Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ein neuer Konzessionsträger vom bisherigen Energieversorgungsunternehmen Herausgabe der zur Energieverteilung erforderlichen Anlagen und Einrichtungen (Netze) verlangen kann.

 

Normenkette

EnWG § 46 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Urteil vom 24.04.2007; Aktenzeichen 18 O 517/06)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 29.09.2009; Aktenzeichen EnZR 14/08)

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Berechtigung der Klägerin zur Übernahme des Stromversorgungsnetzes der allgemeinen Versorgung auf dem Gebiet der Gemeinde O1. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die A AG, schloss 1991 mit der Gemeinde O1 einen bis 31.12.2010 befristeten Konzessionsvertrag (Anlage K 2). Der Vertrag enthält in Ziff. 16.1 eine Endschaftsbestimmung, nach der die Gemeinde bei Ablauf des Vertrags berechtigt ist, die im Gemeindegebiet vorhandenen Anlagen zur Verteilung der elektrischen Energie gegen Erstattung ihres Wertes zu erwerben. Wegen des vollständigen Wortlauts der Klausel wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Im Dezember 2003 veröffentlichte die Gemeinde in lokalen Zeitungen (erstmals) den Hinweis, dass der Stromkonzessionsvertrag mit der Beklagten am 31.12.2010 endet und die Gemeinde O1 erwäge, Verhandlungen über den Neuabschluss zu führen und ggf. einen Neuabschluss vorzunehmen (Anlage K 4). Diese Vorgehensweise war mit der Beklagten abgestimmt, von der laut ihrem Schreiben vom 25.11.2003 auch der veröffentlichte Text stammt (Anlage K 37).

Erstmals mit Schreiben vom 8.3.2004 bekundete die Klägerin ggü. der Gemeinde ihr Interesse am Abschluss eines entsprechenden Konzessionsvertrages.

Im März 2005 äußerte das BKartA ggü. der Gemeinde Bedenken im Hinblick auf die gewählte Verfahrensweise und verlangte u.a., etwaigen Wettbewerbern deutlich zu machen, dass die Gemeinde durch Mitwirkung der Beklagten in der Lage sei, den geltenden Konzessionsvertrag (vorzeitig) aufzulösen. Hierauf veröffentlichte die Gemeinde im Bundesanzeiger am 14.3.2005 (erneut) eine (modifizierte) Bekanntmachung und bat um Angebote bis 30.6.2005. Wegen des genauen Wortlauts wird auf die Anlagen K 5 - K 7 Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 18.3.2005 erklärte die Beklagte ggü. der Gemeinde

"... dass wir den zum 31.12.2005 mit Ihnen bestehenden Strom-Konzessionsvertrag beenden werden, sofern Sie sich aufgrund eines bis zum 30.6.2005 eingegangenen Angebots für den Abschluss eines Strom-Konzessionsvertrages mit einem Dritten entscheiden" (Anl. K 8).

Unter dem 3./17.3.2005 unterbreitete die Klägerin der Gemeinde ein Angebot in Form eines Vertragsentwurfs (Anl. B 2). Hierzu erfolgten mit Schreiben vom 17.3.2005 (Anl. K 10) ergänzende Erläuterungen. Mit Schreiben vom 9.8.2005 schlug die Klägerin eine Erhöhung der Beteiligung der Gemeinde an der Klägerin sowie redaktionelle Anpassungen der Textfassung vom 3.3.2005 an die "jetzt geltende Gesetzeslage" vor (Anl. K 13).

Die Klägerin und die Gemeinde O1 schlossen am 23.12.2005 einen ab 1.1.2006 geltenden Konzessionsvertrag (Anl. K 13). Weiter trat die Gemeinde ihre Ansprüche auf Erwerb der Stromanlagen aus dem Konzessionsvertrag mit der Beklagten an die Klägerin ab (Anl. K 14). Mit Schreiben vom selben Tag teilte die Gemeinde der Beklagten mit, dass die Gemeindevertreter beschlossen haben, das von der Beklagten ggü. der Gemeinde eingeräumte Sonderkündigungsrecht zur Beendigung des mit der Beklagten bestehenden Stromkonzessionsvertrages auszuüben und den Stromkonzessionsvertrag zum 31.12.2005 zu beenden. Gleichzeitig hätten die Gemeindevertreter beschlossen, den neuen Stromkonzessionsvertrag mit der B (der Klägerin) zum 1.1.2006 abzuschließen (Anl. K 15).

Mit Schreiben vom 30.12.2005 antwortete die Beklagte, es sei klarer Gegenstand der Verhandlungslösung mit dem BKartA gewesen, dass sie, die Beklagte, nur dann einer vorzeitigen Beendigung des bestehenden Stromkonzessionsvertrages zustimme, wenn sich die Gemeinde O1 aufgrund eines bis zum 30.6.2005 eingegangenen Angebots für den Abschluss eines Stromkonzessionsvertrages mit einem Dritten entscheide. Ein Sonderkündigungsrecht zur Beendigung des Stromkonzessionsvertrages sei der Gemeinde nicht eingeräumt worden. Aus diesem Grund stehe ihr das Recht nicht zu, den bis 31.12.2010 laufenden Stromkonzessionsvertrag zu kündigen.

Zugleich forderte die Beklagte die Gemeinde auf, eine unabhängige Bestätigung dafür vorzulegen, dass Gegenstand der Abstimmung am 22.12.2005 in der Gemeindevertretung ein bis zum 30.6.2005 eingegangenes Angebot der Klägerin gewesen sei. Nach ihrer, der Beklagten, Information sei davon auszugehen, dass das Angebot in wirtschaftlicher Hinsicht nach dem 30.6.2005 nachgebessert worden sei (Anl. K 16). Mit Schreiben vom 31.1.2006 lehnte es die Beklagte ab, der Klägerin die zur Stromversorgung erforderlichen Anlagen zu übertragen.

Mit der Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass die Beklagte zur Übertragung der notwendigen Verteilungsanlagen einschließlich der für die Versorgung erforderlich...

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