Leitsatz (amtlich)
Zu den Rechtsfolgen bei Lieferung eines Identitätsaliud.
Normenkette
BGB §§ 280, 434, 437, 444
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-7 O 311/05) |
Gründe
I. Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen Nichterfüllung bzw. Schlechterfüllung eines Kaufvertrages.
Die Klägerin kaufte von der Beklagten unter Ausschluss jeder Gewährleistung einen gebrauchten X-Computer, bei welchem es sich nach der Ausstattungsbeschreibung gemäß Anlage 1 zum Kaufvertrag um ein 32-Prozessor-Gerät handelte. Nach dem Vertrag war das System mit einem X-MSQ versiegelt. Nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien übernimmt die Firma X mit der MSQ-Versiegelung ggü. dem Eigentümer des Gerätes die Garantie dafür, dass die in dem MSQ-Bericht angegebene Beschaffenheit gegeben ist. Die Klägerin sollte den Computer bei der Firma A, zu der die Beklagte es zuvor transportiert hatte, abholen. Als die von der Klägerin beauftragte Spedition bei der Firma A zur Abholung erschien, fand sie dort einen in Folie verpackten und mit Siegeln versehenen X-Computer vor, den sie nach den Vorgaben der Klägerin versendete. Erst nach mehreren Zwischenverkäufen wurde durch den Endabnehmer festgestellt, dass es sich hierbei nicht um das von der Klägerin gekaufte, sondern um ein 24-Prozessor-Gerät mit einer anderen Seriennummer handelte. Den X-Computer, den die Klägerin von der Beklagten gekaufte hatte, hatte die Firma A - ebenfalls in Folie verpackt und mit einer Siegelung versehen - in der Annahme, es handele sich um das ihrerseits von der Beklagten erworbene Gerät zuvor an einen Kunden verkauft und übergeben, der es seinerseits weiterveräußert hat.
Die Klägerin behauptet, die von ihr beauftragte Spedition habe bei der Abholung die Versiegelung und den dazugehörigen MSQ-Bericht des X-Computers überprüft und dabei die Übereinstimmung mit den Angaben im Kaufvertrag festgestellt. Der Computer sei als 32-Prozessor-Gerät gekennzeichnet gewesen. Die Mitarbeiter der Firma X hätten bei der Verpackung und Versiegelung der Computer offenbar das 32-Prozessor-Gerät mit dem 24-Prozessor-Gerät verwechselt. Für den hierdurch entstandenen Schaden müsse die Beklagte haften.
Das LG hat die Klage abgewiesen.
II. Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das LG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Der Klägerin steht ein Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung oder Schlechterfüllung des Kaufvertrages nicht zu, obwohl es sich bei der ihr zur Erfüllung des Kaufvertrages übergebenen gebrauchten X-Maschine nach Seriennummer und Ausstattung (insbesondere mit nur 24 Prozessoren anstelle von 32 Prozessoren) nicht um die vereinbarte Kaufsache handelte. Ihr wurde somit ein sog. Identitäts-aliud übergeben. Die in einem solchen Fall eintretenden Rechtsfolgen sind streitig. Überwiegend wird angenommen, dass dann, wenn bei einem Stückkauf eine andere als die gekaufte Sache geliefert wird, der Erfüllungsanspruch entfällt und gem. § 434 Abs. 3 BGB allein Gewährleistungsansprüche gegeben sind (Palandt/Putzo, 65. Aufl., BGB § 434 Rz. 52a, 54; PWW-Schmidt, BGB § 434 Rz. 90; Musielak NJW 2003, 89 ff.; Medicus, Bürgerliches Recht, 19. Aufl., Rz. 288). Teilweise wird für die Anwendbarkeit des Gewährleistungsrechts bei Lieferung eines Identitäts-aliuds zusätzlich eine dem Käufer erkennbare ausdrückliche oder schlüssige Tilgungsbestimmung des Verkäufers vorausgesetzt (Westermann in: Münchener Kommentar, 4. Aufl., BGB § 434 Rz. 39 m.w.N.). Nach anderer Ansicht soll bei Lieferung eines Identitäts-aliud § 434 Abs. 3 BGB nicht anwendbar sein, sondern der Erfüllungsanspruch fortbestehen (Schulze NJW 2003, 1022; Lettl JuS 2002, 866, 871). Welcher Meinung der Vorzug zu geben ist, bedarf keiner Entscheidung.
Denn unabhängig davon, ob man die Gewährleistungsvorschriften oder das allgemeine Leistungsstörungsrecht anwendet, liegen die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs nicht vor.
Sieht man gem. §§ 434 Abs. 3, 437 BGB die Vorschriften über die Gewährleistung bei Sachmängeln als einschlägig an, scheitert ein Schadensersatzanspruch der Klägerin daran, dass die Parteien jegliche Gewährleistung individualvertraglich ausgeschlossen haben. Eine Beschaffenheitsgarantie, die der Beklagten nach § 444 BGB verwehren würde, sich auf den Haftungsausschluss zu berufen, wurde von der Beklagten nicht übernommen. Die Angaben zur Kaufsache in der Anlage 1 zum Kaufvertrag, die eine Vielzahl von Ausstattungsmerkmalen der X-Maschine nennt, stellt neben den Merkmalen zur Identifizierung der Kaufsache (wie Serien-, Modell- und Siegelungsnummer) zwar eine Vereinbarung über deren Beschaffenheit dar, die auch die Ausstattung des Computers als 32-Prozessor-Gerät umfasst. Es liegt jedoch kein Anhaltspunkt dafür vor, dass die Beklagte die Ausstattungsbeschreibung über eine Beschaffenheitsvereinbarung hinaus gehend im Sinne einer Garantie gem. § 443 BGB auch zusichern wollte. Hierfür ist maßgeblich, dass sich die Klägerin hinsichtlich der Angaben über die Ausstattung des Compu...