Verfahrensgang
AG Groß-Gerau (Beschluss vom 25.09.2014; Aktenzeichen 75 F 883/14 EAWH) |
Tenor
Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Groß-Gerau vom 25.9.2015 in der Bezeichnung und dem Inhalt abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Im Namen des Volkes
Urteil
Der Verfügungsantrag (vom 25.8.2014) wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfügungsverfahrens hat der Verfügungskläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Verfügungsbeklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, den Verfügungskläger ausdrücklich oder sinngemäß als "dreckig" bzw. "stinkend" zu bezeichnen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird zunächst auf die angefochtene Entscheidung des Familiengerichts Bezug genommen, § 540 I Nr. 1 ZPO.
Das Berufungsverfahren gebietet folgende Nachfeststellungen:
Die Verfügungsbeklagte wehrt sich im vorliegenden Rechtsmittelverfahren gegen die nach mündlicher Verhandlung mit den Parteien mit dem genannten Beschluss im Wege einstweiliger Anordnung erfolgte Zuweisung der Wohnung ... an den Verfügungskläger. Die Verfügungsbeklagte wurde verpflichtet, die Wohnung zu räumen.
Die Parteien sind Eheleute, leben aber seit 2006 getrennt. Zur damaligen Zeit zog der Verfügungskläger aus der ehemaligen Ehewohnung, die die Verfügungsbeklagte sodann allein nutzte, aus und mietete die jetzt streitgegenständliche Wohnung an. Im Jahr 2013 wurde die von der Verfügungsbeklagten bisher genutzte Wohnung zwangsgeräumt; der Verfügungskläger gewährte ihr in der eigenen Wohnung Obdach. Die Trennung blieb aufrechterhalten; die Parteien führen auch seither kein gemeinsames Eheleben, der Verfügungskläger zahlt der Verfügungsbeklagten Trennungsunterhalt von mtl. EUR 279,00. Am 25.7.2013 beantragte er die Scheidung von der Verfügungsbeklagten; das entsprechende Verfahren des Familiengerichts, Az. 75 F 792/13 S, dessen Akte der Senat zu Informationszwecken beizog, ist auf den nicht näher begründeten Antrag des Verfügungsklägers vom 24.3.2014 seither ausgesetzt.
Am 10.2.2015 führte der Verfügungskläger aus, die Verfügungsbeklagte habe die Räume in der ... seit zwei Jahren mitbenutzt, den Aussetzungsantrag im Scheidungsverfahren habe er deswegen gestellt, weil sich die Verfügungsbeklagte vehement gegen die Scheidung ausgesprochen habe und er deshalb habe prüfen wollen, ob er die formelle Ehe zu Gunsten der Verfügungsbeklagten fortführen könne. Zu Gunsten der Verfügungsbeklagten sei er davon ausgegangen, in seiner jetzigen Mietwohnung werde wieder eine Ehewohnung begründet.
Durch Senatsbeschluss vom 11.2.2015 wurde die Zwangsvollstreckung aus dem angefochtenen Beschluss einstweilen eingestellt und das weitere Verfahren dem Einzelrichter des Senats zur Entscheidung übertragen.
Die Verfügungsbeklagte beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses den Antrag des Antragstellers vom 25.8.2014 zurückzuweisen.
Der Verfügungskläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen, sowie klageerweiternd sinngemäß, die Verfügungsbeklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, ihn anzusprechen und zu beleidigen, insbesondere mit den Bezeichnungen "er sei dreckig" bzw. "er stinke".
Die Verfügungsbeklagte beantragt, die Antragserweiterung zurückzuweisen,.
2. Auf die zulässige Berufung der Verfügungsbeklagten war der angefochtene Beschluss des Familiengerichts in Bezeichnung und Inhalt abzuändern und wie geschehen neu zu fassen; zugleich war der Verfügungsbeklagten die Unterlassung beleidigender Äußerungen über den Verfügungskläger im Sinne von "er stinke" bzw. "er sei dreckig" aufzuerlegen, da
a) es sich vorliegend um ein Einstweiliges Verfügungsverfahren im Sinne der §§ 935, 940 ZPO handelt,
b) die angefochtene Entscheidung - soweit das Familiengericht seine eigene Zuständigkeit bejahte - im Rahmen eines aufgrund mündlicher Verhandlung zu erlassenden Urteils hätte ergehen müssen, §§ 936, 922 I ZPO,
c) das Rechtsmittel der Verfügungsbeklagten als Berufung anzusehen ist und insofern keinen Zulässigkeitsbedenken begegnet, da es den Formalien eines gegen die gewählte Entscheidungsform gegebenen Rechtsmittels nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz genügt,
d) der Senat in jedem Verfahrensstadium gehalten ist, die auf den Streitgegenstand passende Verfahrens- bzw. Prozessordnung anzuwenden,
e) der allein maßgebliche, da doppelrelevante Tatsachen betreffende Vortrag des Verfügungsklägers dahin geht, dass die streitige Wohnung mangels jemaligem Zusammenleben der Parteien in ihr keine Ehewohnung ist,
f) das Verfahren keine Trennungsfolge betrifft sowie
e) als bürgerlich-rechtliche Streitigkeit den Zivilgerichten innerhalb der Ordentlichen Gerichtsbarkeit zugewiesen war, § 13 GVG, und im Rahmen der damit anzuwendenden Zivilprozessordnung - von nicht dargelegten bzw. glaubhaft gemachten Ausnahmen abgesehen - im Wege der einstweiligen Verfügung nicht auf Räumung von Wohnraum erkannt werden kann, § 940a ZPO,
f) ...