufung ist zum Teil begründet.
I.
Der Kläger hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes in Höhe von 10.000,- DM (§ § 823 Abs. 1, 832 Abs. 1, 847, 840 BGB).
a)
Der Beklagte zu 1) haftet für die Verletzung, die er dem Kläger am 6. Februar 1989 durch einen Schuß mit seinem Luftgewehr am rechten Auge zugefügt hat. Anhaltspunkte dafür, daß der zur Zeit des Unfalls 15-jährige Beklagte zu 1) nicht die zur Erkenntnis seiner Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht besaß (§ 828 Abs. 2 BGB), sind weder ersichtlich noch von ihm vorgetragen worden. Der Beklagte zu 1) war seit längerer Zeit Waffenliebhaber und wußte über die Gefährlichkeit des Einsatzes eines Luftgewehres bei Waffenspielen Bescheid. Das ergibt sich nicht zuletzt daraus, daß die Beteiligten bei diesen Spielen sogar Helme trugen.
Der Beklagte zu 1) handelte auch schuldhaft, nämlich zumindest fahrlässig. Als normal entwickelter Jugendlicher entsprechenden Alters konnte er die Gefährlichkeit seines Tuns nicht nur voraussehen, sondern er hätte dieser Einsicht entsprechend handeln können und müssen.
b)
Wegen der dem Kläger nach alledem schuldhaft zugefügten Körperverletzung schuldet der Beklagte zu 1) dem Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld (§ 847 BGB). Der Senat erachtet unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände ein Schmerzensgeld von insgesamt 20.000,- DM für angemessen. Dabei hat der Senat diejenigen vom Kläger erst im Schriftsatz vom 28. Januar 1997 näher beschriebenen Folgeerscheinungen nicht berücksichtigt, weil die Beklagten sie zulässigerweise (§ 138 abs. 4 ZPO) mit Nichtwissen bestritten haben und der Kläger Beweis nicht angeboten hat. Das zuerkannte Schmerzensgeld rechtfertigt sich aber bereits auf Grund der Gesamtumstände der schädigenden Handlung und der vom Kläger unstreitig erlittenen Beeinträchtigungen. Dabei ist die Aufgabe des Schmerzensgeldes, die bei einem Unfall erlittenen Verletzungen nach Art, Intensität und Schmerzhaftigkeit, den Heilungsverlauf, physische und psychische Beeinträchtigungen sowie Dauer und Umfang einer Erwerbsminderung auszugleichen, zu berücksichtigen. Hinzu kommt die Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes. Zu berücksichtigen war deshalb, daß die Verletzung des Auges mit Blutansammlung in der Vorderkammer und vorderen Augenkammer mit erheblichen Schmerzen verbunden ist und die Bemühungen zur Rettung des Augenlichtes des Klägers und zur Stabilisierung des Zustandes angesichts der erforderlichen wiederholten stationären Behandlungen und operativen Eingriffe nicht nur langwierig und aufwendig waren, sondern eine erhebliche Beeinträchtigung der Lebensfreude des damals jugendlichen Klägers verursachten. Auch wenn nach Durchführung dieser Behandlungen das Augenlicht des Klägers nicht vollständig verloren ist, verfügt dieser unstreitig auf dem verletzten Auge nur noch über eine Sehkraft von 25 % und eine um 30 % geminderte Erwerbsfähigkeit. Selbst wenn die Beeinträchtigung der Sehkraft durch das Tragen einer Kontaktlinse teilweise ausgeglichen werden kann, verbleibt eine dauernde Beeinträchtigung des Klägers, zumal hiermit Unannehmlichkeiten verbunden sind, die bei einem nicht auf Sehhilfen angewiesenen Auge nicht auftreten würden. Der Verlust oder - wie hier - die erhebliche Beeinträchtigung der Sehkraft eines Auges auf Grund einer schweren und schmerzhaften Verletzung rechtfertigt damit nach Auffassung des Senates auch unter Berücksichtigung der in vergleichbaren Fällen üblicherweise zuerkannten Schmerzensgeldbeträge ein Schmerzensgeld, das jedenfalls deutlich über dem vom Landgericht zuerkannten Betrag liegt.
c)
Bei der Bemessu...