Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Anforderungen an die Lesbarkeit aufklärender Zusätze in der Werbung für Ökostromtarife.
2. Zeitungsinserate, in denen Stromtarife beworben werden, unterliegen nicht der Stromkennzeichnungspflicht gem. § 42 EnWG.
Normenkette
EnWG § 42; UWG §§ 3-5, 8
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 3-12 O 128/08) |
Gründe
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
Die zulässige Berufung ist zum Teil begründet.
1. Soweit sich die Berufung gegen das Verbot richtet, auf die Bedingungen einer Neukundenprämie und/oder einer Preisgarantie durch Verwendung eines unleserlichen Fußnotentextes hinzuweisen, hat sie nur geringen Erfolg.
a) Die angegriffene Werbung war insoweit zu untersagen, weil sie gegen das Verbot der irreführenden Werbung verstößt (§§ 3, 5, 8 UWG).
Zutreffend hat das LG insoweit darauf abgestellt, ob die irrtumsausschließende Aufklärung durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis erfolgt, der am Blickfang teilnimmt und eine Zuordnung zu den herausgestellten Angaben gewahrt bleibt (BGH GRUR 2003, 249 - Preis ohne Monitor).
Nachdem in der Rechtsprechung des BGH der Grundsatz der isolierten Beurteilung des Blickfangs relativiert wurde, gilt, dass, sofern der Blickfang für sich genommen eine Fehlvorstellung auslöst, eine irrtumsausschließende Aufklärung durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis erfolgen muss. In Fällen, in denen der Blickfang zwar nicht objektiv unrichtig ist, aber nur "die halbe Wahrheit" enthält, muss ein Stern oder ein anderes hinreichend deutliches Zeichen den Betrachter zu dem aufklärenden Hinweis führen. Insoweit trifft den Werbenden eine aus dem Irreführungsverbot abzuleitende Pflicht, die anderen belastenden Preisbestandteile klar zugeordnet und ähnlich deutlich herauszustellen. Wie deutlich Stern und aufklärender Hinweis gestaltet sein müssen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 27. Aufl. 2009 § 5 Rz. 298 ff.).
So liegt der Fall auch hier. Die Neukundenprämie von 50 EUR erhält der Kunde nur bei Abschluss des Tarifs "..." und einer Mindestabnahmemenge von 1000 KwH Strom im Jahr. Die Preisgarantie gilt ebenfalls nur für den entsprechenden Tarif, eine Erstlaufzeit bis 31.12.2009 und bezieht sich nicht auf die Änderung oder Neueinführung gesetzlich vorgeschriebener Abgaben.
Auf diese ggü. den blickfangmäßig herausgestellten Vorteilen bestehenden Einschränkungen des Tarifs wird in einer Fußnote in der Werbeanzeige zwar hingewiesen. Angesichts der Ausgestaltung der Anzeige könnte indes schon zweifelhaft erscheinen, ob vorliegend durch die Fußnoten 1 und 2 noch eine ausreichende Zuordnung zu den herausgestellten Angaben gewahrt bleibt, weil bereits die Fußnoten ggü. dem sonstigen Fließtext zurücktreten und keineswegs deutlich und in gleicher Schärfe erkennbar sind. Das gilt erst recht von der Positionierung der Fußnoten unter dem fett hervorgehobenen Satz "jetzt zu X Ökostrom wechseln" und der nachfolgenden Telefonnummer bzw. Internetadresse. Der darunter folgende "aufklärende Text" lässt die Fußnoten 1 und 2 kaum noch erkennen, so dass durchaus davon ausgegangen werden kann, dass ein flüchtiger Verbraucher den aufklärend-ergänzenden Teil der Blickfangwerbung übersehen wird. Selbst wenn er ihn im Rahmen der Werbung ausfindig macht, erfordert - wie das LG bereits zutreffend festgestellt hat, das Lesen die gesteigerte Aufmerksamkeit und wird "zur anstrengenden Arbeit", so dass nicht wenige Leser nicht in der Lage sein oder sich scheuen werden, sich dieser Anstrengung zu unterziehen.
Auch gem. § 1 Abs. 6 Preisangabenverordnung müssen die dort vorgesehenen Pflichtangaben "leicht erkennbar und deutlich lesbar oder sonst gut wahrnehmbar" sein (BGH GRUR 1999, 264 - Handy für 0 DM). Davon kann bei dem streitbefangenen Anzeigentext nicht die Rede sein.
Der die Aufklärung enthaltene Textteil ist wegen der geringen Schriftgröße und der schwachen Konturen der weißen Schrift auf dem orangefarbenen Hintergrund praktisch kaum lesbar. Der Senat, dessen Mitglieder zu den angesprochenen Verbrauchern gehören, kann diese Frage selbst beurteilen. Er teilt insoweit die zutreffende und überzeugende Würdigung des LG.
b) Allerdings geht der Antrag und der ihm entsprechende Tenor über die konkrete Verletzungsform unzulässig hinaus. Der Tenor gibt die konkrete Verletzungsform bereits durch Verwendung der Formulierung "und dabei auf ... die Bedingungen einer Neukundenprämie und/oder einer Preisgarantie ... durch Verwendung eines unleserlichen Fußnotentextes hinzuweisen" wieder. Der zusätzliche Hinweis auf "Konditionen" allgemein geht über die konkrete Verletzungsform hinaus und ist zu unbestimmt, weil nicht ersichtlich ist, welche Angaben mit dem Begriff "Konditionen" erfasst sein sollen. Insoweit hat der Senat den Tenor gem. § 938 ZPO konkret auf die Verletzungsform beschränkt.
Unbedenklich erscheint dagegen die Verwendung der Formulierung "unleserlicher Fußnotentext", die durch die Bezug...