Verfahrensgang

LG Hamburg (Beschluss vom 12.07.1995; Aktenzeichen 318 T 206/94)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluß des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 18, vom 12. Juli 1995 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligte zu 2) hat die gerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen und der Beteiligten zu 1) die außergerichtlichen Kosten der dritten Instanz zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 3.551,13 DM festgesetzt.

 

Gründe

Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung hält der im Rechtsbeschwerdeverfahren vorgesehenen Überprüfung in rechtlicher Hinsicht stand. Die Beteiligte zu 2) wendet sich ohne Erfolg dagegen, daß ihre Haftung für die vor dem Zuschlag begründeten Wohngeldrückstände ihres Rechtsvorgängers aus dem von ihr nicht angefochtenen Beschluß zu TOP Nr. 8 in der Versammlung vom 21. Juni 1990 hergeleitet worden ist.

Was die grundsätzliche Haftung für Rückstände angeht, entspricht es mittlerweile gefestigter Rechtsprechung der Oberlandesgerichte, daß der Erwerber einer Eigentumswohnung für die vor seinem Eintritt entstandenen Fehlbeträge dann haftet, wenn der entsprechende Jahresabrechnungsbeschluß nach seinem Beitritt gefaßt und nicht angefochten worden ist (vgl. hierzu ausführlich mit w.N.: Niedenführ/Schulze, WEG, 4. Aufl., § 16 Rdn 27; Palandt-Bassenge, § 16 WEG, Rdn 25 m. N. der jüngsten OLG-Rechtsprechung), und zwar gilt dies entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 2) auch für vom Vorgänger nicht gezahltes, bereits fälliges Wohngeld nach dem Wirtschaftsplan und auch für den Fall des Erwerbs durch Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren. Der Senat sieht keinen Grund, von dieser einhelligen Meinung abzuweichen. Es entspricht den allgemeinen Grundsätzen des Wohnungseigentumsrechts, daß einem einzelnen Wohnungseigentümer durch nicht angefochtenen Beschluß Verpflichtungen auferlegt werden können, die bei Anfechtung dieses Beschlusses keinen Bestand hätten (§ 23 Abs. 4 WEG). – Der Beschluß vom 21. Juni 1990 ist auch nicht nach § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG i.V.m. § 56 Satz 2 ZVG unwirksam (BayObLG WoM 1995, S. 52 ff.; anders noch: BayObLGZ 1984, 198). Der Senat teilt die Auffassung des BayObLG und nimmt zur Abkürzung auf die dortigen Ausführungen Bezug.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den von der Beteiligten zu 2) im Rechtsbeschwerdeverfahren zitierten Entscheidungen des Kammergerichts und des Oberlandesgerichts Düsseldorf. Beide Entscheidungen betreffen andere Fallgestaltungen, so daß der Senat nicht verpflichtet ist, die weitere Beschwerde nach § 28 Abs. 2 FGG dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorzulegen. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (WoM 1996, 119) behandelt die Fall, daß in der Teilungserklärung die Haftung für Verbindlichkeiten vor dem Beitritt für den Rechtsnachfolger verbindlich vorgeschrieben ist. Die Entscheidung des Kammergerichts (WoM 1991, 61) beschäftigt sich mit der Frage, ob die Haftung des Nachfolgers bei Anfechtung der Jahresabrechnung entfällt. Letztere Frage spielt vorliegend keine Rolle und kann daher unentschieden bleiben.

Ohne Rechtsverstoß ist das Landgericht auch zu der Feststellung gelangt, daß mit dem Beschluß zu TOP 8 in der Versammlung am 21. Juni 1990 nicht nur die Gesamtabrechnung, sondern auch die jeweiligen Einzelabrechnungen genehmigt worden sind. Beweiswürdigung und – vorliegend hiermit untrennbar verbunden – Auslegung von Wohnungseigentümerbeschlüssen sind im Rechtsbeschwerdeverfahrer, nur eingeschränkt überprüfbar (Keidel/Kuntze, FGG, 13. Aufl. Rdn 42). Eine Nachprüfung tatsächlicher Verhältnisse in der dritten Instanz ist ausgeschlossen. Die Tatsachenwürdigung ist nur dahin nachprüfbar, ob der Tatrichter den maßgeblichen Sachverhalt ausreichend erforscht (§ 12), bei der Erörterung des Beweisstoffes alle wesentlichen Umstände berücksichtigt (§ 25) und hierbei nicht gegen gesetzliche Beweisregeln und Verfahrensvorschriften sowie Denkgesetze und feststehende (zwingende) Erfahrungssätze und den allgemeinen Sprachgebrauch verstoßen hat. Rechtsverstöße dieser Art sind dem Landgericht nicht unterlaufen. Im Gegenteil, der Senat würde, hätte er die Tatsachenfeststellung selbst vorzunehmen, zu demselben Ergebnis gelangen. Zu den Erwägungen der Kammer kommt hinzu, daß bei der Beschlußfassung im Jahr 1990 der Abrechnungszeitraum 1987 schon geraume Zeit zurücklag und daß zwischenzeitlich ein Verwalterwechsel stattgefunden hatte. Unter diesen Umständen kann es keinem Zweifel unterliegen, daß sich der Beschluß, wenn sich kein Widerspruch erhebt, auf das gesamte, von der ausgeschiedenen Verwalterin stammende Abrechnungswerk bezieht. Außerdem wäre zu berücksichtigen, daß die Beteiligte zu 2) im Laufe des Verfahrens zwar auch ausdrücklich bestritten hat (Schriftsatz v. 05.10.1995 S. 4 4. Abs. = Bl. 271 d. A.), daß ihr die sie betreffende Abr...

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