Serieller Wohnungsbau – wo sich Kosten sparen lassen
Serielles und typisiertes Bauen wird von der Bundesregierung gefördert. Den Trend hat der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW im Jahr 2018 Jahren erkannt und mit verschiedenen Firmen eine Rahmenvereinbarung getroffen – die können damit interessierten Wohnungsbauunternehmen Vorschläge unterbreiten und sie realisieren.
Herr Viehrig, welche Rolle spielt das serielle und typisierte Bauen für die Zukunft der deutschen Wohnungswirtschaft?
Viehrig: Wir gehen davon aus, dass typisiertes oder serielles Bauen – wir nennen es die industrielle Form des Bauens – eine größere Rolle spielt als bisher. Bedingt wird das durch den Fachkräftemangel, die Baukosten und die höheren energetischen Anforderungen. Die können mit industrieller Fertigung im Einzelfall einfach besser gelöst werden. Natürlich geht das nicht überall.
Lässt sich mit dieser Methode denn schneller bauen?
Gebäude müssen derzeit, obwohl sie typisiert sind, immer noch einmal genehmigt werden. Dennoch kann man deutlich schneller bauen. Und das macht serielles Bauen attraktiv. Die Baustellenzeit ist definitiv kürzer.
Und wie ist es mit den hohen und weiter steigenden Baukosten – lassen die sich so eindämmen?
So lange wir eine Situation haben, in der hohe Baupreise zwar an der Tagesordnung sind, der Kunde sie aber bezahlt, wird modulares Bauen nicht zur Kostensenkung führen. Das ist Marktwirtschaft. Nun stehen wir wahrscheinlich vor einer Konjunkturabkühlung. Da kann es durchaus sein, dass modularer Bau niedrigere Preise bieten kann als der klassische Wohnungsbau. Wenn der Markt unter Druck gerät, wird modulares Bauen zeigen, was es preislich kann. Vorher wahrscheinlich nicht.
Was hat Sie dazu veranlasst, eine Initiative zum seriellen und modularen Bauen zu starten?
Das ging auf die Baukostensenkungskommission von 2015 der früheren Umwelt- und Bauministerin Barbara Hendricks (SPD) zurück. Die Möglichkeiten des seriellen Bauens sollten dann unterstützt werden, wenn sie zur Kostensenkung beitragen können. Die GdW-Unternehmen hatten am Markt keine Chance, sich mit Aufträgen zu versorgen, weil die ja vielfach öffentlich ausgeschrieben werden mussten. Wir wollten also ein kostengünstiges Angebot auf den Markt bringen, auf das die Unternehmen zurückgreifen konnten.
Haben Sie offene Türen eingerannt?
Mit der Bauindustrie (HDB), der Architektenkammer und dem Bund waren wir uns schnell einig, dass etwa getan werden muss. In einem gemeinsamen Prozess haben wir alle Kräfte gebündelt. Jetzt können wir sagen, dass sich das gelohnt hat. Aus mehr als 50 europaweiten Bewerbern haben sich am Ende neun gefunden. Es war also nicht schwer, weil alle Partner das für eine gute Idee hielten. Wir rannten eher offene Türen ein.
GdW-Rahmenvereinbarung für serielles und modulares Bauen Der GdW hat mit Partnern aus dem Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) eine Rahmenvereinbarung über den Neubau von mehrgeschossigen Wohnbauten in serieller und modularer Bauweise gemeinsam mit Planern und Baugewerbe abgeschlossen. Der Rahmenvertrag umfasst mehrere Angebote und basiert auf einer funktionalen Ausschreibung für ein fiktives Grundstück. Er definiert Rahmendaten und Preise für ein Mustergebäude. Die Beauftragung eines Bauvorhabens erfolgt durch Einzelauftrag. Durch die Verzahnung von Architekten, Fachplanern, Bau- und Wohnungsunternehmen wurden serielle und modulare Lösungen für den Neubau von mehrgeschossigen Wohnbauten mit hoher architektonischer und städtebaulicher Qualität zu reduzierten Baukosten entwickelt. Dabei standen zukunftsfähige und nachhaltige Wohnkonzepte in serieller und modularer Bauweise im Fokus, die für 20 jeweilige Nutzungserfordernisse variabel ausgerichtet werden können. Die Wohnbauten müssen dabei so flexibel sein, dass sie an unterschiedliche Standortbedingungen angepasst werden können. |
Wie genau funktioniert die Rahmenvereinbarung zum seriellen und modularen Bauen?
Wir haben Modellgebäude funktional ausgeschrieben – mit vier Etagen und 24 Wohneinheiten. Darauf mussten die beteiligten Firmen eine Antwort finden, die Bauwerksqualität und die Architektur definieren. Die Wohnungsunternehmen machen eine Ausschreibung zwischen den neun ausgewählten Firmen, die Partner der Rahmenvereinbarung sind, und geben den Zuschlag. Das nennen wir Miniwettbewerb. Öffentliche Wohnungsunternehmen sind an das Vergaberecht gebunden. Wer nicht an die Vergaberegeln gebunden ist, kann direkter agieren.
Kann jedes Wohnungsbauunternehmen teilnehmen?
Alle, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses auf der Liste der zugriffsberechtigten Wohnungsunternehmen geführt wurden, und das sind rund 3.000.
Sind die Vorgaben der Bautypen aus der Ausschreibung bindend?
Dass das Modellgebäude eins zu eins realisiert wird, dürfte die Ausnahme sein. Jedes Wohnungsunternehmen hat eigene Vorstellungen und andere Grundstücke. Deswegen wird meist davon abgewichen. Was für den Rahmenvertrag ausgeschrieben wurde, musste deswegen auch variabel sein.
Wie ist die Resonanz aus der Wohnungswirtschaft auf die Rahmenvereinbarung?
Wir haben mit dem ersten Projekt im Mai 2018 angefangen. Da wurde ein erster Versuchsbau realisiert. Richtig los ging es auf Grund der Planungsvorläufe erwartbar erst ab 2019. Inzwischen wurden etwa 3.000 Wohneinheiten realisiert oder sind in Planung. Das sind bisher also 1.500 Wohnungen pro Jahr beziehungsweise fünf Prozent des Neubauvolumens der GdW-Mitglieder. Damit kann man durchaus zufrieden sein.
Und wie geht es nun weiter?
Wir wollen eine Nachfolgevereinbarung. Die soll kein einfacher Anschluss sein, sondern eine neue Vereinbarung, die die bisherige aufgreift, aber bei der das nachhaltige Bauen eine größere Rolle spielen wird.
Neun Bietern/Bietergemeinschaften wurde der Zuschlag erteilt. Sie nehmen an Ausschreibungen teil.
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Zum Download des GdW-Rahmenvertrags "Serielles Bauen"
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