Leitsatz (amtlich)
Ein Vertrag, über die Reinigung und Kontrolle der Kundensanitäranlagen eines Einkaufszentrum gegen Zahlung eines monatlichen Betrages für die Nutzung der Toilettenräume bei gleichzeitigem Einbehalt des Trinkgeld ist als atypischer Pachtvertrag zu qualifizieren.
Normenkette
BGB §§ 580a, 581
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Aktenzeichen 11 O 53/07) |
Gründe
I. Der Kläger ist ein unter der Firma A tätiger eingetragener Einzelkaufmann, der überregional Reinigung und Betreuung von Toilettenanlagen in privaten Gebäuden mit Publikumsverkehr betreibt. Die Beklagte betreibt in dem neben dem ... Hauptbahnhof gelegenen, von ihr erworbenen Gebäude der ehemaligen Hauptpost ein Einkaufszentrum "B".
Im März 2007 schlossen die Parteien einen Vertrag über die Reinigung und Kontrolle der Kundensanitäranlagen im Untergeschoss I und im 1. Obergeschoss des Gebäudes (Bl. 5 ff. d.A.). Der Kläger sollte während einer unbestimmten Laufzeit ab dem 21.3.2007 die sanitären Anlagen kontrollieren, reinigen und mit Toilettenpapier, Hygienebeuteln, Seife und Handtüchern versorgen. Der Kläger hatte weiterhin einen monatlichen Betrag von 1.000 EUR zzgl. Mehrwertsteuer an die Beklagte zu zahlen. Als Gegenleistung wurde dem Kläger eingeräumt, in den für Kunden kostenlos benutzbaren Räumen Trinkgelder zu vereinnahmen.
Ein beiderseitiges monatliches Kündigungsrecht jeweils bis zum 15. eines Monats zum Ende des betreffenden Monats wurde in Ziff. 8 des Vertrages vom 7. und 16.3.2007 vereinbart, unbeschadet des Rechts der außerordentlichen Kündigung.
Der Kläger stellte einen Dielenschrank für die Putzutensilien und einen Tisch mit zwei Stühlen auf.
Am 3.4.2007 stellte die Beklagte eine als "Dauermietrechnung" bezeichnete Rechnung (Bl. 52 d.A.) auf, mit welcher eine monatliche Grundmiete inklusive Nebenkosten für die Kundensanitäranlagen von 1.000 EUR zzgl. Mehrwertsteuer verlangt wurde.
Mit Schreiben vom 5.4.2007 (Bl. 45 d.A.) mahnte die Managementgesellschaft der Beklagten, C. GmbH, den Kläger ab, weil dessen Mitarbeiter nicht die vereinbarte Bekleidung und Schuhe getragen hätten und eine Mitarbeiterin der deutschen Sprache nicht mächtig gewesen sei. Die Putzutensilien hätten nicht im Schrank gestanden. Müllsäcke seien in der Müllentsorgungsstation einfach abgestellt worden, obwohl der Kläger einen Schlüssel habe.
Mit Schreiben vom 13.4.2007 erklärte der Centermanager der Beklagten dem Kläger eine Kündigung zum 30.4.2007. Der Kläger wies die Kündigung mangels Vollmacht mit anwaltlichem Schreiben vom 27.4.2007 (Bl. 54, 55 d.A.) zurück.
Am 3.7.2007 (Bl. 46 d.A.) schrieb die C. GmbH an den Kläger, eine schwangere Kundin habe sich beschwert, weil sie wegen Reinigungsarbeiten auf die Benutzung der sehr verschmutzten Herrentoilette verwiesen worden sei. Der Reinigungszustand sei schlecht und die Toiletten würden nicht pünktlich geöffnet.
Mit Schreiben vom 10.7.2007 (Bl. 10 d.A.) kündigte die Beklagte das Vertragsverhältnis über die Reinigung der WC-Anlagen im "B" zum 31.7.2007.
Am 12.7.2007 (Bl. 47 d.A.) beschwerte sich die C. GmbH beim Kläger, durch falsche Reinigungsmittel würden Teile aus Edelstahl rosten, der Fußboden sei mit einem schmierigen schwarzen Schleier überzogen. Der Zustand des Behinderten-WC in der Ebene 1 sei nicht akzeptabel.
Der Kläger nimmt die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit in Anspruch auf Feststellung, dass das zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnis nicht durch ordentliche Kündigung der Beklagten zum 31.7.2007 beendet wurde, sondern bis zum 31.3.2008 fortbestand, sowie Feststellung der Verpflichtung zur Leistung von Schadenersatz.
Im ersten Rechtszug hat der Kläger hierzu vorgetragen, es handle sich um einen Miet- oder Pachtvertrag, auf den § 580a Abs. 2 BGB anwendbar sei. Hierfür spreche die eigene Rechnung der Beklagten vom 3.4.2007.
Die Kündigung entfalte erst zum 31.3.2008 Wirkung. Die vertragliche Abkürzung der Kündigungsfrist in Ziff. 8 des Vertrages auf zwei Wochen verstoße gegen das Umgehungsverbot in § 306a BGB und halte auch einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 2 BGB i.V.m. § 580a Abs. 2 BGB nicht stand.
Aufgrund eines vorangegangenen Versuchs im April 2007, das Mietverhältnis zu beendigen, verstoße die Kündigung auch gegen die guten Sitten. Hierzu hat der Kläger behauptet, Mitarbeiter der Beklagten hätten von Anfang an versucht, ihn aus eigenem wirtschaftlichem Interesse zu verdrängen.
Es seien nächtlich Personen in die von den Mitarbeitern des Klägers verschlossenen Sanitärräume eingedrungen und hätten in elf Fällen die Toiletten mit Toilettenpapierrollen verstopft und durch Ausgießen mit Flüssigbeton beschädigt.
Er hat behauptet, er habe mit Arbeitnehmern Arbeitsverträge abgeschlossen, so dass ein Personalüberhang entstanden sei. Außerdem habe er aufgrund einer Anweisung des örtlichen Managements mehrere blaue Westen mit der Aufschrift "B" und dem ... logo für seine Mitarbeiter anfertigen lassen. Entsprechend den Vorgaben des Vertrages seien auch eine Haftpflichtversicherung für das Objekt abgeschlo...