Entscheidungsstichwort (Thema)

Feststellung des Fortbestehens einer Lebensversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

Ob ein Verstoß gegen § 32 KWG zur Nichtigkeit eines Forderungskaufs/Abtretung führt, kann dahingestellt bleiben, wenn dem Schuldner eine Abtretungsanzeige nach § 409 BGB vorgelegt wird.

 

Normenkette

BGB § 409; KWG § 32

 

Verfahrensgang

LG Wiesbaden (Urteil vom 15.09.2016; Aktenzeichen 9 O 88/16)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 15.09.2016 verkündete Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Feststellung des Fortbestehens eines mit der Beklagten geschlossenen Kapital-Lebensversicherungsvertrages.

Der Kläger schloss bei der Beklagten, die damals noch unter A firmierte, eine Kapital-Lebensversicherung ab. Die Versicherung begann am 01.12.1990 zu laufen; die Vertragslaufzeit betrug 35 Jahre. Der Kläger zahlte in der Folgezeit die vereinbarten Prämien in Höhe von monatlich 38,79 EUR. Die voraussichtliche Ablaufleistung im Erlebensfall betrug zum 01.12.2025 21.309,73 EUR. In den Vertrag waren die Allgemeinen Versicherungsbedingungen einbezogen (im Weiteren: AVB).

Anfang des Jahres 2010 trat der Kläger mit der Firma XY1 GmbH (im Weiteren: XY), die später als XY GmbH firmierte, in Kontakt.

Nach dem von der XY verfolgten Geschäftsmodell wurden Kapitalversicherungen und Bausparverträge von Verbrauchern gegen Zusage eines höheren Kaufpreises als dem erwarteten Rückkaufswert aufgekauft und die Rechte und Ansprüche aus den Verträgen an die XY abgetreten. Die Verträge wurden sodann von der XY gekündigt und die Rückkaufswerte/Bausparsummen an sie ausgezahlt. Die vereinbarten Kaufpreise sollten regelmäßig erst einige Jahre später an die Verbraucher gezahlt werden. Nach der Geschäftsidee der XY sollten die Geldbeträge angeblich langfristig in Sachwerte investiert und darüber Mehrerlöse generiert werden, an denen die Verbraucher später partizipieren sollten.

Der Kläger schloss am 29.01.2010 mit der XY ebenfalls einen solchen Standard-Kaufvertrag zusammen mit einer Abtretungsvereinbarung ab. Als Kaufpreis wurde ein Betrag in Höhe von 11.200,- EUR - also ungefähr das Doppelte des zu erwartenden Rückkaufswertes - vereinbart, der als Gesamtsumme nach acht Jahren an den Kläger ausgezahlt werden sollte. Nach Ziffer 2.6 der mitvereinbarten AGB sollte die Frist von acht Jahren beginnen, nachdem XY über den Rückkaufswert verfügen konnte. Für den Fall, dass das von der Versicherung an die XY ausgezahlte Guthaben nicht den zu Grunde gelegten Rückkaufswert erreichen würde, sollte der Kaufpreis gemäß Ziffer 2.8 AGB angepasst werden. Der neue Kaufpreis sollte sich aus dem tatsächlich vom Versicherer ausgezahlten Guthaben errechnen und sich entsprechend der Vereinbarung vervielfachen.

Gleichzeitig stimmte der Kläger unwiderruflich einer Kündigung der Versicherung durch die XY zu und räumte dieser ebenfalls unwiderruflich das Bezugsrecht auf die Versicherung ein. Ebenfalls unwiderruflich erklärte sich der Kläger mit dem Versicherungsnehmerwechsel zugunsten der XY einverstanden. Außerdem trat er mit sofortiger Wirkung sämtliche Rechte und Ansprüche an die XY ab. Der Kläger und die XY unterzeichneten zudem am 29.01.2010 eine Abtretungsanzeige zur Vorlage bei der Beklagten.

Die XY zeigte der Beklagten unter Vorlage dieser Abtretungsanzeige vom 29.01.2010 und des Versicherungsscheins den Erwerb des Versicherungsvertrages mit Schreiben vom 05.02.2010 an. In dem Schreiben hieß es außerdem, die Originalpolice liege dem Schreiben bei. Gleichzeitig erklärte sie die Kündigung der Versicherung im eigenen Namen zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Der zwischen dem Kläger und der XY geschlossene Kaufvertrag wurde der Beklagten nicht zur Kenntnis gebracht.

Die Beklagte bestätigte die Kündigung mit Schreiben vom 22.02.2010 und rechnete das Versicherungsverhältnis zum 01.04.2010 ab. Den Rückkaufswert in Höhe von 5.533,25 EUR abzüglich der Kapitalertragssteuer in Höhe von 432,11 EUR und des Solidaritätszuschlags in Höhe von 23,77 EUR zahlte die Beklagte an die XY aus. Die XY hat diesen Rückkaufswert vereinnahmt, ohne irgendwelche Zahlungen an den Kläger zu leisten.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (im Weiteren: BaFin) wertete die Ankäufe von Kapitalversicherungen durch die XY als erlaubnispflichtiges Einlagengeschäft. Da die XY nicht über eine entsprechende Banklizenz verfügte, ordnete die BaFin mit Bescheid vom 26.05.2014 gegenüber der XY die Abwicklung des unerlaubt betriebenen Einlagengeschäfts an. Das Landgericht Frankfurt am Main eröffnete 2015 das Strafverfahren gegen Beteiligte der XY wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges und Untreue zum Nachteil der Versicherungskunden. Die XY befindet sich darüber hinaus ebenfalls seit 2015 in Insolvenz. Zu der vertraglich vereinbarten Auszahlung des vereinbarten Kaufpreises an den K...

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