Verfahrensgang
LG Hamburg (Aktenzeichen 312 O 201/20) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 17.06.2021, Aktenzeichen 312 O 201/20, durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Die Beklagte kann hierzu binnen 3 Wochen Stellung nehmen.
Gründe
I. Der Kläger ist ein gemeinnütziger Verbraucherschutzverein, der in die Liste qualifizierter Einrichtungen gem. § 4 UKlaG aufgenommen worden ist. Die Beklagte ist ein deutschlandweit tätiges Versandhandelsunternehmen. Die Beklagte stellte ihren Endkunden im Falle einer ersten Mahnung einen als "Mahngebühr" bezeichneten Pauschalbetrag i.H.v. 4,95 EUR und ab der zweiten Mahnung jeweils einen Pauschalbetrag i.H.v. 10,00 EUR in Rechnung. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten enthalten keine Mahnpauschalenklausel (Anlage K 1). Der Kläger ließ die Beklagte wegen dieser Praxis mit Schreiben vom 20.05.2020 erfolglos abmahnen (Anlage K 2).
Der Kläger hat gemeint, mit der systematischen Inrechnungstellung der vorgenannten Mahnpauschalen verstoße die Beklagte gegen § 309 Nr. 5b, Nr. 5a BGB jeweils i.V.m. § 306a BGB, weswegen er Unterlassung gem. § 1 UKlaG beanspruchen könne. Zudem bestünde auch ein Anspruch gem. § 2 UKlaG i.V.m. § 3 Abs. 2 UWG.
Die Beklagte hat den geltend gemachten Anspruch in Abrede genommen. Die von ihr praktizierte Handhabung sei der Klauselkontrolle nicht zugänglich, da sie lediglich ihren Verzugsschaden gem. §§ 286, 288 BGB geltend mache. Die Pauschale falle immer gleich aus, weil immer derselbe Aufwand betrieben werde. Dem Kläger obliege im Rahmen von § 309 Nr. 5a BGB die Darlegungs- und Beweislast, dass die Pauschale den in den geregelten Fällen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden übersteige. Dieser sei der Kläger vorliegend nicht nachgekommen. Die angesetzten Mahngebühren seien ihrer Höhe nach in der Branche der Beklagten nicht zu beanstanden. Die Geltendmachung von Personalkosten für die Mahnungen sei zulässig.
Das Landgericht hat die Beklagte mit angefochtenem Urteil vom 17.06.2021 verurteilt, es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, von Verbrauchern bei der Abwicklung von Verträgen über die Lieferung von Waren im Versandhandel für Mahnungen Pauschalbeträge von 4,95 EUR oder höher zu verlangen, insbesondere mit maschinell erzeugten Rechnungen oder Mahnungen auszuweisen, soweit die Beklagte mit dem jeweiligen Verbraucher keine Individualvereinbarung über eine pauschale Abgeltung der Mahnkosten in mindestens der Höhe des ihm in Rechnung gestellten Betrages getroffen hat. Weiter hat das Landgericht die Beklagte zur Zahlung vorgerichtlicher Abmahnkosten i.H.v. 145,- EUR nebst Zinsen verurteilt. Das Landgericht hat gemeint, die Klage sei zulässig und begründet. Dem Kläger stehe gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch aus § 1 UKlaG i.V.m. §§ 306a, 309 Nr. 5b BGB zu. Die Voraussetzungen des § 306a BGB lägen in Bezug auf die von der Beklagten verlangten Mahnpauschalen vor, da es sich um eine wirtschaftlich wirkungsgleiche Praxis handele, die ebenso effizient wie die Pauschalierung von Schadensersatz in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei und deren typischen Rationalisierungseffekt habe. Die Inanspruchnahme der Verbraucher mit pauschalisierten Mahnkosten i.H.v. 4,95 EUR bzw. 10,00 EUR verstoße gegen § 309 Nr. 5b BGB, da dem Verbraucher nicht die Möglichkeit eingeräumt werde, einen geringeren als den geltend gemachten Schaden einzuwenden. Obwohl es nicht mehr darauf ankomme, liege auch ein Verstoß gegen § 309 Nr. 5a BGB vor. Die Beweislast, dass die geltend gemachten Pauschalen dem typischen Schadensumfang entsprächen, liege bei der Beklagten. Insoweit fehle entsprechender Beklagtenvortrag. Zudem seien nach der Rechtsprechung des BGH branchenunabhängig in Mahnkosten nur Material und Portokosten einzurechnen und nicht etwaiger Arbeits- und Zeitaufwand für die Abwicklung des (Verzugs-)Schadensersatzanspruchs. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das angegriffene Urteil verwiesen.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren auf Klageabweisung in vollem Umfang weiterverfolgt.
Die Beklagte meint, das Landgericht habe zu Unrecht der Klage stattgegeben. Die pauschale Geltendmachung der Mahngebühren durch sie, die Beklagte, sei nicht zu beanstanden, insbesondere nicht irreführend und unlauter.
Die Inrechnungstellung pauschaler Mahngebühren sei schon keine Umgehung einer als Allgemeine Geschäftsbedingung unwirksamen Regelung i.S.v. § 306a BGB. Ihr, der Beklagten, stehe ein Anspruch auf Mahnkosten als gesetzlicher Verzugsschaden gem. §§ 286, 288 BGB zu. Die außergerichtliche Geltendmachung eines gesetzlichen Schadensersatzanspruchs sei keine Klausel einer Allgemeinen Geschäftsbedingung. Die Mahnpauschale erfülle die Voraussetzungen des § 306a BGB nicht, der eine wirtschaftlich wirkungsgleiche Praxis voraussetze, die ebenso effizient sei wie die Pauschalierung in Allgeme...