Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ein neuer Konzessionsträger vom bisherigen Energieversorgungsunternehmen Herausgabe der zur Energieverteilung erforderlichen Anlagen und Einrichtungen (Netze) verlangen kann.
Normenkette
EnWG § 46 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Urteil vom 24.04.2007; Aktenzeichen 14 O 494/06) |
Gründe
I. Die Parteien sind Unternehmen, die im Bereich der Energieversorgung tätig sind. Sie streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin das Gasversorgungsnetz in O1 gegen Zahlung einer angemessenen Vergütung zu übertragen. Die Beklagte betreibt das ... Gastransportnetz und in verschiedenen Gemeinden, darunter auch bislang in O1 (i.F.: "Gemeinde"), das örtliche Gasverteilungsnetz. Die Klägerin versorgt bislang die Einwohner der Gemeinde O5 mit Gas und Wasser.
Zwischen der Beklagten und der Gemeinde besteht seit 1994 ein Gas-Konzessionsvertrag, auf dessen Grundlage die Beklagte die örtliche Gasversorgung durchführt und dessen Laufzeit bis zum 31.12.2011 befristet ist. In § 25 dieses Vertrags heißt es:
(1) Wird für die Zeit nach Ablauf dieses Vertrags kein neuer Konzessionsvertrag zwischen der Kommune und der A (Beklagte) geschlossen, ist die Kommune berechtigt und auf Verlangen der A verpflichtet, die im Gebiet der Kommune vorhandenen Anlagen, welche die A für die Verteilung des Gases im Gebiet der Kommune benötigt, gegen Erstattung ihres Wertes zu übernehmen. ...
(6) Im Falle eines Kaufs der Anlagen durch die Kommune wird der Wert der Anlagen von Sachverständigen gutachterlich ermittelt. Jeder der beiden Vertragspartner bestellt einen Sachverständigen, und diese bestellen, sofern sie über den Kaufpreis keine Einigung erzielen, einen Obmann ... Der Obmann macht einen Vermittlungsvorschlag.
Der Vertrag enthält ferner in § 26 eine sog. salvatorische Klausel, wonach im Fall der Nichtigkeit einzelner Bestimmungen der Restvertrag wirksam bleiben soll.
Nachdem die Gemeinde im Dezember 2003 in einer Veröffentlichung auf eine von ihr erwogene Verlängerung dieses Vertrags hingewiesen und das BKartA diese Verlautbarung beanstandet hatte, richtete die Beklagte an den Magistrat von O1 am 18.3.2005 ein Schreiben, in dem es u.a. wie folgt heißt:
"Gleichzeitig möchten wir ... erklären, dass wir zum 31.12.2005 den mit Ihnen bestehenden Gas-Konzessionsvertrag beenden werden, sofern Sie sich aufgrund eines bis zum 30.6.2005 eingegangenen Angebots für den Abschluss eines Gas-Konzessionsvertrags mit einem Dritten entscheiden".
Mit Schreiben vom 30.6.2005 bewarb sich die Klägerin - ebenso wie die Beklagte - um die Gas-Konzession für O1; dem Schreiben der Klägerin war der Entwurf eines Konzessionsvertrags beigefügt. Am 12.10.2005 fasste die Stadtverordnetenversammlung den Beschluss, das Angebot der Klägerin anzunehmen. Am 2.11.2005 teilte die Gemeinde der Beklagten dies mit und wies darauf hin, dass sie vom Angebot der Beklagten, den bestehenden Konzessionsvertrag zum 31.12.2005 zu beenden, Gebrauch mache. Am 29.12.2005 schlossen die Gemeinde und die Klägerin einen Gaskonzessionsvertrag, der am 1.1.2006 beginnen sollte. Ihren Anspruch aus § 25 des Konzessionsvertrags mit der Beklagten trat die Gemeinde an die Klägerin ab. Die Beklagte hat diesen Anspruch bislang nicht erfüllt.
Mit ihrer beim LG Darmstadt erhobenen Klage verlangt die Klägerin (I) Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin das Eigentum an den Gasverteilungsanlagen (I 1) und weiteren zum Betrieb der Gasversorgung erforderlichen Verteilungsanlagen (I 3) zu übertragen, ihr die zum Betrieb der Gasversorgung erforderlichen schuldrechtlichen und dinglichen Grundstücksbenutzungsrechte zu übertragen (I 2, I 4), alle zum Betrieb der Gasversorgung notwendigen Unterlagen herauszugeben (I 5) sowie alle Verträge nach der AVBGasV bzw. der NDAV und alle Verträge mit Sonderkunden soweit möglich auf die Klägerin zu übertragen und ihr die entsprechenden Originalverträge zur Verfügung zu stellen (I 6), und zwar Zug um Zug gegen Zahlung einer wirtschaftlich angemessenen Vergütung. Ferner begehrt sie von der Beklagten Auskunft über die nach den §§ 5 ff. GasNEV maßgeblichen Daten (II 1), über den Inhalt bestimmter Dienstbarkeiten (II 2) und schuldrechtlicher Grundstücknutzungsverträge (II 3) sowie über Netzanschluss-, Anschlussnutzungs- und Netzkoppelungsverträge (II 4).
Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Entscheidung ist im Wesentlichen wie folgt begründet: Die in dem Konzessionsvertrag zwischen der Beklagten und der Gemeinde enthaltene "Endschaftsklausel" in Ziff. 25.1 sei mangels notarieller Beurkundung gem. § 311b BGB formnichtig, weil sie eine Verpflichtung zum Erwerb bzw. zur Veräußerung von Grundstücken enthalte. Die Nichtigkeit des die Grundstücke betreffenden Teils ergreife nach § 139 BGB das ganze Rechtsgeschäft. Aus § 46 Abs. 2 S. 2 EnWG könne die Klägerin keinen Anspruch auf Eigentumsübertragung herleiten, da die Bestimmung dem neuen Energieversorgungsunternehmen ggü. dem bisherigen Nutzungsberechtigten le...