Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Fälschung beweiserheblicher Daten (§ 269 StGB) bei Zusammenstellung verschiedener Dokumente (Collage) durch Einscannen und späterer Versendung der so erstellten Datei als Mailanhang zum Beleg des scheinbar vorhandenen Originaldokuments
Verfahrensgang
LG Hamburg (Entscheidung vom 18.04.2018; Aktenzeichen 710 Ns 29/18) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 18. April 2018 aufgehoben und der Angeklagte freigesprochen.
Die Staatskasse hat die Kosten des Revisionsverfahrens und die dem Angeklagten in diesem entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe
I. Das Amtsgericht Hamburg hat den Angeklagten am 2. Februar 2018 wegen Urkundenfälschung in zwei Fällen (Tatzeiten 1. und 12. Juni 2017) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Monaten (Einzelstrafen jeweils drei Monate Freiheitsstrafe) ohne Vollstreckungsaussetzung zur Bewährung verurteilt. Auf die Berufungen von Angeklagtem und Staatsanwaltschaft hat das Landgericht Hamburg am 18. April 2018 das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 2. Februar 2018 aufgehoben, den Angeklagten wegen Fälschung beweiserheblicher Daten (Tatzeit 12. Juni 2017) zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, das Verfahren im Übrigen wegen insoweit fehlender Anklage eingestellt und die weitergehenden Berufungen von Angeklagtem und Staatsanwaltschaft verworfen. Gegen das Berufungsurteil vom 18. April 2018 hat der Angeklagte mit am 20. April 2018 eingegangenem Verteidigerschriftsatz Revision eingelegt, mit der er sich gegen das Urteil insgesamt wendet und die er mit der allgemeinen Rüge der Verletzung sachlichen Rechts begründet hat. Eine weitere Begründung ist nach am 9. Mai 2018 erfolgter Zustellung der schriftlichen Gründe des landgerichtlichen Urteils nicht eingegangen. Die Generalstaatsanwaltschaft hat darauf angetragen, die Revision des Angeklagten gemäß § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet zu verwerfen. Auf die dem Verteidiger am 12. Juli 2018 zugegangene Antragsschrift ist eine Erwiderung nicht erfolgt.
II.
Die revisionsrechtliche Überprüfung der landgerichtlichen Verurteilung auf die allgemeine Sachrüge des Angeklagten führt zur Aufhebung des Urteils hinsichtlich der mit der Revision allein angefochtenen Verurteilung im Schuldspruch und Rechtsfolgenausspruch sowie zur Freisprechung des Angeklagten (§§ 349 Abs. 4, 354 Abs. 1 StPO).
1. Die Sachfeststellungen zu dem vom Landgericht allein noch abgeurteilten Handeln des Angeklagten vom 12. Juni 2018 tragen eine Verurteilung nicht. Nach den für sich genommen rechtsfehlerfrei getroffenen, insbesondere weder widersprüchlichen noch lückenhaften Feststellungen, die auf ebenfalls fehlerfreier Beweiswürdigung beruhen, ist weder der vom Landgericht angenommene Straftatbestand der Fälschung beweis-erheblicher Daten nach § 269 Abs. 1 StGB noch der Straftatbestand der Urkundenfälschung nach § 267 Abs. 1 StGB oder ein sonstiger Straftatbestand erfüllt und auch keine versuchte Verwirklichung der genannten Straftatbestände gegeben.
a) Nach den vom Landgericht zur Sache getroffenen Feststellungen liegt weder der in dem angefochtenen Urteil angenommene Straftatbestand der Fälschung beweiserheblicher Daten nach § 269 Abs. 1 StGB noch eine Urkundenfälschung nach § 267 Abs. 1StGB vor.
Für eine Strafbarkeit wegen Fälschung beweiserheblicher Dateien fehlt es an einer § 269 Abs. 1 StGB unterfallenden Tathandlung in Gestalt des Speicherns oder Veränderns - nicht unmittelbar wahrnehmbarer - beweiserheblicher Daten in solcher Weise, dass bei ihrer Wahrnehmung eine unechte oder verfälschte Urkunde vorliegen würde, bzw. an einem Gebrauchen derartiger Daten. Soweit in den vom Landgericht festgestellten einzelnen Handlungen des Angeklagten überhaupt ein Speichern bzw. Verändern von Daten im Sinne des § 269 Abs. 1 StGB liegt, unterfällt jedenfalls das von dem Angeklagten hergestellte bzw. veränderte bzw. gebrauchte Produkt seines Handelns nicht dem hypothetischen Urkundenbegriff des § 269 Abs. 1 StGB. Für eine Strafbarkeit wegen Urkundenfälschung nach § 267 Abs. 1 StGB fehlt es, weil nach den landgerichtlichen Feststellungen der Angeklagte eine nicht gegenüber einem entsprechenden Original als unverwechselbar erscheinende Reproduktion hergestellt und gebraucht hat, an der Tathandlung des Herstellens einer unechten oder Verfälschens einer echten Urkunde bzw. des Gebrauchmachens von einer solchen Urkunde im Sinne des § 267 Abs. 1 StGB.
aa) Dabei geht der Senat zu dem Datenbegriff des § 269 Abs. 1 StGB, dem hypothetischen Urkundenbegriff im Sinne dieser Norm und den wesentlichen Merkmalen des auch für § 269 Abs. 1 StGB maßgeblichen Urkundenbegriffs des § 267 Abs. 1 StGB von folgenden Grundsätzen aus:
(1) Zum Begriff der beweiserheblichen Daten in § 269 Abs. 1 StGB entspricht die Tatbestandsvoraussetzung der Beweiserheblichkeit dem in § 267 Abs. 1 StGB nicht ausdrücklich genannten, aber vorausgesetzten Begriff der Beweisbestimmung einer Urkunde (dazu Fischer § 267 Rn. 12...