Leitsatz (amtlich)
1. Wenn der Schuldner sich in einer Unterlassungsverpflichtungserklärung dahingehend verpflichtet, es "bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes - ersatzweise Ordnungshaft - oder einer Ordnungshaft" zu unterlassen, die streitige Handlung vorzunehmen, darf ein Ordnungsmittel nach § 890 ZPO auf Grundlage dieser Erklärung nur dann verhängt werden, wenn die Erklärung in der Form eines vollstreckbaren Titels (z.B. eines vor Gericht geschlossenen Vergleichs oder eines vollstreckbaren Anwaltsvergleichs) abgegeben worden ist und die Verhängung des Ordnungsmittels dem Schuldner durch gesonderten Beschluss angedroht worden ist. Anderenfalls hat die Erklärung lediglich die Wirkung einer einfachen (nicht strafbewehrten) Unterlassungsverpflichtungserklärung, aus der nicht unmittelbar vollstreckt werden kann.
2. Ein durch ein deutsches Gericht ausgesprochenes Verbot, bestimmte Äußerungen zu verbreiten, ist auf den Geltungsbereich des deutschen Rechts zu beschränken.
Verfahrensgang
LG Hamburg (Beschluss vom 09.04.2014; Aktenzeichen 324 O 350/13) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Gläubigers gegen den Beschluss des LG Hamburg vom 9.4.2014 - 324 O 350/13, wird zurückgewiesen.
Der Gläubiger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Wert wird für das Beschwerdeverfahren festgesetzt auf EUR 5.125,00.
Gründe
I. Der Gläubiger verfolgt mit seiner sofortigen Beschwerde einen Antrag auf Festsetzung eines Ordnungsmittels gegen die Schuldnerin weiter. Der Gläubiger hat, anwaltlich vertreten, die Schuldnerin vor dem LG darauf in Anspruch genommen, durch im Klagantrag zitierte Äußerungen einen Eindruck zu erwecken bzw. einen Verdacht zu verbreiten "wie geschehen auf Seite ... des Buches '...' (ISBN 978-3-...)". Die Schuldnerin hat sich, ebenfalls anwaltlich vertreten, mit Schriftsatz vom 4.11.2013 verpflichtet, "es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes ... - ersatzweise Ordnungshaft - oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000,00, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) zukünftig zu unterlassen", die in der Klage beschriebenen Handlungen vorzunehmen. Diese Erklärung hat der Gläubiger angenommen. Nunmehr ist in Kanada eine Ausgabe des Buches in englischer Sprache erschienen. Dieses Buch kann über den internationalen Buchhandel auch in Deutschland erworben werden. Das gleiche gilt für eine polnische Ausgabe des Buches. Der Gläubiger sieht darin einen Verstoß gegen die abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärung.
II. Die sofortige Beschwerde des Gläubigers ist zulässig. Sie ist aber in der Sache nicht begründet.
Ein Ordnungsmittel auf Grundlage der von der Schuldnerin abgegebenen Erklärung darf schon deshalb nicht verhängt werden, weil die Unterwerfung der Schuldnerin unter die Ordnungsmittel des § 890 ZPO nicht wirksam erfolgt ist. Die Ordnungsmittel des § 890 ZPO dürfen nur im Rahmen von Maßnahmen der Zwangsvollstreckung verhängt werden. Die Zwangsvollstreckung findet nur statt aus gerichtlichen Urteilen, gerichtlichen Beschlüssen oder Titeln, die in §§ 794 ff. ZPO genannt sind. Darunter fallen zwar auch Vergleiche, diese aber nur, wenn sie in der dafür vorgesehenen Form vor Gericht abgeschlossen worden sind (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, s. z.B. BGH, Beschl. v. 2.2.2012, GRUR 2012, 957 ff.) oder wenn es sich um Anwaltsvergleiche handelt und die besonderen Voraussetzungen des § 796a ZPO erfüllt sind. Diese sind hier indessen nicht gegeben, weil die Urkunde keine Erklärung der Schuldnerin enthält, wonach sie sich der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwirft, und die Urkunde auch nicht beim AG hinterlegt worden ist. Im Übrigen würde der Verhängung eines Ordnungsmittels hier weiter entgegenstehen, dass es an einer - der Verhängung notwendigerweise vorzuschaltenden - wirksamen Androhung des Ordnungsmittels durch das Gericht fehlt; denn selbst dann, wenn eine Partei sich in einem gerichtlich protokollierten Vergleich bei Meidung der in § 890 ZPO vorgesehenen Ordnungsmittel zu einem Unterlassen verpflichtet, dürfen die Ordnungsmittel erst dann verhängt werden, wenn sie dem Schuldner zuvor durch gesonderten gerichtlichen Beschluss nach § 890 Abs. 2 ZPO angedroht worden sind. Diese Androhung kann daher auch in einem gerichtlich geschlossenen Vergleich nicht wirksam erfolgen (BGH, Beschl. v. 2.2.2012, GRUR 2012, 957 ff.). Der Wirkung nach handelt es sich bei der von der Schuldnerin abgegebenen Erklärung daher um eine einfache - nicht strafbewehrte - Unterlassungsverpflichtungserklärung, aus der nicht unmittelbar vollstreckt werden kann.
Das LG dürfte zudem zu Recht zu dem Ergebnis gelangt sein, dass die von der Schuldnerin abgegebene Erklärung die gerügten Verletzungshandlungen nicht umfasst. Der Umstand, dass in der Unterlassungsverpflichtungserklärung zur Beschreibung des zu unterlassenden Tuns ausdrücklich auf die deutsche Ausgabe des Buches der Schuldnerin...