Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 28.03.1996; Aktenzeichen 2/3 0 117/95) |
Tenor
Auf die Berufung des beklagten Landes wird das am 28.03.1996 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main – 3. Zivilkammer (Az: 2/3 0 117/95) – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
I.
Das beklagte Land wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen über Anzahl und Daten der Aufführungen der Puccini-Oper „La Boheme” in der Spielzeit 1994/1995 im Staatstheater Wiesbaden bis einschließlich zum 31.12.1994.
II.
Das beklagte Land wird weiter verurteilt, Rechnung zu legen über die Besucherzahlen und die Roheinnahmen der unter Ziffer 1) anzugebenden Aufführungen sowie über die Aufführung der Puccini-Oper „La Boheme” im Staatstheater Wiesbaden am 23.11.1993.
III.
Es wird festgestellt, daß das beklagte Land verpflichtet ist, der Klägerin Ersatz des Schadens zu leisten, der ihr durch Aufführungen der Puccini-Oper „La Boheme” ohne entsprechende Rechtseinräumung in den Spielzeiten 1993/1994 sowie 1994/1995 bis zum 31.12.1994 entstanden ist.
IV.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Im übrigen wird die Berufung des beklagten Landes zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 2/3, das beklagte Land zu 1/3 zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem beklagten Land wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 12.000,00 DM abzuwenden, sofern nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Die Beschwer des beklagten Landes beträgt 15.000,00 DM.
Tatbestand
Die Klägerin ist ein Bühnen- und Musikverlag und besitzt nach ihrer Behauptung für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland die Aufführungsrechte an der Oper „La Boheme” sowie anderen Opern des italienischen Komponisten Giacomo Puccini, der im Jahre 1924 verstorben ist.
Das beklagte Land ist Rechtsträger des Staatstheaters in Wiesbaden. Dort wurde in den Spielzeiten 1993/1994 und 1994/1995 u. a. auch die Oper „La Boheme” aufgeführt.
Die Klägerin hat in erster Instanz die Ansicht vertreten, sie könne gegen das beklagte Land Zahlungsansprüche wegen der im Staatstheater Wiesbaden ohne ihre Zustimmung vorgenommenen Aufführungen dieser Oper sowie weiterer Puccini-Opern geltend machen, weil der urheberrechtliche Schutz an den Werken des Komponisten Puccini bis zum 31.12.1994 angedauert habe. Dies ergebe sich aus der sog. „Phil-Collins-Entscheidung” des Europäischen Gerichtshofes, nach der die 70-jährige Schutzfrist auch Werken von Urhebern zukomme, die bereits vor Inkrafttreten des EG-Vertrages verstorben seien.
Die Klägerin hat beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, Auskunft zu erteilen über Anzahl und Daten der Aufführungen von G. Puccini-Werken in der Spielzeit 1994/1995 im Staatstheater Wiesbaden bis einschließlich 31.12.1994;
- Rechnung zu legen über die Besucherzahlen und Roheinnahmen der unter Ziffer 1. anzugebenden Aufführungen sowie über Puccini-Aufführungen im Staatstheater Wiesbaden am 23.11., 02.12., 25.12.1993, 09.01. und 27.05.1994;
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Schadenersatz zu leisten bezüglich der Urheberrechtsverletzungen durch fehlende Rechtseinräumung für Puccini-Aufführungen im Staatstheater Wiesbaden in den Spielzeiten 1993/1994 sowie 1994/1995 bis 31.12.1994,
hilfsweise
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die üblichen Lizenzgebühren zu zahlen, die sich aus der Rechnungslegung gemäß Ziffer 2. der Klageanträge ergeben.2
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat es die Auffassung vertreten, der urheberrechtliche Schutz für die Werke Puccini's sei bereits am 31.12.1980 abgelaufen. Die Grundsätze der Phil-Collins-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes seien auf diesen Fall gerade nicht anzuwenden, weil der Komponist der Opern ersichtlich nicht Mitglied eines Staates der Europäischen Gemeinschaft gewesen ist.
Im übrigen sei sie nicht bereichert, weil sie anderweit bereits disponiert habe und bei der Notwendigkeit von Zahlungen an die Klägerin ein entsprechendes Budget hierfür bereitgehalten worden wäre.
Mit Urteil vom 28.03.1996 hat das Landgericht der Klage in vollem Umfange stattgegeben. Wegen des Inhalts dieser Entscheidung wird auf Bl. 112 bis 118 d.A. Bezug genommen.
Gegen dieses am 04.04.1996 zugestellte Urteil hat das beklagte Land am 26.04.1996 Berufung eingelegt und diese am 21.05.1996 begründet.
Mit der Berufung wird das erstinstanzliche Vorbringen vertieft und nochmals geltend gemacht, bereits die Aktivlegitimation der Klägerin sei nicht ausreichend belegt, weil die eingereichten Verträge sich ausschließlich auf die Oper „La Boheme” bezögen. Darüber hinaus sei die Phil-Collins-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes schon deshalb nicht anzuwenden, weil Puccini kein Mitglied der Europäischen Gemeinschaft, die damals noch nicht bestanden habe, gewesen sei. Er habe deshalb seine Rechte nur in der damaligen Form abtreten und übertragen k...