Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausübung eines gemeindlichen Vorkaufsrechts unter Festsetzung eines Entschädigungswertes bezüglich von Teilflächen der Grundstücke

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Urteil vom 29.06.1990; Aktenzeichen 9 O (Baul) 22/89)

 

Tenor

Die Berufung der Antragstellerin gegen das Urteil des Landgerichts Darmstadt – Kammer für Baulandsachen – vom 29. Juni 1990 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 2.500,00 DM abwenden, sofern nicht die Antragsgegnerin vor der Vollstreckung in entsprechender Höhe Sicherheit leistet.

Der Wert der Beschwer beträgt 13.250,00 DM.

 

Tatbestand

Die Antragstellerin wendet sich als Grundstücksverkäuferin gegen die Ausübung eines gemeindlichen Vorkaufsrechts durch die Antragsgegnerin.

Die Antragstellerin verkaufte mit notariellem Kaufvertrag vom 20.07.1989 mehrere nebeneinanderliegende Grundstücke in der Gemarkung … im Geltungsbereich des Ortsbebauungsplans … der Gemeinde … von 1981. Es handelt sich u. a. um die Flurstücke 167 (mit einem Wohnhaus bebaute Gebäude- und Freifläche, 929 qm) und 181/2 (Wiese, 72 qm), die am Ortsrand und am vorbei fließenden … liegen. Mit einem bei der Antragsgegnerin am 31.07.1989 eingegangenen Schriftsatz beantragte der beauftragte Notar die Erklärung, ob ein gemeindliches Vorkaufsrecht geltend gemacht werde. Am 07.09.1989 faßte die Gemeindevertretung den Beschluß, das Vorkaufsrecht gemäß § 24 BauGB hinsichtlich bestimmter Grundstücksteile der beiden genannten Grundstücke auszuüben. Mit Schreiben vom 08.09.1989 an die Vertragspartner und den Notar, der Antragstellerin zugestellt am 15.09.1989, übte die Antragsgegnerin das Vorkaufsrecht für Teilflächen der Flurstücke 167 und 181/2 aus. Der zugleich erfolgten Festsetzung eines am Verkehrswert orientierten Kaufpreises für die betroffene Gesamtfläche von etwa 100 qm lag das Wertgutachten Nr. 32/89 des Gutachterausschusses für Grundstückswerte für den Bereich des Main-Kinzig-Kreises vom 31.08.1989 zugrunde (240,– DM pro Quadratmeter für das Flurstück 167 und 25,– DM pro Quadratmeter für das Flurstück 181/2).

Die Antragsgegnerin begründete die Ausübung des Vorkaufsrechts mit der Notwendigkeit des Geländeerwerbs, um gemäß dem einschlägigen Ortsbebauungsplan den in dem betreffenden Bereich vorgesehenen Rad- und Fußweg als Spazierweg entlang des … in absehbarer Zeit verwirklichen zu können.

Der Ortsbebauungsplan … war von der Gemeindevertretung am 06.11.1975 und 10.06.1976 als Satzung beschlossen worden. Nach der unter Ausnahmen erfolgten Genehmigung des Plans durch den Regierungspräsidenten in Darmstadt vom 29.12.1976 erfolgte die Bekanntmachung dieser Genehmigung am 05.01.1977. Nach der Beschlußfassung der Gemeindevertretung vom 29.11.1979 zu den Ausnahmen erfolgte Anfang 1980 eine erneute Offenlegung mit Anhörung der Träger öffentlicher Belange. Wegen eingegangener Bedenken wurde vom 19.01.1981 bis 20.02.1981 eine weitere Offenlegung vorgenommen, der schließlich der Beschluß über den Bebauungsplan als Satzung am 11.06.1981 folgte, öffentlich bekanntgemacht am 16.07.1981. In dieser im … erfolgten Bekanntmachung ist zugleich auf die Jahresfrist zur Geltendmachung verletzter Verfahrens- oder Formvorschriften hingewiesen worden.

Im Laufe der mehrmaligen Offenlegung des Bebauungsplans bzw. seines Entwurfs sind Bedenken und Anregungen der Antragstellerin zu keiner Zeit eingegangen. Mit Baugenehmigung vom 30.06.1980 hat sie das Flurstück 167 mit einem Wohnhaus unter Befreiung von der Einhaltung der rückwärtigen Baugrenze zum … hin bebaut. Der im Bebauungsplan festgesetzte Rad- und Fußweg entlang des Baches ist dort bisher noch nicht angelegt worden. Es existiert lediglich entlang des Bachlaufs die gemeindliche Wegeparzelle 182.

Mit bei der Antragsgegnerin am 02.10.1989 eingegangenem Schriftsatz hat die Antragstellerin Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt, mit dem sie die Aufhebung des Bescheids der Antragsgegnerin vom 08.09.1989 begehrt hat. Die Kammer für Baulandsachen des Landgerichts Darmstadt hat diesen Antrag im schriftlichen Verfahren mit am 29.06.1990 verkündetem Urteil zurückgewiesen. Sie ist dabei von der Rechtswirksamkeit des einschlägigen Bebauungsplans und der Rechtmäßigkeit der Ausübung des Vorkaufsrechts ausgegangen, die vom Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt sei. Naturschutzrechtliche Belange stünden der Gültigkeit des Bebauungsplans und der Anlegung des festgesetzten Spazierwegs nicht entgegen. Das Ausmaß des Eingriffs in die Umwelt werde maßgeblich von der konkreten Ausgestaltung des Weges abhängen. Soweit es auf der anderen Bachseite einen Fußweg im Wald gebe, sei dieser für die Bewohner des Wohngebiets … nicht erreichbar. Daß eine Mehrzahl der Anwohner gegen die Anlage des Weges sei, rechtfertige keine andere Beurteilung hinsichtlich des Gemeinwohls. Dasselbe gelte für die mit dem Wegeausbau verbundene Kostenb...

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