Leitsatz (amtlich)
Der materiell-rechtlichen Wirksamkeit einer Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch steht grundsätzlich nicht entgegen, wenn die Grenze zwischen einer den Schuldspruch betreffenden Schuldunfähigkeit des Angeklagten nach § 20 StGB und einer allein für den Rechtsfolgenausspruch relevanten lediglich erheblich verminderten Schuldfähigkeit undeutlich bzw. zweifelhaft ist.
Hat bereits das erstinstanzliche Gericht die Voraussetzungen nicht allein des § 21 StGB, sondern auch des § 20 StGB geprüft, besteht, jedenfalls wenn das erstinstanzliche Gericht einen Ausschluss der Schuldfähigkeit gemäß § 20 StGB verneint hat, keine Bindung des Berufungsgerichtes an die den Bewertungen des erstinstanzlichen Gerichts zu den §§ 20, 21 StGB zu Grunde liegenden Feststellungen wegen Doppelrelevanz für Schuld- und Rechtsfolgenausspruch.
Ergibt die durch das Berufungsgericht ohne Bindung an die diesbezüglichen Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichts - erneut - vorzunehmende Prüfung der Voraussetzungen des § 21 StGB, dass entgegen dem erstinstanzlichen Urteil die Voraussetzungen sogar des § 20 StGB erfüllt sind, ist die Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch unwirksam und von dem Berufungsgericht in Durchbrechung der bisher angenommenen Teilrechtskraft als unbeachtlich zu behandeln.
Normenkette
StPO § 318 S. 1; StGB §§ 20-21
Verfahrensgang
LG Hamburg (Entscheidung vom 17.03.2015) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kleine Strafkammer 8, vom 17. März 2015 mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Kleine Strafkammer des Landgerichts Hamburg zurückverwiesen.
Gründe
I.
Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Hamburg vom 5. März 2014 hat das Amtsgericht Hamburg-Harburg am 12. März 2014 Strafbefehl gegen den Angeklagten erlassen, mit welchem gegen ihn wegen am 3. November 2013 um 22.22 Uhr durch Befahren der B Straße in Hamburg unter Alkoholeinfluss mit dem Kraftfahrzeug ..... (Mofa) verwirklichter Trunkenheit im Verkehr eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu jeweils 15 Euro, insgesamt 450 Euro, festgesetzt worden ist. Nach am 20. März 2014 auf Grund richterlicher Anordnung bewirkter Zustellung des Strafbefehls an den Verteidiger des Angeklagten hat der Angeklagte am 21. März 2014 Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt.
In der darauf durchgeführten Hauptverhandlung hat am 21. Juli 2014 das Amtsgericht Hamburg-Harburg den Angeklagten wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil hat am 22. Juli 2014 der Angeklagte durch Verteidigerschriftsatz ein unbenanntes "Rechtsmittel" und die Staatsanwaltschaft am 24. Juli 2014 Berufung eingelegt, wobei die Staatsanwaltschaft zugleich mit der Rechtsmitteleinlegung erklärt hat, ihre Berufung "auf das Strafmaß" zu beschränken. Nach am 22. August 2014 auf Grund richterlicher Anordnung erfolgter Zustellung des schriftlichen Urteils an die Staatsanwaltschaft hat diese mit am 26. August 2014 eingegangener Berufungsrechtfertigung ihre Rechtsmittelbeschränkung "auf das Strafmaß" bestätigt und ihre Berufung mit dem Unterbleiben der Verhängung eines Fahrverbots und einer Fahrerlaubnissperre begründet. Von Seiten des Angeklagten sind innerhalb der einmonatigen Rechtsmittelwahlfrist entsprechend § 345 Abs. 1 StPO nach am 22. August 2014 auf Grund richterlicher Anordnung erfolgter Urteilszustellung an den zwischenzeitlich gerichtlich bestellten Verteidiger Erklärungen zu seinem unbestimmt eingelegten Rechtsmittel nicht abgegeben worden. Mit am 20. November 2014 eingegangenem Schriftsatz hat der Verteidiger erklärt, dass "die Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt" werde, ohne sich insoweit auf eine ausdrückliche Ermächtigung durch den Angeklagten zu beziehen.
Das Landgericht Hamburg, das ausweislich der Urteilsgründe von beiderseits wirksam "auf das Strafmaß" beschränkten Berufungen ausgegangen ist, hat in der Hauptverhandlung vom 17. März 2015 auf die Berufung der Staatsanwaltschaft das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Harburg vom 21. Juli 2014 im Rechtsfolgenausspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt wird und vor Ablauf einer Frist von noch einem Jahr die Verwaltungsbehörde dem Angeklagten keine neue Fahrerlaubnis erteilen darf. Zugleich hat es die weitergehende Berufung der Staatsanwaltschaft und die Berufung des Angeklagten verworfen.
Gegen das landgerichtliche Urteil vom 17. März 2015 hat der Angeklagte mit am 18. März 2015 eingegangenem Verteidigerschriftsatz Revision eingelegt, mit welcher er zugleich erklärt hat, dass die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird. Nach am 5. Mai 2015 auf Grund richterlicher Anordnung nach Fertigstellung des landgerichtlichen Hauptverhandlungsprotokolls erfolgter Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe an den Verteidiger ist die Revision des Angeklagten mit am 7. M...