Entscheidungsstichwort (Thema)
Reisekosten des Anwalts
Leitsatz (amtlich)
Reisekosten des Anwalts am dritten Ort sind grundsätzlich nicht erstattungsfähig.
Verfahrensgang
LG Hamburg (Beschluss vom 08.04.2003; Aktenzeichen 315 O 619/02) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Hamburg, Zivilkammer 15, vom 8.4.2003 wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist zulässig; sie erweist sich jedoch als unbegründet.
Mit Recht und mit zutreffender Begründung hat die Rechtspflegerin des LG die Reisekosten des in Stuttgart residierenden Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin, die ihrerseits in Ulm ansässig ist, nicht mit festgesetzt.
Wie die Beschwerde im Ausgangspunkt richtig sieht, betrifft der hier zu beurteilende Sachverhalt die Konstellation, dass der Anwalt am sog. dritten Ort tätig ist, also weder am Sitz des Prozessgerichts noch am Wohnort der Mandantin. Die von der Beschwerdeführerin in Bezug genommene Entscheidung des BGH (BGH, Beschl. v. 12.12.2002) erwähnt diese Kategorie von Fällen, lässt ihre rechtliche Behandlung indessen ausdrücklich offen.
Der BGH hat jedoch in seinem Beschluss vom 16.10.2002 (BGH, Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 30/02, MDR 2003, 233 = BGHReport 2003, 152 = NJW 2003, 808 ff. = RPfleger 2003, 98 ff.), welcher an sich den (hier nicht entscheidenden) Fall der Kosten eines Unterbevollmächtigten betraf, zunächst klargestellt, dass es für die Frage der Erstattungsfähigkeit von Reisekosten eines beim Prozessgericht nicht zugelassenen Anwalts allein auf die Regelung in § 91 Abs. 2 S. 1 Halbs. 2 ZPO ankommt, womit gesagt ist, dass die Notwendigkeit der Kostenentstehung das allein entscheidende Erstattungskriterium ist.
Der BGH leitet die Notwendigkeit im konkreten Fall sodann daraus ab, dass die vor einem auswärtigen Gericht verklagte Partei im Regelfall ein berechtigtes Interesse an der Zuziehung eines in ihrer Nähe ansässigen Anwalts habe. Er begründet dies mit der Möglichkeit einer mündlichen Erörterung mit einem in räumlicher Nähe residierenden Anwalt. Diese Begründung zeigt, dass der BGH die bisherige Rspr. auch des OLG Hamburg aufzugreifen und fortzuführen beabsichtigt, wonach die Kosten eines Rechtsanwalts am dritten Ort nicht erstattungsfähig sind, da dieser in aller Regel nur schriftlich instruiert wird. Durch die Auswahl eines Anwalts am dritten Ort zeigt die Partei, dass sie des unmittelbaren Kontakts zur mündlichen Erörterung nicht bedarf.
Unter diesen Umständen kann offen bleiben, ob nicht auch die weitere in der genannten BGH-Entscheidung erörterte Ausnahme von der Erstattungsfähigkeit eingreift, wonach gewerblichen Unternehmen mit eigener Rechtsabteilung ohnehin die Zuziehung eines Anwalts sogleich am Prozessgericht zumutbar ist.
Da es der Antragsgegnerin möglich war, einen Anwalt am dritten Ort zu instruieren, kommt auch die Erstattung fiktiver Reisekosten nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auch § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen, da die Frage der Erstattungsfähigkeit von Reisekosten eines Anwalts am dritten Ort noch nicht mit letzter Klarheit entschieden ist, § 574 Abs. 3, Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 1128701 |
MDR 2003, 1371 |
KammerForum 2004, 72 |
OLGR-BHS 2004, 268 |