Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtige Abtretung von Ansprüchen des Versicherungsnehmers einer Lebensversicherung - Schuldnerschutz gemäß §§ 409, 808 BGB für den Versicherer

 

Leitsatz (amtlich)

Der Versicherungsnehmer einer privaten Lebensversicherung (Rentenversicherung) hatte seine Rechte aus dem Vertrag an ein gewerbliches Unternehmen verkauft und abgetreten. Die Zessionarin erklärte unter Vorlage einer vom Versicherungsnehmer unterzeichneten Abtretungsanzeige - und nach Überzeugung des Senats unter Vorlage des Original-Versicherungsscheins - die Kündigung des Versicherungsvertrages und ließ sich den Rückkaufswert auszahlen. Der Versicherungsnehmer beruft sich darauf, dass die Abtretung wegen Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz und das Kreditwesengesetz gemäß § 134 BGB nichtig sei, und dass deshalb der Versicherungsvertrag ungekündigt fortbestehe.

Die Kündigung und die Auszahlung des Rückkaufswertes muss der Versicherungsnehmer auch dann, wenn die Abtretung nichtig sein sollte, gemäß §§ 409, 808 BGB gegen sich gelten lassen.

§ 409 BGB ist auch dann anwendbar, wenn die Abtretung gegen ein gesetzliches Verbot verstößt; anders nur bei Verstoß gegen ein dingliches Abtretungsverbot oder dann, wenn nach einer gesetzlichen Wertung dem Schutz des (Schein-)Zessionars Vorrang gebührt.

 

Normenkette

BGB §§ 134, 409, 808; RDG §§ 1, 3; KWG §§ 32, 54

 

Verfahrensgang

LG Baden-Baden (Urteil vom 21.11.2016; Aktenzeichen 4 O 43/16)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Baden-Baden vom 21.11.2016 - 4 O 43/16 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens und die notwendigen Auslagen des Streithelfers zu tragen, letztere in Abänderung der Kostenentsscheidung des Langerichts auch, soweit sie erstinstanzlich entstanden sind.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des LG Baden-Baden ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagte bzw. der Streithelfer vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Fortbestand einer privaten Kapitalrentenversicherung nach deren Kündigung im Jahr 2010.

Zum 01.08.1998 schloss der Kläger mit der Beklagten - einem Lebensversicherungsunternehmen - eine Rentenversicherung ab. Als Vertragslaufzeit wurden 28 Jahre vereinbart und eine Rentenzahlung ab 01.08.2028. Am 01.08.2011 betrug der Rückkaufswert der Versicherung 13.171,33 EUR. Mit Kaufvertrag vom 04.10.2010 nebst Nachtrag vom 06.08.2011 verkaufte der Kläger die Versicherung an die Firma S. GmbH (nachfolgend: Zessionarin oder S.) und trat ihr sämtliche Rechte und Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag ab. Als Kaufpreis wurden 15.457,37 EUR vereinbart, dessen Fälligkeit gestaffelt geregelt wurde: Ein Betrag in Höhe von 9.274,43 EUR sollte "sofort nach der Auszahlung des Guthabens an die S." an den Kläger gezahlt werden, restliche 6.182,94 EUR nach 8 Jahren. Ferner wurde, "sollte das von der Versicherung an den Käufer ausgezahlte Guthaben nicht den oben genannten Betrag in Höhe von 12.365,90 Euro abzgl. Kapitalertragssteuer entsprechen" im Kaufvertrag geregelt: "Der Kaufpreis errechnet sich in diesem Fall nach dem tatsächlich ausgezahlten Guthaben. Von diesem erhält der Verkäufer die erste Auszahlung in Höhe von 75 %. Der Restbetrag, berechnet aus der tatsächlichen Auszahlungssumme, abzüglich der vorerwähnten ersten Auszahlung wird verdoppelt und als Gesamtsumme einmalig nach 8 Jahren (gemäß 2.6 AGB) ausgezahlt. In diesem Fall erhält der Verkäufer einen Nachtrag zum Kaufvertrag". Gemäß Nachtragsvereinbarung vom 06.08.2011(Im Urteilstext ist hier eine Datumsverwechslung unterlaufen. Das Datum 6.8. ist zutreffend.) sollte der Kläger aufgrund dieser Klausel nach 8 Jahren 9.417,48 EUR erhalten.

Die Zessionarin besitzt nicht die für die Erbringung von Bankgeschäften oder Rechtsdienstleistungen erforderliche Erlaubnis.

Mit Datum vom 30.11.2010 erklärte die Zessionarin unter Vorlage einer vom Kläger unterzeichneten Abtretungsanzeige die Kündigung des Versicherungsvertrags gegenüber der Beklagten und forderte diese zur Auszahlung des Guthabens auf. Die Kündigung wurde von der Beklagten akzeptiert, der Vertrag zum 01.08.2011 abgerechnet und das Guthaben in Höhe von 13.983,17 EUR an die Zessionarin ausgezahlt.

Mit Anwaltsschreiben vom 02.02.2016 forderte der Kläger, nachdem über das Vermögen der Zessionarin zwischenzeitlich das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, die Beklagte auf, den Fortbestand des Versicherungsvertrags zu bestätigen. Dieses Begehren wurde von der Beklagten abgelehnt.

Der Kläger hat Klage erhoben auf Feststellung, dass der Versicherungsvertrag zwischen den Parteien unverändert fortbestehe und insbesondere nicht durch Kündigung der S. GmbH erloschen sei. Er hat geltend...

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