Leitsatz (amtlich)
Will der Bieter seinen Erfüllungsschaden ersetzt haben, so ist Voraussetzung, dass der ausgeschriebene Auftrag tatsächlich erteilt worden ist und dass der auf Schadensersatz klagende Bieter den Zuschlag bei rechtmäßigem Abschluss des Vergabeverfahrens zwingend hätte erhalten müssen.
Normenkette
BGB §§ 241, 280, 311
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2/4 O 415/04) |
Gründe
I. Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz, weil sie bei einer Bauauftragsvergabe nicht berücksichtigt wurde.
Die Beklagte schrieb für das Bauvorhaben Städtische Bühnen. O1, Sonderbaukontrolle Theateranlage das Gewerk Brandschutztüren/Metallbauarbeiten öffentlich aus und forderte die Klägerin zur Abgabe eines Angebots auf. Das zu den Ausschreibungsunterlagen gehörende Leistungsverzeichnis hatte die Beklagte von den Architekten hgp erstellen lassen. Das Leistungsverzeichnis sah unter Position 02.300 Stahltür T 90-2 RS nach DIN 4102 Abmessung: ca. 1.760 × 2.010 mm 2,000 Stück und unter Position 02.310 Schallschutzanforderung für die vorgeschriebene T 90-2 RS Tür Rw, P 44 dB 2,000 Stück vor (Bl. 30/31 d.A.).
Die Klägerin trug in die Pos. 02.310 keinen Einheits- und keinen Gesamtpreis ein, sondern vermerkte handschriftlich: "Bei Brandschutztüren sind 44 dB technisch nicht möglich, s. Zulassung. Max. Wert 35-37 dB" (Bl. 115 d.A.). Unter dem 9.3.2004 sandte die Klägerin die Angebotsunterlagen an die Beklagte zurück und führte in einem Begleitschreiben u.a. aus:
"Die von uns angebotenen Brandschutztüren T 90-2 RS erreichen eine Schalldämmung von 35 dB. Diese Werte sind nach DIN 52 210 Laborwerte, durch bauliche Gegebenheiten können diese beeinflusst werden" (Bl. 91/92 d.A.).
Bei Eröffnung der eingegangenen Angebote war der Angebotspreis der Klägerin mit 83.659,78 EUR der geringste. Wie die Beklagte der Klägerin durch Schreiben vom 13.5.2004 mitteilte, wurde das Angebot der Klägerin ausgeschlossen, da sie in der Pos. 02.310 keine Tür mit dem geforderten Schallschutz angeboten habe. Der Auftrag sei mit Bestellschein vom 3.5.2004 an die Fa. A., O2, erteilt worden (Bl. 54 d.A.). Die genannte Fa. A. hatte den viertgeringsten Angebotspreis. Auf die Zusammenstellung der Angebote wird verwiesen (Bl. 53 d.A.).
Mit Schreiben vom 12.7.2004 verlangte die Klägerin von der Beklagten Schadensersatz i.H.v. 32.439,71 EUR, weil sie zu Unrecht den Zuschlag nicht erhalten habe (Bl. 57-69 d.A.).
Die Klägerin hat behauptet, nach dem derzeitigen Stand der Technik sei aufgrund der bauseitigen Verhältnisse ein bewertetes Schallschutzmaß von -44 dB nicht erreichbar, sondern allenfalls ein solches von -35 bis -37 dB.
Die Klägerin hat gemeint, das von der Fa. A. vorgelegte Prüfzeugnis des Instituts für Fenstertechnik in O2 vom 24.7.1990 sei ungültig, weil dessen Gültigkeitsdauer für den Schallschutz von drei Jahren abgelaufen sei. Zudem beziehe es sich auf ein Türmaß von 2.510 × 2.505 mm und gebe ein zweischaliges, mindestens 420 mm dickes Mauerwerk vor. Das von der Beklagten vorgegebene Leistungsverzeichnis sei in der LV-Position 02.310 grundlegend unzutreffend, da die dort vorgegebene Spezifikation des Schallschutzes unter Berücksichtigung der Brandschutzvorgaben und der bauseitigen Verhältnisse nicht erfüllbar sei. Der Auftrag zur Durchführung der ausgeschriebenen Bauarbeiten hätte ihr (Klägerin) zum Angebotspreis von 83.559,78 EUR erteilt werden müssen. Der unterbliebene Zuschlag stelle eine schuldhafte Verletzung der der Beklagten obliegenden Rechtspflichten aus dem öffentlichen Vergabeverfahren dar, so dass die Beklagte nach § 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 280 BGB zum Schadenersatz verpflichtet sei.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 32.439,71 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.8.2004 zu bezahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat gemeint, das Angebot der Klägerin sei gem. § 23 Nr. 1 Abs. 1 und 2 VOB/A nicht prüfpflichtig gewesen, da es in formeller und inhaltlicher Hinsicht nicht den Anforderungen des § 21 Nr. 1 Abs. 1 und 2 VOB/A entspreche. Die Klägerin habe entgegen § 1 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A für die Pos. 02.310 keinen Preis angeboten. Zudem habe sie diese Position des LV entgegen § 21 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A abgeändert. Wegen dieser Verstöße sei das Angebot gem. § 25 Nr. 1 Abs. 1b VOB/A von dem weiteren Vergabeverfahren auszuschließen gewesen.
Sie (Beklagte) habe sich auf die Angebote mehrerer Bieter verlassen können, da die in Pos. 02.310 des LV geforderte Leistung sowohl nach Auskunft des das LV erstellenden Architektenbüros als auch nach Auskunft des Institutes für Fenstertechnik e.V. zu erreichen und auch von mehreren Anbietern angeboten worden sei. Jedenfalls könne ihr im Rahmen der Ausschreibung kein Verschulden angelastet werden, da sie den Einwendungen der Klägerin nachgegangen sei.
Der von der Klägerin für ihre Behauptung, sie habe das niedrigste Angebot abgegeben, herangezogene Wert sei unbeachtlich. Ihr Angebot sei infolge d...