Leitsatz (amtlich)

  • 1.

    In Straf- und Maßregelvollzugssachen ist die sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuches in entsprechender Anwendung von § 28 Abs. 2 Satz 2 StPO auch dann unzulässig, wenn die Entscheidung einen erkennenden Richter im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes betrifft. Dem steht nicht entgegen, dass Entscheidungen im einstweiligen Rechtsschutz nicht anfechtbar sind.

  • 2.

    In Straf- und Maßregelvollzugssachen ist die sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuches nicht ausnahmslos unzulässig (Fortentwicklung von HansOLG, Beschluss vom 30. Mai 2005 - 3 Vollz [Ws] 46/05 -, ZfStrVo 2005, 245). Soweit das Ablehnungsgesuch einen Richter betrifft, der mit der Sache von vornherein nicht oder nicht mehr befasst ist, ist die sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung des Gesuchs vielmehr in entsprechender Anwendung von § 28 Abs. 2 Satz 1 StPO zulässig.

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Entscheidung vom 10.06.2008; Aktenzeichen 609 Vollz 65/08)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg, Große Strafkammer 9 als Strafvollstreckungskammer, vom 10. Juni 2008 wird auf Kosten des Beschwerdeführers verworfen.

 

Gründe

I.

Der seit Anfang August 2003 in Sicherungsverwahrung untergebrachte Beschwerdeführer beantragte vor dem Landgericht Hamburg am 11. April 2008, die Beschwerdegegnerin durch Erlass einer einstweiligen Anordnung unter anderem zu verpflichten, die Schriftsätze einer von ihm formulierten Verfassungsbeschwerde zu vervielfältigen und ihn anschließend zwecks Absendung der Beschwerde zur Poststelle Fuhlsbüttel auszuführen. Diesen Antrag wies die Strafvollstreckungskammer, besetzt mit dem Vorsitzenden Richter als Einzelrichter, durch Beschluss vom 23. April 2008 zurück.

Mit Schriftsatz vom 29. April 2008 begehrte der Beschwerdeführer die Abänderung des Beschlusses vom 23. April 2008 im Sinne seines ursprünglichen Antrages. Gleichzeitig lehnte er den Vorsitzenden mit Hinweis auf dessen dienstliche Äußerungen und Handlungen im bisherigen Verfahrensgang wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Mit Beschluss vom 23. Mai 2008, dem Beschwerdeführer am 27. Mai 2008 zugestellt, wies die Strafvollstreckungskammer - diesmal in Person der für die Bescheidung des Ablehnungsantrages zuständigen beisitzenden Richterin der Kammer - das Gesuch des Beschwerdeführers als unbegründet zurück.

Daraufhin stellte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 27. Mai 2008 gegen "die Kammermitglieder des Landgerichts Hamburg, Große Strafkammer 9 - als Strafvollstreckungskammer, namentlich jeden einzelnen" ein neuerliches Ablehnungsgesuch. Dieses begründete er damit, dass der kammerinterne Geschäftsverteilungsplan entgegen § 21g GVG keine Zuständigkeiten für Maßregelvollzugsachen ausweise. Er verwies darüber hinaus auf das Verhalten und die dienstlichen Äußerungen der Kammermitglieder im bisherigen Verfahren.

Durch Beschluss vom 10. Juni 2008 hat die Strafvollstreckungskammer - in der Besetzung mit dem Vorsitzenden als Einzelrichter - das Ablehnungsgesuch als unzulässig verworfen. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beschwerdeführer. Er hat nach der formlosen Übersendung des Beschlusses unter Zuhilfenahme des Rechtsantragsdienstes des Amtsgerichts Hamburg unter dem 18. Juni 2008 das "Rechtsmittel der Beschwerde" erhoben. In dem vom Rechtspfleger diesbezüglich aufgenommenen Schriftsatz heißt es, dass sich die Ablehnung der Richter aus dem Tatbestand des Art. 101 GG und dem Entzug des gesetzlichen Richters ergebe. Weder der allgemeine noch der kammerinterne Geschäftsverteilungsplan regele die Zuständigkeiten für Maßregelvollzugssachen.

II.

Das als sofortige Beschwerde nach §§ 1, 131 Nr. 3 HmbStVollzG, 120 Abs. 1 StVollzG, 28 Abs. 2, 311 StPO aufzufassende Rechtsmittel des Beschwerdeführers ist im Hinblick auf den Kammervorsitzenden unzulässig (1.). Hinsichtlich der übrigen abgelehnten Richter ist es zwar zulässig, aber unbegründet (2.).

1.

Die sofortige Beschwerde ist hinsichtlich des Vorsitzenden der Strafvollstreckungskammer nach §§ 1, 131 Nr. 3 HmbStVollzG, 120 Abs. 1 StVollzG, 28 Abs. 2 Satz 2 StPO ausgeschlossen.

In Straf- und Maßregelvollzugssachen ist § 28 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechend anwendbar (§§ 1, 131 Nr. 3 HmbStVollzG, 120 Abs. 1 StVollzG). Diesbezüglich hat sich der Senat (ZfStrVO 2005, 245) der herrschenden Auffassung in der Rechtsprechung (vgl. OLG Celle ZfStrVO 1999, 56; KG ZfStrVO 2001, 370 m.w.N.) sowie der einhelligen Auffassung in der Literatur (vgl. Callies/Müller-Dietz, StVollzG, 11. Aufl. 2008, § 116 Rn. 5, § 120 Rn. 2; Kamann/Volckart in AK-StVollzG, 5. Aufl. 2006, § 118 Rn. 9, § 120 Rn. 4, jeweils m.w.N.) angeschlossen.

Die in Bezug auf das Hauptsacheverfahren nach §§ 1, 131 Nr. 3 HmbStVollzG, 109, 115 StVollzG für eine entsprechende Anwendung des § 28 Abs. 2 Satz 2 StPO vorgebrachten Argumente finden ebenso im Hinblick auf das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach §§ 1, 131 Nr. 3 HmbStVollzG, 114 Abs. 2 St...

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