rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung für Sturz eines Bauhelfers in ungesicherte Treppenöffnung
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Urteil vom 20.10.2020; Aktenzeichen 13 O 407/18) |
Tenor
Ein Rechtsmittel ist nicht bekannt geworden.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 20.10.2020 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin gesamtschuldnerisch 110.105,10 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.04.2019 zu zahlen, der Beklagte zu 1) beschränkt auf die Entschädigungsforderung gegen den Betriebshaftpflichtversicherer der A und B GmbH, die C AG, vertreten durch den Vorstand, dieser vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden D, Straße1, Stadt1, dortige Vers.-Nr. ...
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin über Ziffer 1 hinaus 2/3 aller weiteren übergangsfähigen Kosten zu erstatten, die von ihr aufgrund des Unfalls gezahlt wurden und noch zu zahlen sein werden, der sich am XX.XX.2016 in Stadt2 ereignete und bei dem ihr Versicherter E, geboren am XX.XX.1975, schwer verletzt wurde, der Beklagte zu 1) beschränkt auf die Entschädigungsforderung gegen den Betriebshaftpflichtversicherer der A und B GmbH, die C AG, vertreten durch den Vorstand, dieser vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden D, Straße1, Stadt1, dortige Vers.-Nr. ...
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen, die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
4. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 10%, die Beklagten als Gesamtschuldner zu 90% zu tragen.
5. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus diesem Urteil gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des Betrages leisten, dessen Vollstreckung sie betreiben. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus diesem Urteil gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des Betrages leisten, dessen Vollstreckung sie betreibt.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt als gesetzliche Unfallversicherung von den Beklagten aus nach § 116 SGB X übergegangenem Recht Ersatz ihrer Aufwendungen nach einem Unfall.
Die Firma A und B GmbH, die mittlerweile insolvent ist (im Folgenden Schuldnerin), errichtete 2016 als Bauträgerin in Stadt2, Straße2 ein Einfamilienhaus. Die Bauleitung hatte Herr F (Bl. 5 der Akte, Anlage F2, Bl. 258 der Akte). Bauleiter nach der HBO war Herr B (Klägerin Bl. 5 der Akte).
Ob Herr F auf dieser Baustelle auch Sicherheits- und Gesundheitskoordinator (SiGeKo) war (so Klägerin, Bl. 7 und Beklagter zu 2), Bl. 222 der Akte), ist - jedenfalls jetzt - streitig.
Die Beklagte zu 2) war von der Schuldnerin damit beauftragt, den Rohbau vorzunehmen (vgl. Bauvertrag, Anlage F2, Bl. 258 der Akte). Hierzu gehörte auch eine Treppenhausabdeckung (vgl. Baustellenordnung Punkt 6, Anlage F1, Bl. 257 der Akte und Position 17 des Angebotes der Beklagten zu 2), Bl. 261 der Akte).
Die Firma G & H GmbH, Stukkateurmeisterbetrieb (im Folgenden Firma G) war von der Schuldnerin mit den Innenputzarbeiten beauftragt (Klägerin Bl. 7 der Akte). Ihr war von der Schuldnerin ein Generalschlüssel für den Neubau bzw. für alle Neubauten ausgehändigt worden (Klägerin, Bl. 5 und 7 der Akte).
Die Beklagte zu 2) errichtete den Rohbau, ihre Arbeiten samt Treppenhausabdeckung waren am 20.04.2016 abgeschlossen (Klägerin Bl. 7,8, Beklagte zu 2) Bl. 221 der Akte).
Am 18.05.2016 wies der Bauleiter F die Mitarbeiter der Beklagten zu 2), Herrn I und Herrn J, an, die Treppenhausabdeckung zu entfernen, unter anderem um die Innenputzarbeiten zu ermöglichen. Dem kamen die Mitarbeiter am 19.05.2016 nach, wobei ihnen von der Schuldnerin der Zugang ermöglicht worden war (Klägerin Bl. 7; Beklagte zu 2), Bl. 222 der Akte, so auch Stellungnahme der Beklagten zu 2) an ihre Versicherung vom 20.02.2017, Bl. 189 der Akte, Beklagte zu 1) Bl. 252 der Akte). Sie brachten keine Sicherung an (Beklagte zu 2, Bl. 222 der Akte).
Der bei der Klägerin gesetzlich unfallversicherte E, geboren am XX.XX.1975, war am XX.XX.2016 als Bauhelfer bei der Firma G beschäftigt. Gemeinsam mit Herrn G (Klägerin Bl. 4, Unfallanzeige Anlage K1, Bl. 20 der Akte) wollte er an diesem Tag morgens bei dem Bauvorhaben Straße2 nachschauen, ob ein Gerüst für die Innenputzarbeiten benötigt wird, und betrat das Haus, bog um im Hausflur gelagertes Dämmmaterial und fiel durch die ungesicherte Treppenöffnung ca. 2,5 m tief in den Keller (Klägerin Bl. 3 der Akte).
Der Zeuge E verletzte sich schwer (distale Radiusfraktur links (Speichenbruch), Calcaneusfraktur (Fersenbeinbruch) rechts, Rippenprellung rechts (Durchgangsarztbericht, Anlage K4, Bl. 28 der Akte).
Eine baustellenbezogene Gefährdungsbeurteilung ...