Normenkette
GKG KV Nr. 1312; ZPO §§ 926-927
Verfahrensgang
LG Hamburg (Aktenzeichen 315 O 349/01) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Bezirksrevisors bei dem LG Hamburg gegen den Beschluss des LG, Zivilkammer 15, vom 27.3.2002 wird zurückgewiesen.
Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die nach § 5 Abs. 2 GKG zulässige sofortige Beschwerde des Bezirksrevisors bleibt in der Sache erfolglos. Zu Recht hat das LG den Ermäßigungstatbestand des Kostenverzeichnisses Nr. 1312b analog angewendet. Die Staatskasse kann in diesem Fall nur eine Gerichtsgebühr nach KV GKG Nr. 1312 in Ansatz bringen.
1. Auf Antrag der Verfügungsklägerin war eine einstweilige Verfügung gegen den Verfügungsbeklagten ergangen. Dieser legte Widerspruch ein. Im Termin zur mündlichen Verhandlung wurde der Widerspruch zurückgenommen. Der Verfügungsbeklagte gab zusätzlich eine sog. Abschlusserklärung ab dahin, dass die einstweilige Verfügung der Kammer unter Verzicht auf das Recht, erneut Widerspruch einzulegen und unter Verzicht auf die Rechte aus §§ 926 und 927 ZPO als endgültige Regelung anerkannt wurde.
Nach der Kostenentscheidung hatte der Verfügungsbeklagte nach Rücknahme des Widerspruchs auch die im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten zu tragen. Die Staatskasse H. hat zu seinen Lasten unter Hinweis auf KV GKG Nr. 1312 drei Gebühren in Ansatz gebracht.
Auf die Beschwerde des Verfügungsbeklagten hat das LG den Kostenbeamten angewiesen, die Kostenrechnung dahin abzuändern, dass sich die Verfahrensgebühr nach KV GKG Nr. 1312b bemisst. Das LG hat sich in der Begründung darauf berufen, die Abgabe einer sog. Abschlusserklärung sei aus Sicht der Verfügungsklägerin sogar stärker als ein Anerkenntnisurteil, weil bei einem bloßen Anerkenntnisurteil dem Verfügungsbeklagten immer noch die Rechte aus §§ 926, 927 ZPO verblieben wären. Andererseits gebe es kein Anerkenntnisurteil, das gleichzeitig den Verzicht auf die Rechte aus §§ 926, 927 ZPO ausspricht, der Verfügungsbeklagte hätte gleichzeitig den Verzicht auf diese Rechte zu Protokoll erklären müssen. Die abgegebene Abschlusserklärung habe somit die Bedeutung und Funktion, welche ein Anerkenntnisurteil habe, nämlich das Verfahren kurzfristig und abschließend zu beenden. Angesichts dieser Situation sehe es die Kammer als gerechtfertigt an, den Ermäßigungstatbestand KV GKG Nr. 1312b analog zur Anwendung zu bringen.
Der Bezirksrevisor hat in seiner sofortigen Beschwerde gegen diese Entscheidung den Standpunkt vertreten, KV GKG Nr. 1312 könne angesichts des klaren Wortlauts dieser Norm nicht angewendet werden. Die Aufzählung der Ermäßigungstatbestände sei enumerativ und analogiefeindlich. Wenn der Gesetzgeber gewollt hätte, dass weitere nicht genannte Prozesshandlungen privelegiert werden sollten, hätte er dies durch die Einfügung des Wortes „insbesondere” zum Ausdruck gebracht.
2. Der Senat folgt der Rechtsansicht des Verfügungsbeklagten. Die Bestimmung KV GKG Nr. 1312 ist zugunsten der betroffenen Partei analog auch auf den Fall anzuwenden, dass die Partei eine sog. Abschlusserklärung mit dem erwähnten Inhalt abgibt. Der Senat hat eine analoge Anwendung der Vorschrift bereits bejaht, in dem Fall, dass lediglich der Widerspruch zurückgenommen wurde (OLG Hamburg, Beschl. v. 5.5.1998, Büro 1998, 550). Im vorliegenden Fall ist die Abschlusserklärung zusätzlich zur Rücknahme des Widerspruchs abgegeben worden und damit sofort eine endgültige Erledigung des Rechtsstreits herbeigeführt worden. Diese zusätzliche Erklärung stützt die Überlegungen, welche zu einer analogen Anwendung des Ermäßigungstatbestandes führen.
Diese Vorschrift ist auszulegen unter Berücksichtigung des mit dem Kostenrechtsänderungsgesetz 1994 verbundenen gesetzgeberischen Ziels, zur Entlastung der Justiz Anreize zu einer gütlichen Streitbeilegung zu schaffen (vgl. BT-Drucks. 1994 – 12 – 6962, 69 f.). Demnach ist die Regelung unter dem Gesichtspunkt zu sehen, dass eine Herabsetzung der Verfahrensgebühren eintreten soll, wenn die Parteien den Rechtsstreit von sich aus beenden und hierdurch eine streitige gerichtliche Entscheidung nicht mehr erforderlich ist. Im KV GKG Nr. 1202 ist dieser Gedanke für das allgemeine Prozessverfahren deutlich zum Ausdruck gekommen. Unter Berücksichtigung dieses gesetzgeberischen Willens kann deshalb auch nicht von Bedeutung sein, auf welche Weise im Einzelfall das Verfahren durch Prozesshandlungen der Parteien beendet wird.
Der Senat hält deshalb die im KV GKG Nr. 1312 aufgeführten Erledigungstatbestände nicht für eine abschließende Regelung. Eine Ausdehnung auf gleich gelagerte Fälle ist angezeigt. Das vorliegende Verfahren ist durch das geschilderte prozessuale Verhalten des Verfügungsbeklagten zu einem Ende gebracht worden, ohne dass eine streitige Entscheidung des Gerichts erforderlich wurde (vgl. ebenso OLG München v. 6.8.1997 – 11 W 1617/97, OLGReport München 1997, 239 = MDR 1997, 1067; OLG Rostock MDR 1997, 1067).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 5 Abs. 6 GKG.
Kniep
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